Biden holt US-Truppen zurück
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Abzug aus Afghanistan:Biden holt US-Truppen zurück

Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zur US-Entscheidung
Wird Biden den Afghanistan-Abzug bitter bereuen?

Zum 20. Jahrestag von 9/11 holt Joe Biden die Soldaten aus Afghanistan. Auch Donald Trump plante den Abzug – und erntete Kritik. Was ist diesmal anders?
Publiziert: 15.04.2021 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 15:18 Uhr
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US-Präsident Joe Biden bei der Ankündigung, den Afghanistan-Einsatz nach zwei Jahrzehnten zu beenden.
Foto: DUKAS
Fabienne Kinzelmann

Kein Zweifel, kein Zögern: «Es ist Zeit, Amerikas längsten Krieg zu beenden. Es ist Zeit für die amerikanischen Truppen, nach Hause zu kommen», sagte US-Präsident Joe Biden (78) am Mittwoch. Sein Plan: Die restlichen 2500 US-Soldaten in Afghanistan schrittweise ab 1. Mai bis zum 11. September abzuziehen.

Er stand dabei an derselben Stelle im Weissen Haus, an der sein republikanischer Vorgänger George W. Bush (74) kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 den Einmarsch in Afghanistan und den Kampf gegen die Terrorgruppe Al-Qaida und die Taliban, die das Land damals kontrollierten, verkündet hatte.

Bush hatte damals versprochen, die USA hätten vom Vietnam-Krieg gelernt: «Dies ist eine andere Art von Krieg, die eine andere Art von Ansatz und eine andere Art von Mentalität erfordert.»

Rund zwei Jahrzehnte später ist Afghanistan der längste Krieg der US-Geschichte. Und gilt als der verlustreichste und teuerste Einsatz der Nato und ihrer Verbündeten. Zwar wurden die Taliban gestürzt und Al-Qaida-Anführer Osama bin Laden (†54) im Mai 2011 in Pakistan getötet, doch noch immer sind Soldaten aus 36 Nationen in Afghanistan vertreten. Insgesamt fielen 3500 Soldaten, mehr als 20'000 wurden verwundet.

Was bedeutet Bidens Entscheidung? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Afghanistan-Abzug.

1. Warum beendet Joe Biden den Kriegseinsatz jetzt?
Er glaubt nicht mehr daran, dass die Anwesenheit der US-Soldaten besser zu einer stabilen Demokratie in Afghanistan beiträgt und hat den Truppen-Abzug mit den Nato-Verbündeten abgesprochen.

2. Wie reagierte die Nato?
Auch die Verbündeten ziehen nach der Entscheidung der USA ihre Truppen ab. «Das ist nicht das Ende, das ist der Anfang eines neuen Kapitels», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) am Mittwoch – Bidens Vorgänger Trump hatte er heftig für den geplanten Abzug kritisiert. Im vergangenen November warnte er vor einem «hohen Preis», wenn westliche Verbündete ihre Truppen zu schnell und unkoordiniert abzögen. Das könnte etwa dem Islamischen Staat die Möglichkeit geben, wieder zu erstarken.

3. Warum bekam Trump Kritik – und Biden nicht?
Auch viele Nato-Mitglieder sind kriegsmüde und wollen raus aus Afghanistan. Trump hatte einen viel schnelleren Truppenabzug allerdings ohne Rücksprache mit den Verbündeten beschlossen. Der nun beschlossene Zeitplan soll allen Mitgliedern der Allianz die Möglichkeit zum geordneten Rückzug geben.

4. Was bedeutet der Abzug für Afghanistan?
Die Bevölkerung sorgt sich um die politische Stabilität. Mit dem Sturz der Taliban hat sich die Situation etwa für Mädchen und junge Frauen verbessert, die nun zur Schule gehen dürfen. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani (71) teilte via Twitter mit, er respektiere die US-Entscheidung, und versicherte, dass die Sicherheitskräfte des Landes in der Lage seien, das Land und die Bevölkerung zu verteidigen.

5. Kommen jetzt die Taliban wieder an die Macht?
Möglich. Ein am Dienstag veröffentlichter US-Geheimdienstbericht zeichnet laut «New York Times» ein «düsteres Porträt der Zukunft Afghanistans». Die Taliban anerkennen die afghanische Regierung nicht, ein Friedensabkommen gilt als unwahrscheinlich. Ohne internationale Hilfe könnte es für die Regierungstruppen schwierig sein, Territorien zu halten, wenn die Taliban zu Waffengewalt greifen.

Die pakistanische Regierung bescheinigte den afghanischen Taliban allerdings eine gewachsene Bereitschaft zu Kompromissen. «Sie haben durchaus verstanden, dass sich Afghanistan verändert hat. Und dass sie diesen Wandel akzeptieren müssen», sagte Aussenminister Shah Mehmood Qureshi (64) der Zeitung «Die Welt».

6. Was ist mit dem Islamischen Staat und anderen Terrornetzwerken?
Eine Wiedererstarkung ist mittel- bis langfristig nicht ausgeschlossen. Eine instabile politische Situation könnte dazu führen, dass auch Terroristengruppen in Afghanistan wieder Nährboden finden.

7. Wie reagierten die Taliban auf den Abzug?
Die Islamisten werfen den USA mehrere Verstösse gegen das unter Donald Trump im Februar 2020 in Katar unterzeichnete Friedensabkommen vor. Unter anderem sei der US-Abzug zum 11. September «ein klarer Verstoss gegen das Doha-Abkommen», heisst es in einer von den Taliban veröffentlichten Erklärung am Donnerstag. Die USA und alle anderen Länder wurden aufgefordert, das Land ohne weitere Ausreden «sofort» zu verlassen. Das Friedensabkommen sah einen Abzug aller US- und internationalen Truppen bis 1. Mai vor.

8. Haben sich die Taliban an das Friedensabkommen gehalten?
Nein. Das Abkommen kam nach der Unterzeichnung nie richtig voran. US-Offizielle verweisen unter anderem auf das hohe Gewaltniveau der Taliban.

9. Hätte es einen besseren Zeitpunkt für den Abzug gegeben?
Unklar. Die Situation ist in jedem Fall heikel. Entsprechend wollen die USA wie auch ihre Verbündeten weiter Präsenz markieren und die afghanische Regierung strategisch unterstützen. Nur wenige Stunden nach der offiziellen Ankündigung des Abzugs der US-Truppen aus Afghanistan ist US-Aussenminister Anthony Blinken (58) zu einem unangekündigten Besuch in Kabul eingetroffen.

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