Sein Leben, seine Skandale
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Berlusconi (†86) ist tot:Sein Leben, seine Skandale

Silvio Berlusconi (†86) ist tot
Addio Cavaliere!

Der frühere italienische Ministerpräsident und Unternehmer Silvio Berlusconi ist im Alter von 86 Jahren verstorben.
Publiziert: 12.06.2023 um 10:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2023 um 15:13 Uhr
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Nur kurzzeitige Besserung: Am 19. Mai verliess Silvio Berlusconi das Spital San Raffaele nach 45-tägigem Aufenthalt.
Foto: keystone-sda.ch

Der Cavaliere ist nicht mehr. Silvio Berlusconi ist am Montag im Alter von 86 Jahren verstorben. Seine Kinder eilten ins Spital San Raffaele in Mailand, um sich von ihrem Vater zu verabschieden. Berlusconi, der an Leukämie litt, war am vergangenen Freitag zu Kontrolluntersuchungen eingeliefert worden. Sein Gesundheitszustand hatte sich über das Wochenende drastisch verschlechtert.

Wie «La Repubblica» berichtete, starb Berlusconi im Beisein seiner Liebsten um 9.30 Uhr. Seine Kinder Marina, Eleonora, Barbara und Pier Silvio, sein Bruder Paolo und auch seine Freundin Marta Fascina (33) begleiteten ihn auf seiner letzten Reise. Berlusconi bekommt nach seinem Tod ein Staatsbegräbnis im Dom von Mailand. Die Trauerfeier findet an diesem Mittwoch statt, wie ein Sprecher bestätigte.

«Er hat nicht unter den Skandalen gelitten – im Gegenteil»
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Der ehemalige italienische Ministerpräsident, Medienunternehmer und Multimilliardär hat ein bewegtes, von Skandalen geprägtes Leben hinter sich. Er stand viermal an der Spitze der italienischen Regierung.

Berlusconi kam am 29. September 1936 als ältester Sohn eines Bankangestellten in Mailand zur Welt. Seine Mutter war Hausfrau. Berlusconi hatte zwei Geschwister, eine Schwester und einen Bruder. Nach der Matura studierte er Rechtswissenschaften an der Mailänder Universität. Das Studium finanzierte er sich mit Auftritten als Pianist und Sänger auf Kreuzfahrten. Berlusconis Examensarbeit wurde mit Bestnote beurteilt.

Vom Bauunternehmer zum Medienmogul

Als junger Geschäftsmann bewies Berlusconi schon früh ein gutes Gespür: Bereits mit 23 Jahren wurde er Geschäftsführer eines Mailänder Bauunternehmens. Zwei Jahre später machte er sich mit einer eigenen Firma selbständig. In den 1970er-Jahren interessierte sich Berlusconi zunehmend für die Medienbranche und wurde zum Pionier des Privatfernsehens.

Dank zahlreicher Firmenzukäufe avancierte Berlusconi zum wichtigsten Medienunternehmer des Landes. Für seine Firmen im Medienbereich und in der Werbung gründete er die Holding Mediaset. Die Holding Fininvest diente als Unternehmensdach für sämtliche geschäftlichen Aktivitäten.

Längste Regierungszeit seit Zweitem Weltkrieg

In den 1990er-Jahren verlagerte Berlusconi sein Hauptinteresse ein weiteres Mal, als er sich von der aktiven Konzernleitung von Mediaset zurückzog, um in die Politik einzusteigen. Bei den Wahlen 1994 wurde seine neu gegründete Partei «Forza Italia» auf Anhieb stärkste Kraft – und Berlusconi Ministerpräsident. Lange konnte er sich jedoch nicht im Amt halten: Bereits wenige Monate später im Dezember desselben Jahres verlor er die Mehrheit im Parlament und reichte den Rücktritt ein.

2001 kehrte Berlusconi mithilfe eines Mitte-Rechts-Bündnisses an die Regierungsspitze zurück und blieb durchgehend bis 2005 an der Macht. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte es keine italienische Regierung geschafft, so lange durchzuhalten. Nach einem Rücktritt aufgrund verlorener Regionalwahlen wurde Berlusconi 2005 umgehend zum dritten Mal Ministerpräsident, worauf er bei den Wahlen im Folgejahr eine Niederlage gegen das Mitte-Links-Bündnis von Romano Prodi (83) einstecken musste.

Das vierte und letzte Mal schwang sich Berlusconi im Jahr 2008 an die Regierungsspitze. Im Zuge der folgenden Jahre überstand er mehrere Misstrauensvoten, bis im November 2011 sein Rückhalt im Parlament derart zusammenbrach, dass er seinen Rücktritt einreichen musste.

Korruptions- und Mafia-Vorwürfe, «Bunga Bunga»

Berlusconis politische Karriere war stets begleitet von aufsehenerregenden Schlagzeilen. So wurden ihm Korruption und Mafia-Verbindungen vorgeworfen. Es kam zu zahlreichen Prozessen. 2013 wurde er wegen Steuerbetrugs in letzter Instanz verurteilt und mit einem sechsjährigen Mandatsverbot belegt.

Am meisten Aufsehen verursachten jedoch seine Sex-Skandale. Berlusconi wurde beschuldigt, in seinen Anwesen Sex-Partys mit Prostituierten veranstaltet zu haben. Auch das minderjährige Escortgirl Ruby soll an den als «Bunga Bunga» bekanntgewordenen Festen teilgenommen haben. Berlusconi wurde 2015 freigesprochen. Als Begründung gab das Gericht an, es könne nicht nachgewiesen werden, dass er von der Minderjährigkeit von Ruby gewusst habe.

Nähe zu Putin, Gaddafi

Auch mit seiner Nähe zu umstrittenen Figuren wie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) oder dem gestürzten und ermordeten libyschen Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi (†69) sorgte Berlusconi für Kontroversen.

Zudem pflegte er ein lockeres Mundwerk. Als ihn 2003 der damalige deutsche EU-Parlamentarier Martin Schulz (67) öffentlich kritisierte, antwortete er: «Herr Schulz, ich weiss, dass in Italien ein Film über die Nazi-Konzentrationslager gedreht wird. Ich werde Sie für die Rolle des Lagerführers vorschlagen. Sie wären perfekt.» Über Frauen sagte Berlusconi einst: «Als sie gefragt wurden, ob sie mit mir Sex haben wollten, sagten 30 Prozent der Frauen ‹Ja›, während die anderen 70 Prozent erwiderten: ‹Was, schon wieder?›»

Berlusconi war zweimal verheiratet. Zuletzt war er in einer Beziehung mit der Forza-Italia-Abgeordneten Marta Fascina (33). Er hinterlässt fünf erwachsene Kinder.

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