Chaoten-Bauern stürmen Habeck-Fähre
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Krawall am Hafen:Chaoten-Bauern stürmen Habeck-Fähre

Bauern wollten Habeck-Fähre stürmen
Reederei-Chef gibt neue, schockierende Details bekannt

Es sind chaotische Szenen, die sich auf einer Fähre an der Küste Schleswig-Holsteins ereignet haben. Wütende Bauern wollten das Schiff stürmen, auf dem sich der deutsche Vize-Kanzler Habeck befand. Die Polizei musste eingreifen. So reagiert die deutsche Regierung.
Publiziert: 04.01.2024 um 22:23 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2024 um 14:17 Uhr
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Die Demonstranten versuchten, auf die Fähre zu gelangen.
Foto: Screenshot X / Leserreporter

Laute Stimmen, ein schwankendes Boot und ganz viel Polizei: Am Donnerstagabend zeigten Videos auf dem Kurznachrichtendienst X, wie eine Gruppe von Menschen versucht, über einen Steg Zugang zu einer Fähre zu erlangen, die gerade am Kai in Schlüttsiel, Schleswig-Holstein anlegen wollte. Das Schiff war von der Nordseeinsel Hallig Hooge gekommen. 

An Bord der Fähre befand sich niemand Geringeres als der deutsche Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Robert Habeck (54). Bei den mit Tröten und Trillerpfeifen ausgestatteten Demonstranten soll es sich um rund 100 wütende Landwirte gehandelt haben, die den Vize-Kanzler abfangen wollten. 

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Sie wollten auf die Fähre

Teile der Gruppe hätten sogar versucht, auf die Fähre zu gelangen. Diese legte aber wieder ab und fuhr mitsamt dem Kanzler davon. Die Landwirte demonstrieren schon seit längerer Zeit gegen die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung und gegen die Kürzung der Treibstoffsteuerbegüngstigung für Forst- und Landwirtschaft – jetzt ist die Situation offenbar eskaliert. 

Den «Husumer Nachrichten» zufolge schlug Habeck den Demonstranten vor, dass drei Vertreter zu ihm auf das Boot kommen können, um mit ihm zu sprechen. Dies sei von den Bauern aber abgelehnt worden. Sie wollten lieber, dass Habeck zu ihnen kommt. 

«Dann währe die Fähre gestürmt worden»

Die Fähre mit dem deutschen Vize-Kanzler an Bord wäre nach Angaben der Wyker Dampfschiffs-Reederei am Donnerstagabend an der Nordseeküste um ein Haar von Demonstranten erstürmt worden. Dies habe der Kapitän im letzten Moment verhindert, indem er wieder abgelegt habe. Das sagte der Geschäftsführer der Reederei, Axel Meynköhn, der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. 

Alle etwa 30 Fahrgäste, die von den Halligen im Norden Deutschlands kamen, seien am Verlassen der Fähre gehindert worden. Ein Lastwagenfahrer sei genötigt worden, von der Rampe rückwärts wieder auf die Fähre zu fahren. «Das ist aus meiner Sicht Nötigung. Das ist ein schlimmer Vorgang», sagte Meynköhn. Es hätten auch medizinische Notfälle an Bord sein können.

Der Kapitän habe mit den Personenschützern an Bord und nach Rücksprache mit der Polizei an Land entschieden, wieder abzulegen. «Wenn diese Entscheidung eine Minute später getroffen worden wäre, dann wäre die Fähre gestürmt gewesen.» Er wisse von der Besatzung, dass Leute noch rübergesprungen wären, wenn das Schiff nicht bereits zu weit weg gewesen wäre, sagte der Geschäftsführer. «Es war keine Minute zu spät, sonst wäre der Mob an Bord gewesen, mit nicht auszudenkenden Folgen.»

Bundesregierung verurteilt Blockade-Aktion

Die Fähre sei dann mit allen Passagieren an Bord zunächst zur Hallig Hooge zurückgefahren. Es gehe hier nicht mehr nur um Robert Habeck, der privat auf Hooge war, es gehe um die Gesamtheit des Schiffes, seiner Passagiere und seiner Besatzung, betonte Meynköhn. «Hier ist ganz klar genötigt worden. So einen Vorfall hat es nach unserem Kenntnisstand es in der fast 140-jährigen Geschichte der Reederei noch nicht gegeben.»

Die Bundesregierung nannte die Aktion beschämend. «Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein», hiess es in einem Post von Regierungssprecher Steffen Hebestreit (51) auf der Plattform X, der am Freitagmorgen veröffentlicht wurde. Die Blockade von Habecks Ankunft im Fährhafen verstosse «gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders».

Özdemir wird deutlich

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (58) bezeichnete die Teilnehmer der Blockade als «Fanatiker» und «Radikalinskis» und forderte eine klare Distanzierung der deutschen Landwirte. Das seien «Leute, denen geht es nicht um die deutsche Landwirtschaft», sagte Özdemir am Freitag im ARD-«Morgenmagazin». «Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wirds nicht geben. Um es sehr klar zu sagen: Das ist nicht akzeptabel.»

Habeck habe mit dazu beigetragen, dass die ursprünglich geplanten Kürzungspläne im Agrarbereich «korrigiert wurden», sagte Özdemir. «Umso absurder, dass gerade er da nun angegriffen wird.»

Er habe «grosses Verständnis dafür, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte ihre Position einbringen», fuhr Özdemir fort. Die deutsche Landwirtschaft dürfe ihr Demonstrationsrecht selbstverständlich ausüben. Er verwies aber darauf, dass es sich in diesem Fall um eine «radikale Minderheit» handele. «Und ich kann alle nur bitten und auffordern, sich davon deutlich zu distanzieren», sagte Özdemir auf die Frage, was er sich vom Deutschen Bauernverband erwarte. «Diese Bilder (...) schaden der deutschen Landwirtschaft.»

Bauernverband distanziert sich

Der Agrarminister sprach davon, dass «überproportionale Kürzungen in der Landwirtschaft» nun «abgewendet» worden seien. Die Bundesregierung habe «denen zugehört, die vernünftig reden, gute Argumente haben», sagte Özdemir. Dazu gehöre aber auch, dass «diejenigen, die mit uns im Gespräch bleiben wollen, sich ohne jedes Wenn und Aber distanzieren von diesen Fanatikern, von diesen Radikalinskis».

Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisierte die Blockade-Aktion scharf. «Das geht gar nicht, das ist eine Grenzüberschreitung, eine Verletzung der Privatsphäre», sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken am Freitag dem WDR. «Gewalt und Nötigung haben bei unseren Aktionen nichts verloren.»

Polizei muss Bauern zur Räson bringen

«Blockaden dieser Art sind ein No-Go», erklärte auch DBV-Präsident Joachim Rukwied. «Wir sind ein Verband, der die demokratischen Gepflogenheiten wahrt.»

Anders bewertete dagegen die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht die Protest-Aktion. Sie kritisierte die Reaktion des deutschen Wirtschaftsministers mit deutlichen Worten. Es sei «peinlich», dass sich Habeck «jetzt als Opfer der Proteste inszeniert». «Statt sich weinerlich über Proteste zu beschweren, müsste die Bundesregierung jedem dankbar sein, der heute noch Landwirtschaft in Deutschland betreibt», sagte die ehemalige Linken-Politikerin. «Die Ampel macht Bauern zu Melkkühen ihren verfehlten Politik», kritisierte Wagenknecht. «Jeder Euro Mehrbelastung für Landwirte in Deutschland ist einer zu viel. Ich unterstütze die Proteste und fordere die Bundesregierung auf, die geplanten Streichungen komplett zurücknehmen.»

Die Polizei war mit einem grösseren Aufgebot vor Ort und versuchte, die Situation unter Kontrolle zu bringen. «Wir sind von dem Protest überrascht worden, waren schliesslich mit circa 30 Beamten im Einsatz. Doch die Situation liess sich nicht beruhigen, die Fähre mit dem Bundeswirtschaftsminister musste wieder ablegen und zurück nach Hallig Hooge fahren», sagte ein Sprecher der Polizei der Bild-Zeitung. Habeck hatte auf der Nordseeinsel Ferien gemacht. 

Am Freitag leitete die Staatsanwaltschaft in Flensburg ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Nötigung ein. Die Ermittler werden darüber hinaus prüfen, ob weitere Straftatbestände wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch vorliegen, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Winterfeldt am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Aktuell wird gegen unbekannt ermittelt. (ene/nad)

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