Bergsteiger-Legende Ueli Steck (†40)
Er überragte alle

Man nannte ihn «The Swiss Machine»: Ueli Steck (†40) war ein Star der Bergsteigerszene. Nicht nur seine Highspeed-Begehungen von schwierigsten Alpin- und Himalaya-Routen machten ihn weltbekannt.
Publiziert: 30.04.2017 um 14:17 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:56 Uhr
Ueli Steck (†40) ist tot
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Auf der Erkundungstour zu seinem Rekordversuch im Himalaya:Ueli Steck (†40) ist tot

Ueli Steck war nicht nur ein herausragender Profi-Bergsteiger. Der Emmentaler, der mit seiner Ehefrau Nicole in Ringgenberg am Brienzersee wohnte, galt auf der ganzen Welt als Legende, weit über die Szene hinaus.

Neben seinen schier unvorstellbaren Leistungen in den Alpen und im Himalaya war Stecks Bild in der Öffentlichkeit immer auch von Ereignissen geprägt, die nicht nur mit der Rekord-Jagd nach Höhenmetern zu tun hatten.

Als Steck 2013 am Mount Everest mit dem Italiener Simone Moro und dem Briten Jonathan Griffith im Lager 2 in eine rund einstündige Auseinandersetzung mit einer Gruppe von Sherpas geriet, vor laufender Kamera verprügelt, mit Messern bedroht und fast gesteinigt wurde, prallten Welten aufeinander.

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Das Pressebild zu seiner letzten Tour: Ueli Steck in diesem Winter.

Er brauchte Monate, um Sherpa-Vorfall zu verkraften

Auf der einen Seite die kommerzielle Everest-Bergsteigerei, die über die Jahre hunderten Amateur-Bergsteigern einen möglichst sicheren Zugang zum Dach der Welt sicherte. Auf der anderen Seite Ueli Stecks Fähigkeit, 8000er allein dank seiner Leidensfähigkeit, Ausdauer und Erfahrung in Höchstgeschwindigkeit ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff und riesiger logistischer Unterstützung zu bezwingen.

Weil Steck unterhalb von Lager 3 ein von den Sherpas gelegtes Fixseil kreuzte, fühlten sich diese von herabstürzenden Eisbrocken gefährdet. Als sie die Europäer zur Rede stellten, eskalierte die Situation. Die drei Europäer mussten flüchten, brachen ihre Expedition ab. Steck brauchte in der Folge Monate, bis er den Vorfall verkraften konnte.

Bevor er in diesem Frühling in den Himalaya aufbrach hatte er die Episode aber endgültig ad acta gelegt: «Der Vorfall mit den Sherpas war einfach eine blöde Situation. Wir werden eine sehr abgelegene Route klettern. Da werden wir keinen Menschen treffen, geschweige denn stören können», sagt Ueli Steck vor drei Wochen dem BLICK.

Er brach Aufstieg ab, um Spanier zu helfen

Eine andere Episode, die Stecks Ruf weit über die Welt der Bergsteiger hinaus prägte: 2008 brach Steck den Besteigungsversuch des Annapurna-Gipfels über die Südflanke sofort ab, um dem abgestürzten spanischen Bergsteiger Iñaki Ochoa de Olza zu helfen. Ochoa starb in den Armen des Schweizers. Für seine selbstlose Tat erhielt der Berner zusammen mit Simon Anthamatten den Prix Courage.

Ein Jahr zuvor war Steck schon am Annapurna gescheitert, damals war er von einem herabfallenden Stein getroffen worden. Bewusstlos und mit zertrümmertem Helm rutschte Steck mehr als 200 Meter ab, blieb aber bis auf Prellungen und eine Gehirnerschütterung unverletzt.

Er überragte alle

Bergsteigerisch überragte Steck seine Kollegen vor allem mit einer Mischung aus Erfahrung und Geschwindigkeit.

  • Steck begann schon als 12-Jähriger mit dem Klettern, als 18-Jähriger durchstieg er die Eiger-Nordwand, dann im Mont-Blanc-Massiv den berühmten Bonatti-Pfeiler. 
  • Im Juni 2004 kletterte er mit Stephan Siegrist das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau innerhalb von 25 Stunden.
  • Der sogenannte Khumbu-Express im Jahr 2005. Steck wurde für die erste Solodurchsteigungen der Nordwand des Cholatse (6440 m) und der Ostwand des Tawoche (6505 m) vom Klettermagazin Climb! zu einem der drei besten Alpinisten Europas gewählt wurde.
  • Stecks Solo-Geschwindigkeitsrekorde in der Eiger-Nordwand: 2007 und 2008. 2015 durchstieg er die Heckmayr-Route in 2 Stunden 22 Minuten und 50 Sekunden. 
  • 2013 gelang Steck die erste Solobegehung der Südwand des Annapurna (8091 M.ü.M) in 28 Stunden. Der Bergsteiger erhielt für diese Leistung seinen zweiten «Piolet d'Or», die wichtigste Bergsteigerauszeichnung, auch wenn der Erfolg wegen zu wenig Belegen nicht unbestritten blieb.
  • Zwischen 11. Juni und 11. August 2015 bestieg Ueli Steck alle 82 Viertausender der Alpen, wobei er die Strecken zwischen den Bergen nur aus eigener Kraft zurücklegte – entweder zu Fuss, mit dem Fahrrad oder dem Gleitschirm. Steck bewältigte in 62 Tagen insgesamt 117'450 Höhenmeter und 1'770 Kilometer Wegstrecke.

Seine  legendäre Ausdauer und Kraft hatte Ueli Steck schliesslich auch auf die Idee gebracht, in diesem Frühling die Doppelbesteigung Everest (8848 m) und Lhotse (8561 m) ohne Sauerstoff zu wagen. Für den Bergsteiger bestand die Herausforderung nicht mehr in der klettertechnischen Höchstleistung. Das Risiko der Expedition schätzte er in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» sogar als eher gering ein. 

Bei der Vorbereitung auf diese Tour ist Steck nun heute um halb fünf Uhr offenbar zu Tode gestürzt. Seine Bergsteigerkollegen mussten Stecks zerschmetterten Körper bergen. Ein Helikopter wird die sterblichen Überreste des Schweizer Bergsteigers nach Kathmandu bringen. (bih)

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