Wie muss man sich das Leben im Kriegsgebiet vorstellen?
6:20
Politologe aus Kiew:Wie muss man sich das Leben im Kriegsgebiet vorstellen?

Belarus-Präsident schickt Truppen los – Lukaschenko-Kritiker Shkliarov beruhigt
«Das ist nur Show, um Putin zu gefallen»

Greift nun auch Belarus in den Krieg in der Ukraine ein? Machthaber Alexander Lukaschenko hat eine Spezialeinheit zum Manöver aufgeboten. Der belarussische Politologe Vitali Shkliarov erklärt, was das zu bedeuten hat.
Publiziert: 12.05.2022 um 00:11 Uhr
1/8
Die belarussischen Soldaten – hier bei einer Übung Anfang März – werden nun für ein Spezialmanöver aufgeboten.
Foto: imago/UPI Photo
Guido Felder

Nun setzt auch der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (67) seine Truppen in Bewegung. In einem unangekündigten Militärmanöver prüft Russlands Marionettenstaat eine schnelle Eingreiftruppe.

Im Manöver wird laut dem belarussischen Verteidigungsministerium die Abwehr von Boden- und Luftangriffen geübt. Das Ziel sei zu prüfen, wie schnell die Eingreiftruppe auf plötzliche Krisensituationen reagieren könne. Die Truppen müssten «Aspekte der Gefechtsbereitschaft, des Marsches in die befohlenen Einsatzgebiete und der Durchführung von Gefechtsaufgaben einüben».

Die belarussische Führung betont: «Die Militärübung birgt keine Gefahr, weder für die europäische Gesellschaft im Ganzen noch für die Nachbarländer im Besonderen.» Die Ukraine ist direkter Nachbar von Belarus.

«Es ist ein harter Job, am Leben zu bleiben»
2:14
Politologe aus Kiew:«Es ist ein harter Job, am Leben zu bleiben»

Angriff auf Waffenlieferungen?

Ob man Lukaschenko trauen kann? Die belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja (39) kündigte vor kurzem an, dass belarussische Streitkräfte bald für Russland kämpfen würden.

Und der ukrainische Militärexperte Oleg Zhdanov (56) von der unabhängigen ukrainischen Informationsagentur Unian präzisiert auf Telegram, dass die belarussische Armee den Waffennachschub aus dem Westen unterbinden müsse. «Ich denke, Putin wird erneut versuchen, Lukaschenko zu zwingen, die belarussische Armee in Richtung Luzk-Lwiw angreifen zu lassen.»

«Alles nur Show»

Doch der belarussische Politwissenschaftler und Lukaschenko-Kritiker Vitali Shkliarov (45), der 2020 in Belarus wegen «Störung der öffentlichen Ordnung» im Gefängnis sass, beruhigt. «Diese Manöver bedeuten noch nichts, das ist nur Show», sagt er gegenüber Blick.

Lukaschenko müsse damit rechnen, dass ein Marschbefehl von vielen Soldaten verweigert und er so in seinem engen Kreis an Ansehen und Rückhalt verlieren würde. Shkliarov: «Lukaschenko weiss, dass es in seinem Land nur wenige Leute gibt, die ihr Leben für einen Diktator opfern würden.»

Der Machthaber baue sich auf alle Seiten hin Exit-Möglichkeiten auf. Shkliarov: «Einerseits will er mit solchen Manövern Putin gefallen, auf der anderen Seite will er es sich mit dem Westen nicht verscherzen, weil er diesen ja vielleicht doch einmal noch brauchen könnte.»

Will nicht auf Misserfolg mitreiten

Zudem sehe Lukaschenko, welche Blamage die russischen Truppen in der Ukraine einfahren. «Wenn sie erfolgreich wären, hätte Lukaschenko seine Soldaten wohl schon lange losgeschickt», meint Shkliarov.

Selbst wenn die belarussische Armee in die Ukraine eindränge, könnte sie laut Shkliarov nicht viel ausrichten. Den Ukrainern gelinge es, eine der stärksten Armeen der Welt zurückzudrängen. Da wären 20'000 belarussische Soldaten zusätzlich eine kleine Herausforderung.

Im Gegensatz zu Belarus habe sich die ukrainische Armee in den vergangenen Jahren massiv modernisiert. Shkliarov: «Gegen die Ukrainer sähen die belarussischen Streitkräfte uralt aus.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?