Auf einen Blick
- EU-Kommissionspräsidentin schlägt Aktivierung der Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen vor
- Hintergrund sind Bedrohungen durch Russland und veränderte US-Sicherheitspolitik für Europa
- EU-Staaten geben durchschnittlich zwei Prozent des BIP für Verteidigung aus
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnt US-Präsident Donald Trump vor grossen Zugeständnissen in den geplanten Ukraine-Verhandlungen mit Kreml-Chef Wladimir Putin. «Eine geschlagene Ukraine würde Europa schwächen, aber sie würde auch die Vereinigten Staaten schwächen», sagte von der Leyen bei der Münchner Sicherheitskonferenz. So könnten unter anderem die Probleme im indopazifischen Raum zunehmen.
«Autoritäre Regime auf der ganzen Welt beobachten genau, ob man ungestraft davonkommt, wenn man Nachbarn überfällt und internationale Grenzen verletzt oder ob es eine echte Abschreckung gibt», sagte sie. Deshalb sei es nun so wichtig, das Richtige zu tun.
An die Adresse von Putin gerichtet, sagte von der Leyen: «Es ist an ihm zu beweisen, dass er den Krieg nicht verlängern will. Es ist an ihm zu zeigen, dass er sein Ziel aufgegeben hat, die Ukraine zu vernichten.» Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sei unter allerschwierigsten Umständen bereit, auf einen Frieden hinzuarbeiten.
Von der Leyen will Klausel aktivieren
«Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren», sagte sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz. «Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen.»
Hintergrund des Vorschlags von der Leyens sind insbesondere die Bedrohungen durch Russland und die Ankündigung der USA, künftig deutlich weniger sicherheitspolitische Verantwortung für Europa übernehmen zu wollen. Man werde die Verteidigungsausgaben erheblich erhöhen müssen, sagte von der Leyen.
Forderungen von Trump
Druck kommt dabei auch von dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump, der von den Nato-Mitgliedern in der EU fordert, künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts auszugeben. Für die Bundesrepublik und viele andere Staaten würde dies bedeuten, dass sie ihre Verteidigungsausgaben mehr als verdoppeln müssten.
Derzeit geben die 27 EU-Mitgliedstaaten nach Angaben von der Leyens im Schnitt lediglich rund zwei ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Schon eine Steigerung von knapp unter zwei Prozent auf mehr als drei Prozent bedeute Hunderte von Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen jedes Jahr, erklärte von der Leyen.
500 Milliarden Euro
Schätzungen der EU-Kommission zufolge sind in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Verteidigungsinvestitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro erforderlich. Als mögliche EU-Projekte gelten dabei zum Beispiel ein europäisches Luftverteidigungssystem und eine verstärkte Sicherung der östlichen Landgrenze der Union.
Die sogenannte allgemeine Ausweichklausel, die in den EU-Schuldenregeln verankert ist, ermöglicht EU-Ländern, vorübergehend von ihren Haushaltsplänen, und damit den Obergrenzen für Schulden und Defizit, abzuweichen. Die Ausweichklausel war zuletzt 2020 in der Corona-Krise aktiviert worden. Daneben gibt es die sogenannte nationale Ausweichklausel. Diese legt fest, dass es einem Mitgliedstaat bei Vorliegen aussergewöhnlicher Umständen gestattet werden kann, von seinem Haushaltsplan abzuweichen.