Es war kein leichtes Unterfangen. Bis zu 40 Mann eines Spezialtrupps aus der Forstwirtschaft durchstreiften ein Gebiet von 1000 Hektar. Die Jagd nach Bärin JJ4, auch Gaia genannt, glich der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Frische Spuren im Schnee, einige verschlagene Fotofallen und heruntergerissene Wegweiser wiesen schliesslich auf die Nähe der aggressiven Bärin hin, die mit drei Jungtieren unterwegs war. Am Montagabend gegen 23 Uhr tappte Gaia in die Falle.
Vor zwei Wochen hatte das Raubtier in Caldes im touristischem Val di Sole den Jogger Andrea P.* (†26) angegriffen und getötet. Wie Ermittlungen ergaben, musste der junge Mann noch verzweifelt versucht haben, die Bärin mit einem Stock abzuwehren.
Nun war die Bärin selbst zur Gejagten geworden: Die Förster hatten als Lockmittel Obst in eine Röhre gelegt. Die Bärin und zwei ihrer drei Jungen krochen hinein. Die Falle schnappte zu! Mit einem Pfeilschuss wurde die Bärin betäubt, während ihre Jungen wohlbehalten in der Wildnis verschwanden. «Sie sind völlig autark und befinden sich bereits in der Phase nach der Entwöhnung», erklärte Raffaele De Col gegenüber «Alto Adige». Zur Bärenmutter sagte der Leiter des Zivilschutzes: «Sie legte ein extrem aggressives Verhalten an den Tag.»
Gaia wartet hinter Elektro-Zaun auf ihr Schicksal
Zwei Tierärzte kümmerten sich derweil um die sedierte Bärin. Auf einem Kleinlaster wurde sie in ein Tierpflegezentrum nahe Trient gebracht. Dort hält sich Gaia nun in einem Gehege auf, das durch einen elektrischen Zaun gesichert wird. Was mit der Bärin geschehen soll, wird nun zur juristischen Frage.
2020 hatte Gaia schon einmal Menschen angegriffen. Ein Südtiroler Metzger (59) und sein Sohn waren am Monte Peller unterwegs, als sich die Bärin blitzschnell auf den Jüngeren der beiden Männer stürzte. Der Vater warf sich dazwischen, erlitt Bisswunden an den Beinen, Armen und Händen. Durch lautes Brüllen gelang es Vater und Sohn, das Tier zu vertreiben.
Abschuss per Gerichtsbeschluss ausgesetzt
Schon damals sollte Gaia gekeult werden. Doch der Staatsrat verbot die Jagd auf die Schwester vom einstigen Problembären Bruno, der 2006 in Bayern von Jägern erlegt wurde. Auch nach dem tödlichen Angriff auf den Jogger am vergangenen 5. April wurde die Tötung der Bärin per Gerichtsbeschluss vorläufig ausgesetzt.
Der Grund: Tierschützer hatten den Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti wegen «Anstiftung zu einer Straftat» angezeigt, weil er den Abschuss der Bärin angeordnet hatte. Man hoffe, dass das Abschussverbotes durch das Trentiner Verwaltungsgericht bald aufgehoben werde, sagte Fugatti auf der Pressekonferenz am Dienstagmorgen.
Unterdessen gibt es in Südtirol drei weitere gefährliche Problembären, die auf Abschusslisten stehen oder für die die Keulung beantragt wurde. Die Angriffe hat eine hitzige Debatte in Südtirol ausgelöst. So werden die Rufe nach einer Regulierung ihrer Population von 100 auf 50 Exemplare immer lauter.
*Name der Redaktion bekannt