Können die Europäer das Atomabkommen noch retten?
Trump warnt Iran in Streit um Urananreicherung

US-Präsident Donald Trump hat dem Iran im Streit um die Urananreicherung gedroht. «Der Iran sollte besser vorsichtig sein», sagte Trump am Sonntag. Es gebe einen Grund, warum Teheran Uran anreichere, und dieser sei «nicht gut».
Publiziert: 08.07.2019 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2019 um 10:44 Uhr
«Schlimme Dinge»: US-Präsident Donald Trump zu der von Iran verkündeten und geplanten stärkern Urananreicherung.

Der Iran mache viele «schlimme Dinge», fügte er am Sonntag vor Journalisten im Bundesstaat New Jersey hinzu und bekräftigte, dass das Land niemals Atomwaffen besitzen werde.

USA drohen mit härteren Sanktionen

Zuvor hatte US-Aussenminister Mike Pompeo Teheran mit «weiterer Isolation» und neuen Sanktionen gedroht. Sollte der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelangen, wäre das eine «noch grössere Gefahr für die Welt», schrieb Pompeo im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Die Führung in Teheran hatte verkündet, die Urananreicherung je nach Bedarf schrittweise auf 5 bis 20 Prozent zu erhöhen. Auf 90 Prozent hoch angereichertes Uran kann für Nuklearwaffen benutzt werden.

Was ist passiert?

Das zwischen den Uno-Vetomächten USA, Russland, China, Frankreich, Grossbritannien sowie Deutschland und dem Iran am 14. Juli 2015 vereinbarte Atomabkommen sollte Teheran am Bau einer Atombombe hindern. Das iranische Atomprogramm wurde massiv eingeschränkt und überwacht, im Gegenzug wurden Wirtschaftssanktionen gegen das Land aufgehoben. Mehr als zwölf Jahre wurde über das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe verhandelt.

Die USA stiegen 2018 einseitig aus der Vereinbarung aus. US-Präsident Donald Trump verhängte zudem Sanktionen gegen das Land, die jedem wirtschaftliche Nachteile androhen, der iranisches Öl kauft. Damit will er die Einnahmen der Islamischen Republik drastisch vermindern und Teheran politisch gefügiger machen.

Ist das Atomabkommen endgültig am Ende?

Am kommenden Wochenende wird das Abkommen vier Jahre alt. Doch seit Sonntag ist es nur noch so viel wert wie das Papier, auf dem es steht.

Der Iran sieht seine mit dem Abkommen verbundenen wirtschaftlichen Hoffnungen völlig enttäuscht. Vor zwei Monaten hatte Teheran deshalb angekündigt, in Stufen aus dem Deal auszusteigen.  Die iranische Führung hat angekündigt, sich nicht mehr an die vorgegebene Grenze von 3,67 Prozent für die Urananreicherung zu halten und stösst damit eine tragende Säule des Abkommens um.

Das heisst: Seit Sonntag gibt es niemanden mehr, der sich an das Abkommen hält. Und nun? Haben die «Kräfte des Chaos» jetzt wieder freien Lauf im Mittleren Osten?

Noch nicht ganz. Bis zum endgültigen Aus der Vereinbarung gibt es noch eine letzte Frist. Sollte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA den Verstoss des Irans bestätigen, werden die Europäer aller Voraussicht nach ein Schlichtungsverfahren einleiten, das bis zu 65 Tage dauern kann.

35 Tage lang können sich die Vertragspartner untereinander auf verschiedenen Ebenen um eine Lösung bemühen. Gibt es kein Ergebnis, hat der Uno-Sicherheitsrat weitere 30 Tage Zeit für die Schlichtung.

Bleibt es auch dann bei den Vertragsverletzungen, treten die Uno-Sanktionen gegen den Iran automatisch wieder in Kraft. Die EU würde dann ihre Strafmassnahmen ebenfalls wieder einsetzen. Damit hätte sich das Abkommen endgültig erledigt.

Kann Europa das Abkommen noch irgendwie retten?

Für die europäische Diplomatie wäre das eine bittere Niederlage. Es hätte sich einmal mehr gezeigt, dass sie ohne die USA bei der Krisenbewältigung machtlos ist. US-Präsident Donald Trump hätte sich mit seinem Kurs des grösstmöglichen Drucks auf den Iran durchgesetzt. Um das zu verhindern, werden die Europäer nun noch einmal alles daran setzen, das Scheitern zu verhindern. 

Die diplomatische Schlussoffensive startete am Samstagabend der französische Präsident Emmanuel Macron in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Hassan Ruhani, das von iranischer Seite als konstruktiv beschrieben wurde. Dabei sei es vor allem um ein Aussenministertreffen der sechs verbliebenen Vertragspartner gegangen, hiess es.

Neues Zahlungsystem soll Abhilfe von Sanktionen schaffen

Die Frage ist nur: Welchen Trumpf haben die Europäer noch in der Tasche? Um die US-Sanktionen zu umgehen, haben sie in den vergangenen Wochen ein Zahlungssystem namens Instex aufgebaut, das aber immer noch nicht genutzt wird. 

Sollte es noch in Gang kommen, dürfte es dem Iran keine wirtschaftlichen Erleichterungen in dem Ausmass bringen, wie er sie erhofft. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Teheran schmerzt vor allem die Blockade iranischer Öl-Exporte durch die USA, gegen die die Europäer keine Handhabe haben.

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas musste deswegen schon vor vier Wochen bei seinem Besuch in Teheran eingestehen, dass die Europäer wirtschaftlich «keine Wunder bewirken» können. Sie hoffen aber darauf, dass der Iran auch ein strategisches Interesse haben könnte, nicht alle Brücken nach Europa abzubrechen.

«Für die Rettung des Atomdeals gibt es nur einen Weg: sich an ihn zu halten», hat Ruhani zwar als Devise ausgegeben. Es spricht aber einiges dafür, dass er eine Isolation seines Landes vermeiden will. «Wir sind konsequent ..., aber auch flexibel», sagt er. Sobald sich bei der Umsetzung des Atomabkommens etwas tun sollte, kehre der Iran «voll und ganz wieder zum Deal zurück».

Konflikt zwischen den USA und dem Iran droht zu eskalieren

Es könnte also sein, dass auch Teheran zunächst auf Zeit spielt und es bei einer geringfügigen Überschreitung des Grenzwerts für die Urananreicherung belässt. Für den Bau einer Atombombe sind 90 Prozent nötig.

Es ist ein gefährliches Spiel. Denn die Spannungen zwischen dem Iran und den USA haben sich bereits so weit hochgeschaukelt, dass es eine akute Kriegsgefahr gibt. Wie brenzlig die Lage ist, haben der Abschuss einer US-Drohne durch den Iran und die Angriffe auf Handelsschiffe im Persischen Golf gezeigt.

«Sie wissen, womit sie spielen, und ich denke, sie spielen mit Feuer», hat US-Präsident Donald Trump kürzlich gesagt. Ihm wird allerdings nachgesagt, dass er vor allem aus wahltaktischen Gründen einen Krieg vermeiden will. 

Ein endgültiges Scheitern des Atomabkommens wäre aber ganz in seinem Sinne. Er setzt darauf, alles neu zu verhandeln - und dabei auch die Einmischung des Irans in regionale Konflikte und die konventionelle Aufrüstung zu berücksichtigen. (SDA)

Welche Nationen haben Atombomben?

Als Atommächte mit entsprechenden Kernwaffen gelten:

  • Nordkorea
  • Russland
  • Grossbritannien
  • Frankreich
  • Volksrepublik China
  • Indien
  • Pakistan
  • Israel

Als Atommächte mit entsprechenden Kernwaffen gelten:

  • Nordkorea
  • Russland
  • Grossbritannien
  • Frankreich
  • Volksrepublik China
  • Indien
  • Pakistan
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