Auf einen Blick
- Zyklon Chido verwüstet Mayotte, viele Tote befürchtet, Ausmass noch unklar
- Mayotte erlebt schlimmsten Zyklon seit 90 Jahren
- Sturmböen mit Geschwindigkeiten von über 220 km/h fegten über Mayotte
Das Inselparadies Mayotte ist nicht mehr wiederzuerkennen. Überall liegen Trümmer, Gebäude sind eingestürzt – und mittendrin zahlreiche Rettungskräfte, die versuchen, Verschüttete aus den Ruinen zu ziehen. Hunderte Menschen dürften ihr Leben verloren haben. Das ganze Ausmass ist noch unklar. Schuld für die Katastrophe: Zyklon Chido.
Der Wirbelsturm fegte laut dem französischen Wetterdienst Météo France am Samstag mit einer Geschwindigkeit von mehr als 220 Kilometern pro Stunde über Mayotte. Präsident Emmanuel Macron (46) sagte: «Ich möchte an unsere Mitbürger auf Mayotte denken, die in den vergangenen Stunden das Schlimmste erlebt haben, und von denen einige alles verloren haben, ihr Leben verloren haben.» Seit 90 Jahren habe Mayotte keinen solch zerstörerischen Zyklon mehr erlebt, teilte die Präfektur auf Facebook mit. «Viele von uns haben alles verloren.»
Wie kann so ein Zyklon überhaupt entstehen?
Das französische Überseegebiet Mayotte liegt im Indischen Ozean, etwa zwischen der Küste des südostafrikanischen Lands Mosambik und dem Inselstaat Madagaskar. In dieser Region entstehen in der Zeit regelmässig Stürme. Das liegt an der warmen Meeresoberfläche.
«Damit ein Zyklon, ein tropischer Wirbelsturm, entsteht, ist die Temperatur der Meeresoberfläche entscheidend. In der Zeit von Oktober bis März wärmt sich die Oberfläche im Indischen Ozean auf», sagt Michael Eichmann von Meteo News zu Blick. Ab einer Temperatur von 26 Grad häufen sich die Stürme. Der Grund: Es kommt zu vermehrten Verdunstungen. Eichmann: «Immer mehr warme Luft steigt nach oben, und so kann sich nach und nach ein Sturm entwickeln.»
Warum war dieser Zyklon so heftig?
Dass es jetzt zu Stürmen in der Region kommt, ist nichts Aussergewöhnliches. Die Intensität jedoch schon. «Dass es diesen Sturm geben wird, war klar. Die Prognose vom 11. Dezember der französischen Kollegen ging aber davon aus, dass der Sturm die Insel nicht trifft – und schon gar nicht in dem Ausmass», so Meteorologe Eichmann.
Innert kurzer Zeit wurde der Sturm dann aber stärker. Und viel schlimmer. Er änderte seine Laufbahn. Mayotte wurde dadurch direkt getroffen – mit voller Härte.
Hätte sich die Insel schützen können?
Schwierig zu sagen. Eichmann zu Blick: «Wenn ein Sturm mit über 200 km/h auf Land trifft, sind grosse Schäden unvermeidlich. Das wäre auch bei uns fatal.» Besonders, wenn viele Menschen in Hütten wohnen, die solchen Geschwindigkeiten kaum standhalten können. Die einzige sichere Möglichkeit, um die Leben der Menschen zu retten, wäre eine Evakuierung gewesen.
Warum wurde der Sturm dermassen falsch eingeschätzt?
Eichmann: «Modelle unterschätzen solche Stürme leider immer wieder. Warum das so ist, ist schwer zu sagen. Ein Erklärungsansatz ist, dass die Berechnungen der Oberflächentemperatur des Meeres nicht stimmen und damit auch die Stärke des Sturms nicht korrekt eingeschätzt werden kann.»
Sind Schweizer betroffen?
Wie das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Blick-Anfrage mitteilt, steht die Schweizer Vertretung in Paris in Kontakt mit den zuständigen Behörden vor Ort. Von Schweizer Opfern hat die Behörde aktuell keine Kenntnis.
«Gemäss Auslandschweizerregister sind rund zwei Dutzend Personen in Mayotte angemeldet. Aktuell sind auf Travel Admin weniger als 5 Personen für die Region Mayotte registriert», erklärte Mediensprecher Jonas Montani. Sie sollen den Anweisungen der lokalen Behörden folgen.
Wohin zog der Zyklon nach der Katastrophe von Mayotte?
Chido bahnte sich seinen Weg nach Mosambik auf dem afrikanischen Festland. Der Sturm erreichte dort eine Geschwindigkeit von bis zu 240 Kilometern pro Stunde. In der nördlichen Provinz Cabo Delgado zerstörte und beschädigte er nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) zahlreiche Häuser, Schulen und Gesundheitseinrichtungen.
Die Region sei «schwer betroffen», auch wenn der Umfang der Zerstörung noch unklar sei. Nach Angaben des mosambikanischen Zentrums für Katastrophenschutz sei in Cabo Delgado sowie in der Nachbarprovinz Nampula das Stromnetz zusammengebrochen, was Rettungsarbeiten erschwere.