Der Fall sorgte 2016 für Schlagzeilen: Mehr als ein Dutzend US-Diplomaten klagten auf der US-Botschaft in der kubanischen Hauptstadt Havanna über Kopfweh, Übelkeit, Schwindel und Sehstörungen. Zuvor hatten alle laute, undefinierbare Geräusche gehört. Bis 2018 waren in Kuba über 40 Diplomaten betroffen, die zum Teil abgezogen und zurückgeholt wurden.
Das Gleiche erlebten Amerikaner auch im Generalkonsulat in der chinesischen Stadt Guangzhou sowie andern Orten auf der ganzen Welt. Inzwischen weiss man von Fällen bei über 100 US-Diplomaten, Spionen und Soldaten.
Drei Fälle beim Weissen Haus
Nun ist das Havanna-Syndrom, wie es inzwischen genannt wird, auch am Schalthebel der Macht, im Weissen Haus in Washington, aufgetreten. Im November 2020, ein Tag nach den Präsidentschaftswahlen, war ein Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates betroffen, der sich nahe der Ellipse, einer grossen Wiese beim Weissen Haus, aufhielt.
Einige Wochen später wurde ein weiterer Beamte beim Zugang zum Gelände des Weissen Hauses attackiert. Er war so schwer betroffen, dass er medizinische Hilfe brauchte. Schon 2019 hatte es eine Mitarbeiterin der Regierung getroffen, als sie mit ihrem Hund in einem Vorort Washingtons, unweit des Weissen Hauses, spazieren ging.
In allen Fällen berichteten die Opfer über ein hochfrequentes Geräusch und klagten über Übelkeit oder Kopfschmerzen, die plötzlich auftraten.
Nervosität im Washington
Was genau das Havanna-Syndrom auslöst, ist nicht genau erforscht. Die US-Geheimdienste gehen davon aus, dass die Betroffenen möglicherweise mit starken Mikrowellen beschossen worden sind und dass Russland, China oder Kuba hinter den Angriffen stecken könnten.
So weiss man von China, dass bei Demonstrationen mit Akustikwaffen gezielt Personen ausgeschaltet oder zur Flucht gezwungen werden.
Das unerforschte Syndrom führt in Washington, vor allem seit es beim Weissen Haus angelangt ist, zu grosser Nervosität. Geheimdienste, der Kongress und andere Stellen beschuldigen sich gegenseitig, zu wenig zu unternehmen oder zu wenig zu informieren.
Präsident Joe Biden (78) will nun Klarheit schaffen. Er hat seine Leute angewiesen, «die Ursache dieser Vorfälle zu identifizieren». Schliesslich könnte er eines der nächsten Opfer werden. (gf)