Auf einen Blick
- Alte Autos leben in Senegals Städten weiter
- Eigentlich gibt es ein Importverbot für Autos, die älter sind als acht Jahre
- Mechaniker arbeiten mit improvisierten Werkzeugen und Ersatzteilen
Eine schwarze Wolke hängt in der Luft über Senegals Städten. Der Verkehr pulsiert. Vor allem Taxis in klassischem Schwarz-Gelb rollen durch die Strassen. Angetrieben von Diesel- und Benzinmotoren – der moderne Wandel scheint weit entfernt.
In den Taxis erzählt jeder abgegriffene Teil seine eigene Geschichte. Eine Türklinke ist oft nur über einen fixierten Draht bewegbar, den der Fahrer betätigt. Die Fensterscheiben lassen sich selbst über die improvisierten Kurbeln kaum bedienen. Der Kilometerzähler zeigt permanent 999'999 km an. Schwarze Rauchwolken entweichen den Motoren, die längst nicht mehr dem Original entsprechen. Hier, am Ende ihrer Reise, haben Europas ausrangierte Fahrzeuge eine letzte Heimat gefunden.
Trotz eines 2019 verhängten Verbots für die Einfuhr von Autos, die älter als acht Jahre sind, sowie zusätzlicher Steuern auf Fahrzeuge über fünf Jahre, läuft das Geschäft mit alten Autos weiter – nicht mehr mit ganzen Wagen, sondern mit Einzelteilen. Vor allem in den nördlichen Regionen des Landes, an der Schwelle zur Sahelzone, wird unermüdlich repariert und restauriert.
Saint-Louis, die ehemalige Hauptstadt des Senegals, liegt im Norden. In einem Viertel dieser historischen Kleinstadt, das auf Sand erbaut ist, bestimmen Mechaniker das Bild. Der Sand ist tiefschwarz gefärbt, getränkt von Öl und Benzin. Hämmern, Schleifen und Bohren ertönen aus den Werkstätten, begleitet von Funken, die in die Luft sprühen. Garagisten hauchen den Überresten aus «pièces détachées» – Ersatzteilen – neues Leben ein.
So wie Cheikh Tidiane Sow. Er ist Spezialist für Reifen und Importeur kaputter Autoteile, hauptsächlich aus Europa. Sow beschäftigt zahlreiche Mitarbeiter, die vor allem auf spontane Aufträge von Kunden reagieren, die ihre Motorräder oder Autos warten lassen möchten. Zwischen Reifenstapeln und Schrottteilen ruhen einige Arbeiter, essen und trinken, trotz des unaufhörlichen Verkehrs- und Arbeitslärms. Zur Stellung seines Berufs sagt Sow: «Oui, je suis la vie!» – «Ja, ich bin das Leben!»
Was er damit meint: Ein Hauptproblem des Senegals sind junge Menschen ohne Arbeit und Perspektive. Der Beruf des Mechanikers bietet hier eine gewisse Sicherheit, denn der Bedarf an Reparaturen ist unerschöpflich. Jugendliche beginnen bereits im Alter von 14 Jahren in den Werkstätten zu arbeiten. Trotz wirtschaftlicher Krisen, der Corona-Pandemie und steigender Inflation bietet dieser Beruf eine vergleichsweise stabile Einkommensquelle.
Improvisierte Autogaragen
Ibrahim, ein weiterer Mechaniker, stimmt zu: «On vit grâce à des choses cassées» – «Wir leben dank kaputter Dinge.» Unter einem einfachen Unterstand aus Wellblech und rostigen Gittern, ohne Türen und Dach, arbeiten Ibrahim und seine Kollegen. Alles wirkt improvisiert. Die geübten Hände der Mechaniker zerlegen und reparieren sowohl elektronische Kleinteile als auch ganze Lastwagen. Ihr Ziel ist es nicht, dass die Fahrzeuge eine formale Inspektion bestehen – vielmehr geht es darum, die Maschinen zum Leben zu erwecken und so das eigene Überleben in einem von Krisen geplagten Land zu sichern.
Einige dieser Bilder werden vom 16.11. bis am 22.12. in Basel im «BelleVue – Ort für Fotografie» ausgestellt. Die Ausstellung heisst «GRADwanderung». Darin erzählen Fotografinnen und Fotografen der Fotoagentur Lunax 14 Geschichten zum Klimawandel.