Die Thüringen-Affäre fordert ihr erstes prominentes Opfer: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (57), die Angela Merkel (65) als Kanzlerin hätte beerben sollen, hat überraschend ihren Rücktritt als Parteivorsitzende bekannt gegeben. Auch als Kanzlerkandidatin zieht sie sich zurück. Als Verteidigungsministerin bleibt sie «auf Wunsch von Kanzlerin Merkel» weiter im Amt.
Am Montagnachmittag sagte sie vor der Presse: «Die Trennung von Parteipräsidium und Kanzleramt schwächt die Partei in einer Phase, in der Deutschland auf eine starke CDU angewiesen ist.» Sie wolle «zum Sommer den Prozess der Kanzlerkandidatur organisieren, die Partei weiter auf die Zukunft vorbereiten und dann den Parteivorsitz abgeben».
Alles zum AfD-Coup
Im Präsidium habe Kramp-Karrenbauer gesagt, dass es «ein ungeklärtes Verhältnis von Teilen der CDU mit AfD und Linken» gebe. Sie sei «strikt gegen eine Zusammenarbeit mit AfD und Linke». Zudem sei es für sie «offensichtlich, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft sowie Kanzlerkandidatur in eine Hand gehörten», heisst es.
Politbeben wegen Thüringen-Wahl
Die Ankündigung erfolgte wenige Tage nachdem die Thüringen-Wahl hohe Wellen geschlagen hatte. Da wurde Thomas Kemmerich (54) von der FDP mit Unterstützung der AfD und CDU-Vertretern zum neuen Ministerpräsidenten gewählt, der bisherige Bodo Ramelow (63) von den Linken wurde aus dem Amt verdrängt. Dass sich der FDP-Mann von der AfD unterstützen liess und CDU-Vertreter mit der Rechtspartei gemeinsame Sache machten, sorgte für ein Politbeben in ganz Deutschland.
AKK versuchte zu schlichten, wurde aber nicht erhört. Kanzlerin Angela Merkel musste sich von Afrika aus einschalten – eine Schmach für AKK.
Kramp-Karrenbauer wurde am 7. Dezember 2018 zur CDU-Parteichefin gewählt. In einer Stichwahl setzte sie sich mit 51,8 Prozent gegen Friedrich Merz (64) durch. Zuvor war sie CDU-Generalsekretärin und Ministerpräsidentin im Saarland.
Die CDU steht vor grundlegenden Diskussionen: Wie geht sie mit der Rechtspartei AfD um, wie mit den Linken? Der Rückhalt aus der Wählerschaft schwindet. Mit dem Beben steht sogar die Regierungskoalition der CDU/CSU mit der SPD auf der Kippe. AKK meinte am Mittag an der Pressekonferenz allerdings: «Mein Rücktritt hat keine Auswirkungen auf die Grosse Koalition.»
Wer wird neuer Kanzler?
Und schon geht die Diskussion über die Nachfolge los. Wer könnte neuer CDU-Chef und somit neuer deutscher Kanzler werden, wenn Merkel im nächsten Jahr zurücktritt?
Diese Namen werden gehandelt:
- Friedrich Merz (64): Der Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen für transatlantische Beziehungen und die Folgen des Brexit unterlag AKK knapp bei der Wahl zum Parteipräsidenten. Der Vertreter des konservativen Flügels geniesst zurzeit den grössten Rückhalt in der Partei.
- Markus Söder (53): Der bayerische Ministerpräsident hat grosse Erfahrung und macht seinen Job gut. Der ehemalige Hardliner hat sich neu erfunden. Er setzt auch stark auf Umweltschutz.
- Jens Spahn (39): Der Minister für Gesundheit ist eine junge Kraft und packt heisse Eisen an. Wird dem konservativen Flügel zugeordnet.
- Armin Laschet (58): Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen gilt als gewinnend und als Politiker, der zusammenführen kann. So engagiert er sich für einen Dialog der Generationen und mit Muslimen.