Das hat sich Wladimir Putin (70) bestimmt anders vorgestellt. Am Donnerstag wollte er der Welt eigentlich zeigen, dass Russland trotz des Kriegs in der Ukraine noch gute Beziehungen zu anderen Staaten hat. Doch der Russland-Afrika-Gipfel lief alles andere als geplant für den Kremlchef.
Alles begann damit, dass Russlands Präsident jede Menge Absagen von den afrikanischen Staatschefs erhielt. 49 afrikanische Delegationen bestätigten ihre Teilnahme, 21 Staats- und Regierungschefs kamen in Putins Geburtsstadt St. Petersburg. Ein deutlicher Rückgang, verglichen mit dem ersten Russland-Afrika-Gipfel 2019, zu dem Repräsentanten aller 54 afrikanischen Staaten, einschliesslich 43 Staats- und Regierungschefs, in der russischen Metropole eingetroffen waren. Beim Treffen beklagte der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat (63), dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine die Lebensmittelkrise teilweise verstärke. «Afrika leidet darunter», sagte er laut russischer Übersetzung.
Namens-Patzer von Patriarch Kirill
Damit nicht genug: Am Donnerstag brach die TV-Übertragung von Putins Rede abrupt ab – just in dem Moment, als er auf den Vorwurf des Westens, er treibe ein «Spiel mit dem Hunger» in Afrika, reagieren wollte. Es sollte nicht die einzige Panne an diesem Tag sein.
Patriarch Kirill (76), Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Kirche, sprach Putin mit dem falschen Vatersnamen an. Aus «Wladimirowitsch» wurde kurzzeitig «Wasiljewitsch», ehe der Geistliche seinen Fehler von sich aus bemerkte. Putin war nicht begeistert, was eindeutig an seinem verkniffenen Gesicht erkennbar war. Letztlich lächelte er den Namens-Patzer tapfer weg – wohl auch, weil ihn Kirill schon fast bizarr mit «Eure Exzellenz» ansprach.
Was konnte diesen Tag für Putin noch unangenehmer machen? Richtig, ein Auftritt von Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (62), der Putin vor wenigen Wochen mit seinem Kurzzeit-Aufstand auf der Nase herumgetanzt war. Der Söldnerchef zeigte sich – anders als der mürrische Putin – lächelnd am Rande des Afrika-Gipfels.
Der Leiter des russischen Hauses in der Zentralafrikanischen Republik, Dmitri Syty, veröffentlichte am Donnerstag ein Foto über Facebook, das Prigoschin bei einem Treffen mit dem Vertreter des Landes zeigen soll. Der Botschafter habe mit ihm die ersten Bilder vom Gipfel geteilt, schrieb Syty. Die Aufnahme unterstreicht, wie wichtig die Söldnertruppe Wagner für Russland international noch immer ist.
Der russische Geschäftsmann hielt sich demnach auch nach dem Beinahe-Putsch am 24. Juni weiter in seiner Heimatstadt St. Petersburg auf. Russische Medien zeigten sich erstaunt, dass Prigoschin, der sich unlängst auch mit Putin im Kreml ausgesprochen hatte, offenkundig wieder hoffähig geworden ist. Vom Geschäftsmann gab es zunächst keine Stellungnahme.
Das Foto wurde vielfach in den sozialen Netzwerken geteilt – auch in Kanälen, die Wagner nahestehen. Lokalmedien berichteten allerdings, dass der Wagner-Chef das Treffen in seinem Trezzini-Palasthotel abgehalten habe und nicht auf dem Expoforum selbst, wo der Gipfel unter massiven Sicherheitsvorkehrungen organisiert wird.
Nur wenige Putin-Fans
Prigoschin ist mit seiner Privatarmee, die zuletzt ein Lager in Belarus bezog, in vielen afrikanischen Staaten im Einsatz, um dort neben seinen eigenen geschäftlichen auch noch russische Interessen zu vertreten. Putin hatte ihm nach dem Aufstand, bei dem Wagner-Kämpfer zahlreiche russische Piloten töteten, Straffreiheit gewährt. Im Gegenzug sicherten die Wagner-Armee und Prigoschin eine Übersiedlung ins benachbarte Belarus zu.
Putins Auftritt am Donnerstag überzeugte alles in allem nur recht merkwürdige Gestalten, wie einen Diplomaten aus Guinea, der seit 15 Jahren in Russland lebt. Der offensichtliche Putin-Fan, der einen Pullover mit vielen kleinen Konterfeis des russischen Präsidenten trug, bezeichnete den Kremlchef in einem Interview mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti als «seine Seele». Bizarrer gehts kaum.