Aber warum?
So wenig Geburten wie noch nie – Asien schrumpft

Die Geburtenrate in vielen asiatischen Länder ist auf einem Rekordtief angekommen. Die Behörden zeigen sich besorgt. Denn gleichzeitig werden die Menschen immer älter. Über Enkelkinder dürfen sie sich aber nur noch selten freuen.
Publiziert: 29.02.2024 um 18:21 Uhr
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Solche Szenen vermindern sich in den letzten Jahren stark – die asiatische Bevölkerung produziert weniger Babys.
Foto: AFP
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Natalie ZumkellerRedaktorin News

Japan, Südkorea, Thailand, China: Die asiatischen Länder kämpfen alle mit demselben Problem – keiner mehr will Babys. Während die Geburtenrate in rekordverdächtigem Tempo fällt, leben die älteren Generationen im Gegenzug immer länger. Speziell die Länder, bei denen die Todesrate die Anzahl der Neugeborenen bereits überholt hat – wie China – stehen vor einem fundamentalen Problem. Doch wieso will keiner mehr Kinder haben?

Was im Vergleich auffällt: Alle vier Länder haben ähnliche Probleme. Ein konstanter Faktor sind die hohen Lebenshaltungskosten – laut einem Bericht der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) zufolge sei dies dem Inflationsanstieg 2022 und den noch immer anhaltenden und spürbaren Effekten der Covid-19-Pandemie zuzuschreiben. Auch hat die Karriere einen grossen Stellenwert. Gleichzeitig gibt es aber kaum unbefristete, sichere Jobs oder der Arbeitsalltag lässt sich wegen fehlender Unterstützung nicht mit einer Familie vereinbaren. Daher verzichten die Jungen oft auf eine Familie. Speziell Frauen spüren diesen Druck. 

Kampf gegen die eigenen gesellschaftlichen Werte

Japan ist, wie «The Guardian» berichtet, mit 1,31 Kindern pro Frau auf dem tiefsten Geburtenwert seit 1899 angekommen. Die Insel hat dabei auch mit ihren eigenen Traditionen zu kämpfen: Noch immer dominiert die Idealvorstellung: erst Hochzeit, dann Kinder. In einer Umfrage 2022 zeigte sich jedoch, dass 17,3 Prozent der Männer und 14,6 Prozent der Frauen zwischen 18 und 34 keine Absichten hegen, zu heiraten. Dabei wird oft die ökonomische Lage sowie aber auch Schwierigkeiten, einen geeigneten Partner zu finden, als Grund angegeben. Uneheliche Kinder sind in Japan aber nicht gerne gesehen – ein gesellschaftlicher Wert, der Steine in den Weg legt. 

In einem Interview mit der BBC nennt die 30-jährige Fernsehproduzentin Yejin aus Südkorea ähnliche Gründe: Heiratswillige Männer, die sich um ein Kind kümmern würden, damit Frauen weiter berufstätig sein können, sind Mangelware. In dem kleinen Land gelten jedoch starke traditionelle Werte, lediglich zwei Prozent der Babys kommen ausserhalb einer Ehe zur Welt. Südkoreanische Frauen sind die gebildetsten aller OECD-Länder – sie kämpfen aber mit einem extremen Gender-Pay-Gap, verdienen in der Regel also deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Das zwingt sie zur Wahl: Karriere oder Kind. Folglich hat Südkorea die tiefste Geburtenrate der Welt, eine Frau bekommt dort im Schnitt 0,87 Kinder. 

Kindertagesstätten sind zu teuer

Auch Thailands Geburtenrate ist auf einem Rekordtief angelangt: 1,32 Babys bringt eine Frau dort im Schnitt zur Welt. Seit 74 Jahren kamen nicht mehr so wenige Kinder zur Welt. Geht es in dem südasiatischen Land so weiter, wird sich die Bevölkerung noch vor der Jahrhundertwende halbiert haben, wie Channel News Asia (CNA) berichtet. Wie auch China hat das Ferienparadies mit zu hohen Kosten bei der Kinderbetreuung zu kämpfen – das vorherrschende Bild der Öffentlichkeit, Kinder würden arm machen, trägt nur zur ablehnenden Haltung gegenüber dem Kinderkriegen bei. 

Sowie die Geburtenrate mit dem Wert 1,18 in China auf einem Rekordtief ist, ist die Arbeitslosigkeit bei der jüngeren Generation auf einem Rekordhoch. Aufgrund dieser Unsicherheiten im Hinblick auf finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit liegt die Familienplanung den jungen Chinesen und Chinesinnen fern. Und auch hier: Frauen leiden unter traditionellen Werten und müssen oft zwischen einer eigenen Familie und einem Job entscheiden. Die Einkindpolitik, die von 1980 bis 2015 galt, wird allmählich auch zu einem Eigentor – viele Chinesen merkten in dieser Zeit, dass man auch mit einem Kind glücklich sein kann. 

Die jeweiligen Behörden und Regierungen sind sich der Risiken einer zunehmend alternden Bevölkerung bewusst. Daher wird verstärkt daran gearbeitet, das Kinderkriegen attraktiver zu machen. Dabei setzten die Länder auf dieselben Methoden: mehr finanzielle Unterstützung für Familien, vergrössertes Angebot von Tagesstätten und längere Mutter- und Vaterschaftsurlaube. Ob und wie dies umgesetzt wird, muss sich erst noch zeigen. 

Und in der Schweiz?

Laut dem Bundesamt für Statistik ist auch in der Schweiz ein absteigender Trend von Geburten zu beobachten. Unser Rekordwert liegt bereits sechzig Jahr zurück – 1963 und 1964 brachte eine Frau im Schnitt 2,67 Kinder zur Welt. Die neusten Zahlen aus dem Jahr 2022 sind verdächtig nah am Schweizer Tiefpunkt von 2001. Damals wurden pro Frau 1,38 Kinder gezählt, nun sind es 1,39. 

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