Er ist mitverantwortlich für einen Milliarden-Betrug und ist seit Sommer 2020 auf der Flucht. Während im Herbst dem Ex-Wirecard-Chef Markus Braun (53) der Prozess gemacht wird, ist der Ex-Vorstand Jan Marsalek (42) untergetaucht. Wohin er verschwand, war bislang unklar.
Offenbar hat der russische Präsident Wladimir Putin (69) dem Milliarden-Betrüger ein Unterschlupf geboten. Der 42-Jährige soll nach Moskau geflüchtet sein und möglicherweise bis heute dort leben, wie die «Bild» berichtet. Marsalek soll sich unter der Obhut des russischen Geheimdienstes FSB befunden haben. Und nicht nur das: Die deutschen Behörden wussten darüber bereits seit Anfang 2021 Bescheid.
Damals erfuhr die deutsche Botschaft in Moskau laut «Bild», dass ein Förderer der dortigen deutschen Schule ominöse Geschäfte betreibt. Der Mann solle mit dem russischen Impfstoff Sputnik V handeln, mit einer paramilitärischen Söldnertruppe in Verbindung stehen und über beste Kontakte nach Österreich verfügen. Bei dem Mann sollte es sich «Bild» zufolge um Marsalek handeln.
Bundeskanzleramt wusste von dem Angebot
Kurz darauf bot der FSB dem Bundesnachrichtendienst (BND) ein Treffen und eine Befragung Marsaleks an. Die BND-Zentrale in Berlin sei über das Angebot informiert worden. Darin baten die Moskauer BND-Beamten dem Bericht zufolge um Weisung, ob ein Treffen mit Marsalek stattfinden solle und wie der Milliarden-Betrüger vernommen werden solle.
Offenbar gab es daraufhin keine Rückmeldung aus der BND-Zentrale. Die Frage blieb unbeantwortet. Das Bundeskanzleramt wurde jedoch über das brisante Gesprächsangebot informiert.
Die bayerischen Strafverfolgungsbehörden, die gegen die Verantwortlichen des früheren Dax-Konzerns aus der Nähe von München ermitteln, wurden über das Angebot hingegen offenbar nicht informiert. Sie erhielten demnach nur einen vagen Hinweis auf ein Gebäude in der Nähe einer «langen Chaussee in Moskau» als Versteck Marsaleks.
Einer der grössten Wirtschaftsskandale der deutschen Geschichte
Ein Sprecher der Bundesregierung teilte der «Bild» mit, dass die Bundesregierung zu Angelegenheiten, «die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten der Nachrichtendienste betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung» nimmt. Im Bundestag wird demnach geprüft, ob zumindest Untersuchungsausschuss und Kontrollgremium ordnungsgemäss informiert waren.
Im Herbst steht die Hauptverhandlung gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun vor dem Landgericht München I an. Die Wirecard-Chefetage soll über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben, um das damals im Dax gelistete Unternehmen über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln. Es handelt sich um einen der grössten Wirtschaftsskandale der deutschen Geschichte. Neben Braun sind weitere Ex-Spitzenmanager angeklagt. Marsalek gilt offiziell als untergetaucht. (AFP/jmh)