Vor fast einer Woche entdeckte Mo Robinson die Leichen von 31 Männern und acht Frauen im Kühlcontainer seines Lastwagens. Sie alle waren bei -25 Grad erfroren. Der aus Nordirland stammende Chauffeur alarmierte umgehend die Polizei. Diese verhaftete den 25-Jährigen noch an Ort und Stelle.
Am Montag musste er sich erstmals vor Gericht verantworten. Robinson werden unter anderem Totschlag in 39 Fällen, Verschwörung zum Menschenhandel und Geldwäscherei zur Last gelegt. Wie «Daily Mail» berichtet, sei er in einem grauen Häftlingsanzug vor Gericht erschienen. Dabei hätte er die Verlesung der 43 Anklagepunkte mit emotionsloser Miene über sich ergehen lassen.
Robinson schweigt vor Gericht
Staatsanwalt Iguyovwe Oghenerouna bezichtigte ihn, «Teil eines globalen Rings von Menschenschschmugglern» zu sein. Und das offenbar bereits seit bald einem Jahr. «Eine grosse Anzahl von Mittätern ist immer noch auf freiem Fuss», sagte Oghenerouna weiter vor Gericht. Sie seien dafür verantwortlich, dass Hunderte illegal nach England gelangen.
Robinson selbst bestätigte vor Gericht lediglich seinen Namen, Anschrift und Geburtsdatum. Nach fünf Minuten war die Anhörung dann auch vorbei. Das Gericht entschied, dass Robinson bis zum 25. November in Untersuchungshaft bleibt. Dann wird der Fall vor dem Zentralen Strafgericht in London verhandelt. Robinsons Anwalt Julian Hayes beantragte keine Kaution.
Vier weitere Personen wurden von der Polizei festgenommen - darunter das irische Ehepaar, die letzten bekannten Besitzer des Lastwagens. Joanna (38) und Thomas Maher (38) aus Warrington, Cheshire wurden jedoch gegen Kaution entlassen.
Vietnam hilft bei Aufklärung
Derweil laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Für die schnelle Aufklärung der Identitäten haben die britischen Behörden Unterlagen nach Vietnam geschickt, die bei der Identifizierung der Opfer helfen sollen.
Der vietnamesische Vize-Aussenminister Bui Than Son teilte am Montag mit, die britischen Behörden hätten «vier Aktensätze in Bezug auf die Lkw-Toten» auf den Weg nach Hanoi gebracht. Am Wochenende hatten sich die Hinweise darauf verdichtet, dass es sich bei den Toten zum Grossteil um Vietnamesen handeln könnte.
Seit Freitag hatten mehrere Familien aus dem verarmten Zentrum Vietnams ihre Angehörigen als vermisst gemeldet (BLICK berichtete). In den Provinzen Nghe An und Ha Tinh begannen die vietnamesischen Behörden damit, Haar- und Blutproben von mutmasslichen Familienangehörigen zu nehmen.
Die Namen der acht vietnamesischen Opfern sind: Pham Tra My (26), Hung Nguyen (33), Anna Bui Thi Nhung (19), Nguyen Dinh Tu (26), Le Van Ha (30), Vo Ngoc Nam (28), Joseph Nguyen Dinh Luong (20) und Hoang Van Tiep (18). Sie reisten offenbar alle mit gefälschten chinesischen Pässen, die von Menschenhändlern in der Region Fujian östlich von Hongkong ausgestellt wurden.
Die Ermittler waren deshalb zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei den Opfern um Chinesen handle.
Gefährliche Reise
Der Fall lenkte die Aufmerksamkeit auch auf das Schicksal von Flüchtlingen, die sich auf die gefährliche Reise nach Europa begeben. Schlepperbanden bringen immer wieder Flüchtlinge in Lastwagen nach Europa und setzen sie dabei grössten Gefahren aus.
Bei einer Kontrolle im Hafen von Calais wurden am Sonntag acht Menschen, unter ihnen vier Kinder, in einem Kühllastwagen entdeckt. Wie die französischen Behörden mitteilten, litten die Flüchtlinge, die als ihr Herkunftsland Afghanistan nannten, unter Unterkühlung. In dem Kühllastwagen lag die Temperatur bei sieben Grad. Die beiden rumänischen Fahrer wurden festgenommen. (SDA/nbb)