Wie viel darf eine Ministerpräsidentin auf Kosten der Steuerzahler frühstücken? Diese Frage beschäftigt die Finnen seit Tagen. Dies, nachdem die finnische Boulevardzeitung «Iltalehti» berichtete, dass die Sozialdemokratin Sanna Marin (35) monatlich rund 300 Euro (rund 330 Franken) für den Zmorge ihrer Familie zurückfordere, mit der sie im Amtssitz Kesäranta lebt. Am Freitag kündigte die finnische Polizei Vorermittlungen an.
«Als Premierministerin habe ich weder um diese Vergünstigung gebeten, noch war ich an der Entscheidung darüber beteiligt», twitterte Marin schon nach Erscheinen des Zeitungsberichts. Die «Frühstücksspesen» hätten auch ihren Vorgängern zugestanden.
Wie die «Helsinki Times» berichtet, haben jedoch längst nicht alle davon Gebrauch gemacht. Auch Staatspräsident Sauli Niinistö (72) teilte auf Anfrage mit, sein Essen selbst zu bezahlen.
Laut «Iltalehti» hat Marin den Service häufiger genutzt als alle früheren Bewohner von Kesäranta. Quittungen wollten ihre Mitarbeiter bislang nicht transparent machen – um die Privatsphäre ihrer Familie zu schützen.
Insgesamt rund 16'000 Franken für Essen
Strittig ist offenbar die Rechtsgrundlage für die Spesen. «Der Ministerpräsident erhält eine Wohnung in einem staatseigenen Gebäude und der Staat trägt die Kosten für Wartung, Heizung, Beleuchtung und Einrichtung sowie das erforderliche Personal», heisst es in einem der relevanten Paragrafen. In einem anderen: «Aufgrund einer Entscheidung des Ministerpräsidentenamtes werden einem Minister angemessene Mehrkosten im Zusammenhang mit ministeriellen Aufgaben erstattet.»
Nur: Was sind «angemessene Mehrkosten mit ministeriellen Aufgaben»? Wie das Büro der Regierungschefin am Montag bekannt gab, bezog Marin, die seit Dezember 2019 im Amt ist und mit dem Fussballspieler Markus Räikkönen (35) eine zwei Jahre alte Tochter hat, insgesamt 14'363.20 Euro (rund 16'000 Franken) für Essensleistungen.
Die Sozialdemokratin Sanna Marin gilt als Vorzeige-Politikerin und ist extrem beliebt. Als sie ihr Amt mit nur 34 Jahren antrat, war sie kurzzeitig die jüngste Regierungschefin der Welt. Ihre Mitte-Links-Regierung hatte die Corona-Situation trotz der Nähe zu Schweden und Russland gut unter Kontrolle – bis heute gibt es in Finnland (5,5 Millionen Einwohner) nur 956 Tote. Als erstes Land in Europa will Finnland ausserdem bis 2035 klimaneutral werden.
Dass nun ihr Frühstück so viel Wirbel verursacht, nervt Marin. Auch wenn die Vorermittlungen zum Ergebnis kommen sollten, dass die Frühstücksspesen angemessen waren, will sie den Essenzuschuss künftig nicht weiter nutzen. Das sagte die Sozialdemokratin am Montag in einem TV-Interview.
Marin verteidigt Hochzeit mit Fussballspieler
«Der Aufruhr war ziemlich gross, wenn man bedenkt, dass die Regel seit einem Dutzend Jahren in Gebrauch ist und auch frühere Premierminister sie genutzt haben», sagte Marin. Zusätzlich zu den polizeilichen Vorermittlungen hat ihr Büro die Steuerbehörden um eine Stellungnahme zur Verpflegungsleistung gebeten.
Doch ihre Gegner wollen es nicht dabei belassen. Anfang Woche kam es zu Attacken wegen ihrer Hochzeit mit Markus Räikkönen im August vergangenen Jahres.
«Jetzt verbreitet sich das Gerücht, unsere Hochzeit wäre von Staatsgeldern bezahlt worden. Das stimmt nicht!», twitterte Marin am Montag. «Wir haben all unsere Hochzeitsausgaben selbst bezahlt, inklusive Essen, Drinks, Personal, Blumen, Dekorationen, Fotografien und Musik.» Ihre Haare und ihr Make-up habe sie selbst gemacht. «Wie jeden Tag.» (kin)