Der Fall warf Südkorea bei der Bekämpfung der Pandemie um Monate zurück: Anfang Mai lockerte das Land die Massnahmen, nachdem die Ausbreitung des Coronavirus dort fast als gestoppt galt. Dann besuchte ein 29-Jähriger mehrere Clubs in Seoul und steckte über 50 Personen an. Später wurde der Mann positiv auf das Coronavirus getestet.
Experten sprechen dabei von sogenannten Superspreader-Events, bei dem eine hochinfektiöse Person mehrere Personen auf einmal ansteckt. Ein britisches Forscherteam der London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM) hat nun das Phänomen unter die Lupe genommen und im Wissenschaftsmagazin «Science» veröffentlicht.
«Die meisten Menschen übertragen die Krankheit nicht»
Die britischen Forscher gehen davon aus, dass die Superspreader (auf Deutsch: Superverbreiter) eine weitaus grössere Bedeutung haben als bisher angenommen: Rund 10 Prozent der mit Corona-Infizierten würden über 80 Prozent der Neuinfektionen verursachen.
Somit würden viele Corona-Infizierte nie einen weiteren Menschen anstecken: «Die meisten Menschen übertragen die Krankheit nicht», sagt der leitende Forscher Adam Kucharski zu «Science».
Superspreader für zwei Tage besonders infektiös
Warum manche Menschen so viel ansteckender als andere sind, liesse sich aber nicht abschliessend klären. Eine mögliche Immunschwäche zumindest ist nur einer von vielen potenziellen Faktoren, so der Forscher.
Über die Verbreitung durch die Superspreader ist aber mehr bekannt: Es spricht vieles dafür, dass die Umgebung und der Zeitpunkt des Kontaktes eine grosse Rolle spielen. Kucharski dazu: «Zwei Tage später könnte sich diese Person auf die gleiche Weise verhalten, und Sie würden nicht das gleiche Ergebnis sehen.» Die Forscher glauben, dass Superspreader nur für einen kurzen Zeitraum besonders infektiös sind. (sib)