54 Menschen angesteckt, 5000 unter Verdacht
Partygänger (29) wirft Südkorea zurück in die Krise

Ein einziger Clubgänger lässt die Angst vor einer zweiten Corona-Welle in Südkorea steigen. Das Contact Tracing erweist sich für die Behörden als schwierig – weil sich manche um ihre Privatsphäre sorgen.
Publiziert: 11.05.2020 um 12:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2020 um 08:54 Uhr
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Die Clubs in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul müssen wieder schliessen.
Foto: keystone-sda.ch

54 Angesteckte, 5000 weitere Menschen stehen unter Corona-Verdacht. Ein einziger Partygänger in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ist der Ursprung des neuen Ausbruchs: Der 29-Jährige war nämlich in den vergangenen zwei Wochen in fünf Clubs unterwegs, berichtet das «Wall Street Journal».

Am Mittwoch wurde er positiv auf das Coronavirus getestet. Am selben Tag, als in Südkorea die Social-Distancing-Massnahmen gelockert wurden.

Angst vor zweiten Welle macht sich breit

Die neuen Corona-Fälle in Südkorea zeigen nach Tagen mit kaum Neuinfizierten wie schwer die Rückkehr zur Normalität ist – auch wenn die Zahlen weiterhin auf tiefem Niveau bleiben. Dabei gilt das Land eigentlich als Vorbild bezüglich der Pandemie-Politik. Trotz 51 Millionen Einwohnern hatte es sich nicht wie die USA und weite Teile Europas in einen Lockdown begeben.

Stattdessen setzt Südkorea auf aggressive Tests, digitale Kontaktverfolgung und die Bereitschaft vieler Menschen, zu Hause zu bleiben. Die Verwendung von Gesichtsmasken ist nach wie vor weit verbreitet. Dennoch warnt der südkoreanische Präsident Moon Jae In (67) vor einer zweiten Welle. Am Sonntag wies er in einer nationalen Ansprache auf das neue Cluster hin. «Es wird noch lange dauern, bis der Ausbruch von Covid-19 vollständig beendet ist», sagte Moon. «Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist.»

Seouls Bürgermeister verbietet Menschenmengen in Clubs

Am Samstag hat Seouls Bürgermeister Park Won Soon (64) die Schliessung von Clubs und Bars erlassen. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft, einschliesslich Geldstrafen. «Unachtsamkeit kann zu einer Explosion von Infektionen führen», so Park. «Die Anstrengungen der Bürger und des medizinischen Personals könnten sich in einem Augenblick in nichts auflösen.»

Die Behörden gingen im vorliegenden Fall jedoch nicht makellos vor. Die Clubs hatten zwar die Telefonnummern der Gäste notiert, aber nur rund ein Drittel war erreichbar. Sie vermuten, dass die Clubmitglieder ungenaue Angaben gemacht haben, berichtet das «Wall Street Journal» weiter.

Schwieriges Contact Tracing – wegen Homophobie?

Als der Fall des 29-jährigen Partygasts öffentlich wurde, berichteten südkoreanische Medien, dass er beliebte Schwulenclubs besuchte. Das könnte erklären, warum einige Clubgänger falsche Kontaktinformationen zur Verfügung stellten. In einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2017 landet Südkorea bei der Inklusivität von Homosexuellen und Transgender-Menschen unter 35 untersuchten Ländern auf dem viertletzten Platz.

Über den 29-Jährigen wurden auch private Informationen veröffentlicht – zum Beispiel sein Arbeitsort. Dafür wurden die Gesundheitsbehörden scharf kritisiert. Jung Eun Kyeong (55), Leiterin des Koreas Zentrum für Seuchenkontrolle (KZSK), entgegnete, dass persönliche Informationen so weit wie möglich geschützt würden. Jung merkte an: «Dies ist ein Kampf gegen die Zeit.» (szm)

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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