Darum gehts
Investor Taylor Schmidt (31) fordert, dass in der Chefetage von Vail Resort Köpfe rollen: Der US-Riese habe für die Skigebiete in Andermatt UR und Crans-Montana VS viel zu viel bezahlt, so sein Vorwurf. Für die Mehrheit in Andermatt hat Vail gut 155 Millionen US-Dollar auf den Tisch geblättert.
Bei einem operativen Gewinn von gerade Mal 2,6 Millionen Dollar, wie Schmidts Analyse zeigt. Der Kaufpreis ist das 60-fache davon, wie sein 88-seitiger Bericht aufzeigt, der Blick vorliegt. Branchenüblich wäre das 6- bis 12-Fache des operativen Gewinns.
Schmidt ist mit der von ihm gegründeten Investmentfirma Late Apex Partner (LAP) an Vail beteiligt. Er hat den Deal durchgerechnet. Für die Aktionäre ist er vernichtend. In Andermatt darf man sich aber dank Verkäufer Samih Sawiris (68) die Hände reiben. Der ägyptische Milliardär hält über seine Firma nach wie vor 40 Prozent an den Bahnen und hat den Millionensegen durch den Verkauf nicht in die eigene Tasche gesteckt. Der clevere Investor hat mit Vail vereinbart, dass der US-Konzern über 70 Prozent des Kaufpreises in die Destination investieren muss. Bringt Vail das bereits topmoderne Skigebiet weiter voran, steigt auch der Wert von Sawiris vielen Immobilienprojekten im Urner Tourismusort.
Alte Anlagen im Wallis
Der Destination Crans-Montana hat der alte Bergbahnbesitzer hingegen eine Bürde hinterlassen. Gemäss LAP-Bericht gab Vail knapp 141 Millionen Dollar für einen operativen Gewinn von 5 Millionen Dollar aus. Dabei klingelte einzig beim verkaufswilligen Vorbesitzer Radovan Vítek (54) die Kasse. Der tschechische Milliardär vernachlässigte die Investitionen ins Skigebiet viele Jahre lang.
Vail Resort kündigte 2023 an, in Crans-Montana innerhalb von fünf Jahren 30 Millionen Franken zu investieren. In diesem Jahr fliessen 4 Millionen Franken in die Beschneiung. Doch die neusten Transportanlagen am Berg sind rund zehn Jahre alt. Viele Lifte und Seilbahnen haben zwischen 30 und 60 Jahre auf dem Buckel. In der Branche reibt man sich die Augen. Der Tenor: Man hätte Vítek nicht mehr als einen symbolischen Franken bezahlen sollen. Denn der Investitionsbedarf im Skigebiet ist in den nächsten Jahren riesig.
Die Vail-Verantwortlichen weichen bei der Frage aus, ob man bei den zwei Schweizer Deals überrissene Preise bezahlt habe. «Wir sind überzeugt, dass sowohl Andermatt-Sedrun als auch Crans-Montana nach unserer Übernahme und Investition einzigartige Wachstumschancen haben», schreibt Medienchef John Plack (39) auf Anfrage.
Bei Investor Schmidt hört sich das Fazit zu den zwei Übernahmen alles andere als euphorisch an: Er schätzt, dass den Aktionären durch die Deals ein Kapitalverlust von rund 180 Millionen Dollar droht. «Wir finden es unverständlich, dass das Management seine Energie auf den Aufbau eines Imperiums konzentriert, während es in Nordamerika klare Anzeichen operativer Vernachlässigung gibt», führt er aus.
Hohe Investitionen ohne Ertrag
Vail ist mit Blick auf seine Wachstumszahlen unter Druck. Im letzten Jahr konnte der Umsatz nur dank Preiserhöhungen gesteigert werden. Die Epic-Pass-Verkäufe waren leicht rückläufig. Die Saisonkarte ist für Vails Geschäftsmodell zentral und bietet Zugang zu 42 eigenen Resorts plus ähnlich vielen Partnerskigebieten.
Für Vails Rentabilität stellen die beiden Schweizer Bergbahnen bis auf weiteres einen Bremsklotz dar. Dabei hat Vail jahrelang in Europa nach Übernahmekandidaten gesucht, damit der Konzern hier Marktanteile gewinnen kann. Schmidt hält diese Strategie für verfehlt. «Ich glaube, die beste langfristige Wachstumschance für Vail besteht darin, der führende Passpartner für Skigebiete weltweit zu werden. Vail-Konkurrent Alterra gelingt dies bereits erfolgreich, und Vail müsste noch viel lernen», sagt er.
Bei Vail hingegen wurden seit 2019 inklusive der zwei Schweizer Übernahmen rund zwei Milliarden Dollar in Resorts investiert. Trotzdem schaute unter dem Strich weniger Geld heraus, so die LAP-Analyse. Ein Blick auf die Börse zeige die Wahrheit, ist Schmidt überzeugt: «Der Aktienkurs ist letztendlich der entscheidende Erfolgsindikator.» Vails Börsenwert hat sich innerhalb von drei Jahren beinahe halbiert.
Vail hält an Strategie fest
Für Schmidt ist deshalb klar: «Die Probleme liegen beim aktuellen Management.» Er fordert unter anderem den Austausch von Vail-CEO Kirsten Lynch (54) und eine Fokussierung auf das Kundenerlebnis. Seine Kritik hat der aktive Investor bereits in zwei Briefen an die Konzern-Spitze zum Ausdruck gebracht.
Diese kontert: Die Geschäftsergebnisse würden zeigen, dass die Strategie funktioniert. Vail Resorts verfüge im Vergleich zu Mitbewerbern in der Reise- und Freizeitbranche über einen starken Cashflow, den man zuletzt deutlich steigern konnte.
Mit dem Fokus auf den Betrieb eigener Resorts habe Vail das Gästeerlebnis in der eigenen Hand. «Dank der Kundendaten, die wir als Mehrheitseigner besitzen, können wir besser und direkter in das Kundenerlebnis und die Resorts investieren», erklärt Medienchef Plack. So könne man Marketing, Kommunikation und Tagesgeschäft optimieren und die Gäste besser betreuen.
Die Fronten zwischen dem aktivistischen Investor Taylor Schmidt und Vail bleiben verhärtet. Es droht ein epischer Kampf um die Erfinder des Epic-Passes.