«Zu Spitzenzeiten wird es zu Verspätungen kommen»
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Jens Fehlinger (44):«Zu Spitzenzeiten wird es zu Verspätungen kommen»

Swiss-CEO Jens Fehlinger vor Sommerferien gefordert
«Unser Krisenstab trifft sich fast wöchentlich»

Kriege in mehreren Weltregionen, Probleme bei wichtigen Partnern und eine Rückkehr zu kurzfristigen Buchungen: Swiss-Chef Jens Fehlinger ist an allen Fronten gefordert. Er verspricht seinen Fluggästen Verbesserungen für die bevorstehende Sommer-Hochsaison.
Publiziert: 21.06.2025 um 00:58 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2025 um 18:38 Uhr
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Für Swiss-CEO Jens Fehlinger müsste der Tag mehr als 24 Stunden haben. Er ist aktuell an allen Fronten gefordert.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

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Seine Airline fliegt bis Ende Oktober nicht nach Tel Aviv – Beirut ist vorübergehend ausgesetzt. Nicht nur die eskalierende Nahost-Krise zwingt Swiss-Chef Jens Fehlinger (44) zu Flugstreichungen. Verbindungen nach Shanghai und in die USA fallen aus. Fehlinger ist an allen Fronten gefordert. Kurz vor dem Sommerferienstart empfängt er Blick in Kloten ZH. Und sagt, wie gut die Lufthansa-Tochter auf die Hochsaison vorbereitet ist.

Blick: Herr Fehlinger, haben Sie bei Amtsantritt mit derart vielen Problemen gerechnet?
Jens Fehlinger: Wir haben tatsächlich noch nie in so kurzer Zeit so viele Krisenherde gesehen, die unser Geschäft als global operierende Airline beeinflussen. Nahost, Ukraine, Pakistan: Das erfordert viel Zusatzaufwand.

Was heisst das konkret?
Wir haben im Schnitt fast wöchentlich einen Krisenstab, der tagt. Dieses Jahr waren es bisher schon 27 davon. Wir müssen auf die Krisen aktiv reagieren: Flugplananpassungen vornehmen, Frequenzen ändern und mehr. Das macht es für gewisse Routen schwierig, eine langfristige Planung anzulegen. Oberstes Ziel ist aber weiterhin, unseren Kunden einen stabilen Flugplan zu bieten.

Können Sie den Fluggästen in der Sommer-Hochsaison einen stabilen Flugplan garantieren?
Wir erwarten einen intensiven Sommer. Dafür haben wir uns gut vorbereitet. Wir haben die Umsteigezeiten angepasst. Das erlaubt unseren Gästen, auch bei leichter Verspätung knappe Anschlussflüge zu erreichen. Wir haben eine neue Rolle geschaffen, den «Turnaround-Manager». Dieser koordiniert und optimiert den Turnaround, also die Zeitspanne zwischen dem Ankommen eines Flugzeugs am Gate und dem Abflug. Wir sind im engen Austausch mit Systempartnern wie der Flugsicherung Skyguide, dem Flughafen Zürich oder dem Bodendienstleister Swissport. Was in unserer Macht steht, haben wir getan, damit in diesem Sommer alles besser klappt als in den letzten Jahren.

Die Koffer der Fluggäste kommen immer noch nicht so zuverlässig an, wie die Swiss es sich zur Vorgabe gemacht hat!
Wir haben die Prozesse mit unseren Partnern in Zürich überarbeitet, und der Flughafen hat in eine neue Gepäcksortieranlage investiert. Das hat Zeit gebraucht, bis alles rund lief, aber die Zahl der verspäteten Gepäckstücke hat sich in den vergangenen Monaten deutlich reduziert.

Bei der Unpünktlichkeit steht die Swiss stark in der Kritik. Wann wird das besser?
Bisher sind wir 4 bis 5 Prozent besser in der Pünktlichkeit als im Vorjahr. Wir trauen uns zu, dieses Jahr 70 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen. Unser Ziel sind langfristig aber 80 Prozent.

Inwiefern betrifft der Personalmangel bei der Flugsicherung Ihren Flugplan?
Die Schweiz liegt im Herzen Europas – ein klarer Vorteil. Von unserem Drehkreuz in Zürich aus erreichen unsere Flüge die wichtigsten europäischen Städte schnell. Gleichzeitig bringt die zentrale Lage Herausforderungen mit sich: Unsere Flugrouten führen oft durch stark genutzte Lufträume. Bei Streiks oder schlechtem Wetter kann es dort zu Einschränkungen kommen. Das tangiert unsere Flüge ganz direkt. Es kann dann leider zu Verspätungen kommen, auf die wir keinen Einfluss haben. Dieses Thema wird uns diesen Sommer wieder beschäftigen, aber wir rechnen trotzdem mit einer Verbesserung gegenüber den Vorjahren.

Persönlich: Jens Fehlinger

Der neue Swiss-CEO Jens Fehlinger (44) ist ausgebildeter Pilot und stammt aus Deutschland. Seit dem 1. Oktober 2024 steht er an der Spitze der Swiss. Fehlinger startete seine Karriere bei der Lufthansa-Gruppe als Pilot von A320-Maschinen, später wechselte er ins Management und leitete während der Corona-Pandemie den Krisenstab der Lufthansa-Gruppe. Fehlinger ist mit einer deutschen Biomedizinerin verheiratet, das Paar hat achtjährige Zwillingstöchter. Zum Ende des Schuljahrs zieht Fehlingers Familie in die Schweiz nach. Fehlinger sagt: «Meine Frau hat an der ETH geforscht, ich kenne die Schweiz auch privat seit Jahren.»

keystone-sda.ch

Der neue Swiss-CEO Jens Fehlinger (44) ist ausgebildeter Pilot und stammt aus Deutschland. Seit dem 1. Oktober 2024 steht er an der Spitze der Swiss. Fehlinger startete seine Karriere bei der Lufthansa-Gruppe als Pilot von A320-Maschinen, später wechselte er ins Management und leitete während der Corona-Pandemie den Krisenstab der Lufthansa-Gruppe. Fehlinger ist mit einer deutschen Biomedizinerin verheiratet, das Paar hat achtjährige Zwillingstöchter. Zum Ende des Schuljahrs zieht Fehlingers Familie in die Schweiz nach. Fehlinger sagt: «Meine Frau hat an der ETH geforscht, ich kenne die Schweiz auch privat seit Jahren.»

Welche Reiseregionen sind gefragt, wo gibt es Probleme?
Südeuropa ist stark gefragt, auf der Langstrecke Destinationen in Asien. Die Schliessung des iranischen Luftraums führt aber zu bis zu 30 Minuten längeren Flügen dorthin. Es gibt nun zwei Nadelöhre auf dem Weg nach Asien, über Zentralasien und über Saudi-Arabien, durch die alle anderen Fluggesellschaften auch durch müssen. Das hilft dem Asiengeschäft nicht. Eine Herausforderung ist auch die Schliessung des russischen Luftraums. Chinesische Airlines fliegen weiterhin über Russland, was ihnen Wettbewerbsvorteile verschafft, weil sie kürzere Flugzeiten bieten können und Geld sparen.

Nordamerika ist Ihr wichtigster Fernflugmarkt. Bricht dieser wegen der Trump-Regierung weg?
Im ersten Halbjahr hatten wir im Nordatlantikgeschäft ein Plus von 7 Prozent, also mehr Passagiere als im Vorjahr. Der Geschäftsreiseverkehr ist nach wie vor gut. Für das zweite Halbjahr spüren wir jedoch ein wenig Zurückhaltung bei Privatreisenden, langfristig zu buchen. Touristische Reisen in die USA werden nun kurzfristiger gebucht.

Wir hören von USA-Reisenden der letzten Wochen, dass sie in halb leeren Maschinen in die USA geflogen sind.
Unsere Flüge in die USA im April und Mai waren ähnlich gut gebucht wie im Vorjahr. Für den Sommer verzeichnen wir eine sehr gute Buchungslage, dennoch stehen für Kurzentschlossene weiterhin attraktive Angebote zur Verfügung.

Haben Sie folglich die USA-Billigflüge im Angebot, um die Auslastung zu erhöhen?
Die Preise sind nicht per se billiger geworden, vielmehr sind attraktive Angebote länger verfügbar. Mit dem attraktiven Dollarkurs ergeben sich so gute Gelegenheiten für Kurzfristbucher. Da hoffen wir auf einen Effekt.

Der Ölpreis steigt drastisch wegen des Nahostkonflikts, was Ihre Kosten ebenfalls hochtreibt. Rechnet sich das mit den Billigtickets?
Wenn der Ölpreis langfristig hoch bleibt, wird sich das in den Ticketpreisen widerspiegeln. Da sind wir noch nicht. In den vergangenen Wochen waren die Ölpreise eher tief. Fluggesellschaften sichern die Ölpreise teilweise über längere Zeitperioden ab, um sich vor solchen Schwankungen zu schützen.

Gibt es weitere Kostentreiber, die Einfluss auf Flugticketpreise haben?
Seit diesem Jahr sind die Flugsicherungsgebühren 50 Prozent höher. Ab nächstem Jahr müssen wir zudem pro Flug zwei Prozent nachhaltigen Treibstoff tanken, der bis zu fünfmal teurer ist als herkömmliches Kerosin. Das wird wohl preislich Spuren hinterlassen.

Pilotenmangel und fehlende Triebwerke: Die Swiss hat 1400 Flüge aus dem Sommerprogramm gecancelt. War das erst der Anfang?
Wichtig: Wir mussten nicht reduzieren, sondern konnten nicht wie gewünscht wachsen. Die Anpassungen machten wir bereits im Januar, um den Gästen Flugplanstabilität zu bieten. Weitere sind nicht geplant. Bei den Triebwerken müssen wir abwarten, bis deren Wartungszyklen durch sind und wir sie wieder erhalten. Das dauert länger als ursprünglich vom Hersteller angekündigt. Deshalb stehen Flugzeuge am Boden. Pilotinnen und Piloten bilden wir derzeit so viele aus wie möglich. Wir möchten eine niedrige dreistellige Zahl an Neuzugängen pro Jahr erreichen. Die
Bewerberzahlen geben das her, erfreulicherweise auch aus der Schweiz. Dazu müssen wir aber auch über die nötigen Ausbildungskapazitäten verfügen.

Dürfen Kunden ihrer Flugreise mit Swiss in der Sommer-Hochsaison entspannt entgegensehen?
Der Flugplan wird stabil bleiben. Die Swiss ist gut vorbereitet für alle Eventualitäten. Die Menschen wollen weiterhin reisen, gerade die Gen Z. Das können sie künftig komfortabler, denn wir erhalten bald den ersten fabrikneuen Airbus A350 mit der neuen Kabine.

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