Darum gehts
Carmen Steg machte eine Lehre als Fachfrau Betreuung in einem Wohnheim für Menschen mit Beeinträchtigung. Danach holte sie die Berufsmatura nach und studierte soziale Arbeit im Bachelor. Heute arbeitet sie als Sozialarbeiterin in einem städtischen Betrieb und macht nebenbei ihren Master.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Im März hat die 38-Jährige erfahren, dass sie Brustkrebs hat. Zu diesem Zeitpunkt war sie gerade mal zwei Wochen im neuen Job. Seither ist Steg, die in Wirklichkeit anders heisst, krankgeschrieben und muss eine Chemotherapie machen.
In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigt Steg ihren Kontoauszug und erzählt, wie sie mit ihrem Budget lebt. Wie viel Geld steht ihr zur Verfügung? Wofür gibt sie es aus?
Einnahmen
Bevor ich krank wurde, habe ich neben meinem Studium 50 Prozent gearbeitet und netto 3660 Franken verdient.
Nach der Diagnose begann umgehend die Chemotherapie. Die ersten drei Monate erhielt ich den vollen Lohn, die folgenden drei Monate 80 Prozent. Das sind 2900 Franken monatlich. Seit Oktober bekomme ich keinen Lohn mehr. Bisher halte ich mich mit dem Geld, das ich in den ersten drei Krankheitsmonaten noch auf die Seite legen konnte, über Wasser. Länger als einen Monat geht das aber nicht.
Ich hoffe, dass ich bald gesund werde und wieder arbeiten kann – zumindest in einem Teilpensum. Wenn nicht, muss ich Sozialhilfe beantragen. Ich bin im Moment gerade daran, das mit den Sozialversicherungen und den Ämtern aufzugleisen, für den Fall der Fälle. Es ist ziemlich anstrengend, selbst für mich als Sozialarbeiterin.
Ausgaben
Wohnen: Ich wohne seit vier Jahren in einer 2,5-Zimmer-Wohnung in der Altstadt von Schaffhausen. Es ist eine typische Altbauwohnung mit Stuckatur, sehr heimelig und charmant. Küche und Badzimmer sind entsprechend einfach ausgestattet. Für Miete und Nebenkosten zahle ich monatlich 1130 Franken.
Dazu kommen die Serafe-Gebühr von 335 Franken und die Stromkosten. Alle drei Monate erhalte ich eine Rechnung in der Höhe von 70 Franken.
Telefon, Internet und Abos: Internet zu Hause kostet 40 Franken jeden Monat, das Handyabo 24 Franken.
Ich habe kein TV-Abo, sondern schaue Serien auf meinem Laptop. Zurzeit habe ich ein Netflix-Abo und zahle monatlich 12 Franken dafür.
Versicherungen: Dieser Budgetposten ist sehr tief. Ich habe lediglich eine Privathaftpflichtversicherung. Die jährliche Prämie ist 76 Franken.
Ich hatte früher eine Reiseversicherung, aber da ich zurzeit nicht viel reise, habe ich sie wieder gekündigt.
Gesundheit: Eine Zusatzversicherung habe ich keine. Das ist mir zu teuer. Vor der Krebsdiagnose ging ich regelmässig in die Massage, aber darauf verzichte ich jetzt und spare monatlich 120 Franken.
Zum Entspannen und um den Kopf frei zu kriegen, mache ich Yoga und meditiere. Dafür nutze ich kostenlose Angebote auf Youtube.
Meine Grundversicherung kostet mich 446 Franken bei einer Franchise von 300 Franken. Zum Glück habe ich das schon vor meiner Diagnose so gewählt. Damals im Hinblick auf medizinische Untersuchungen, die anstanden.
Für Selbstbehalt und Franchise gebe ich jährlich 1000 Franken aus. Dazu kommen nochmals 22 Franken pro Monat für meine Kontaktlinsen und Linsenmittel.
Mobilität: Mein Job ist in Zürich, den Master mache ich in St. Gallen. Das bedeutet viel Zeit im Zug und im Bus. Ich nutze dafür ein Halbtax-Plus-Abo. Das Guthaben von 800 Franken sowie das Halbtaxabo für 170 Franken wurden Mitte dieses Jahres fällig. Weil ich das Geld nicht hatte, habe ich ein Gesuch bei der Stiftung SOS Beobachter gestellt. Ich freue mich sehr, dass die Stiftung die beiden Beträge jetzt tatsächlich zahlt. Das entlastet mich finanziell. Auch wenn ich zurzeit nicht pendeln muss, habe ich nun die Möglichkeit, Familie und Freunde zu besuchen. Vorausgesetzt, meine Gesundheit lässt es zu.
Ich habe ein Tourenvelo, es ist nicht mehr das neuste. Ich will, dass es in Schuss bleibt, und bringe es jedes Jahr in den Service. Dafür gebe ich jeweils 240 Franken aus.
Haushalt: Beim Einkaufen schaue ich nach günstigen oder heruntergesetzten Produkten. Dadurch landet auch mal ein Fisch auf meinem Teller, den ich sonst nicht gekauft hätte.
Während meiner Chemo hatte ich eine Geschmacksveränderung, vieles schmeckte metallisch oder fad, aber ich konnte trotzdem alles essen. Ich trinke keinen Alkohol mehr, das fühlt sich mit meiner Erkrankung einfach falsch an. Ich koche täglich selbst mit frischem Gemüse und Früchten, um meine Behandlung zu unterstützen und Nebenwirkungen besser zu kontrollieren.
Insgesamt habe ich ein Budget von 700 Franken für Lebensmittel und Haushalt. Ich versuche, das gut über den Monat zu verteilen.
Für Körperpflege und Kosmetik gebe ich im Monat etwa 20 Franken aus, vor allem für Bodylotion. Meine Haut braucht durch die Therapie besonders viel Pflege. Zum Coiffeur gehe ich momentan nicht, weil ich durch die Behandlung keine Haare habe. Sie wachsen erst langsam wieder nach, bisher gerade mal ein paar Millimeter.
Verpflegung ausser Haus: Ich gehe gern mit einer Freundin oder einem Freund ins Restaurant oder ins Café, oft für etwas Besonderes wie Sushi, das ich mir selber nicht koche. Das mache ich zurzeit aber nur einmal pro Monat und gebe dafür rund 50 Franken aus. Früher waren es bis zu 200 Franken monatlich.
Wenn das Geld knapp ist, kann ich diesen Posten gut reduzieren, zum Beispiel mit günstigen Angeboten über die App «Too Good To Go» oder indem ich ganz darauf verzichte.
Kleidung und Schuhe: Ich habe kein Bedürfnis, jeden Monat Neues zu kaufen. Dieses Jahr habe ich mir einzig neue Jeans für 140 Franken gekauft. Die trage ich nun wieder ein paar Jahre. Dazu kommen vielleicht noch neue Winterschuhe.
Es fällt mir nicht schwer, beim Shoppen aufs Geld zu schauen. Ich schätze, momentan gebe ich für die zwei, drei Sachen pro Jahr zwischen 200 und 300 Franken aus.
Freizeit: Durch meine Krankheit habe ich auf einmal viel freie Zeit, meistens bin ich aber sehr erschöpft. Trotzdem ist es ein grosses Thema für mich, wie ich mich sinnvoll beschäftige.
Ich habe Schnitzen, Malen und Nähen entdeckt. Eine Nähmaschine und einen Grundstock an Fäden und Farben hatte ich schon zu Hause. Den Rest habe ich mir günstig auf Tutti oder im Brockenhaus gekauft. Für Material gebe ich monatlich 5 Franken aus.
Verbandsbeiträge, Mitgliedschaften: Mit 30 Franken pro Jahr unterstütze ich den Altstadtverein Schaffhausen. So bleibe ich über das Quartier und anstehende Anlässe informiert.
Ausserdem bin ich Mitglied bei der SP Schaffhausen und zahle den Parteibeitrag. Der Mitgliedsbeitrag variiert je nach Einkommen, letztes Jahr habe ich 400 Franken gezahlt, dieses Jahr werde ich voraussichtlich etwas weniger einzahlen. Ich rechne mit 200 Franken.
Zeitungen, Zeitschriften: Ich lese die «WOZ». Früher im Zug, am Abend oder an den Wochenenden. Die Zeitung unterstützt mich dabei, informiert zu bleiben und mich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Studierende haben einen reduzierten Preis, 15 Franken pro Monat.
Geschenke: Ich gebe, über den Daumen gerechnet, im Jahr 180 Franken für Geschenke aus.
Wenn das Geld knapp wird, kann ich diesen Betrag auch reduzieren. Wichtig ist mir, dass ich meinem Gottemeitli zum Geburtstag etwas schenke oder ihr mit einem Adventskalender eine Freude bereite.
Ferien und Ausflüge: Im Moment haben Ferien für mich keine Priorität. Zum einen wegen meiner Krankheit, zum anderen aus finanziellen Gründen.
Teure Hotels oder Wellnessferien haben mich aber noch nie angesprochen. Ich mag einfache Dinge wie Velotouren oder ein paar ruhige Tage in der Natur.
Anfang Jahr war ich mit Freunden ein paar Tage in den Bergen und kürzlich ein Wochenende in der Westschweiz. Das hat mich insgesamt 400 Franken gekostet.
Spenden: Ich spende ungefähr 200 Franken im Jahr. Es kann mal mehr, mal weniger sein und für unterschiedliche Dinge. Mal an Beratungsstellen für Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind, mal für Schweizer Wanderwege oder für Public Eye, eine NGO, die sich weltweit für Menschenrechte einsetzt.
Steuern: Im letzten Jahr habe ich 3960 Franken Steuern gezahlt. Das wird dieses Jahr nicht so viel sein, weil ich deutlich weniger verdient habe. Ich habe das der Steuerverwaltung bereits gemeldet, dass sie mich nicht zu hoch veranschlagt.
Ich lege sicherheitshalber jeden Monat 240 Franken auf die Seite.
Altersvorsorge: Ich habe noch nie in die Säule 3a eingezahlt. Entweder hatte ich das Geld nicht, weil ich studiert habe, oder ich habe es lieber für Reisen ausgegeben.
Sparen und Vermögen: Mein Budget zeigt ein Defizit von 80 Franken pro Monat. Tatsächlich lebe ich aber nicht über meine Verhältnisse. Wenn das Geld auf dem Konto knapp wird, schränke ich mich ein. Schulden mache ich keine.
Ich zahle fixe Beträge und jongliere danach mit dem, was übrig bleibt. Geschenke, Kleider und Ferien sind Ausgabeposten, bei denen ich Spielraum habe. Mein Sparkonto ist leer.
Mein grösster Luxus
Mein Tourenvelo. Es hat 5000 Franken gekostet. Damit bin ich ein halbes Jahr durch Europa gefahren. Für diese Auszeit habe ich 16’000 Franken ausgegeben. Ich bereue sie keine Sekunde. Das war pure Freiheit.
So fühle ich mich
Mein Budget ist sehr knapp, aber ich komme zurecht. Trotz meinem eher geringen Einkommen muss ich mir im Alltag nicht ständig überlegen, wo ich mich einschränken muss. Das gibt mir ein Gefühl von Selbstbestimmung.
Natürlich wäre es finanziell entspannter, wenn ich mehr Geld auf meinem Sparkonto hätte. Aber ich habe mich bewusst dafür entschieden, weniger zu arbeiten und in meine Ausbildung zu investieren. Und wenn Geld übrig bleibt, gebe ich es bewusst und gern für Reisen aus.
Aufgezeichnet von Katrin Reichmuth.
Hier finden Sie die bisherigen Folgen der Rubrik «Die Abrechnung».