Darum gehts
Keine Aufforderung «Beeil dich!» mehr. Und auch kein Glücksrad, mit dem man sich Rabatte erspielen kann. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) setzt den Marketingmethoden von Temu Grenzen.
Der chinesische Onlinehändler ist seit rund zwei Jahren in der Schweiz aktiv und bereits ein wichtiger Player im Onlinehandel. Nach Schätzungen des auf E-Commerce spezialisierten Beratungsunternehmens Carpathia erzielte Temu mit seinen Billigprodukten aus China 2024 in der Schweiz einen Umsatz von 700 Millionen Franken.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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«Sie müssen etwas unternehmen!»
Neben den tiefen Preisen dürften die aggressiven Marketingmethoden ein Grund für den Erfolg sein. So warb Temu bisher beispielsweise mit dem Slogan «Fast ausverkauft!» selbst dann, wenn noch bis zu 199 Stück eines Artikels an Lager waren. Der Beobachter warnte schon mehrfach vor solchen Methoden, die mit sogenannter künstlicher Verknappung agieren.
Neu verpflichtet sich Temu, diesen Hinweis nur noch einzusetzen, wenn der Lagerbestand tatsächlich tief ist. Das zumindest verspricht die Firma Whaleco Technology, die die Temu-Plattform in der Schweiz betreibt. Auch Formulierungen wie «Blitzangebote» oder «Sie müssen etwas unternehmen, sonst ist Ihr Favorit ausverkauft» sollen künftig nicht mehr in Mails des Onlinehändlers auftauchen.
Detailhandelsverband zufrieden
Temu schätze den guten Austausch mit dem Seco und begrüsse das erzielte Ergebnis, erklärt ein Sprecher des Konzerns. Man konzentriere sich weiterhin darauf, «unseren Kunden ein positives Einkaufserlebnis zu bieten und strenge Standards für den Verbraucherschutz aufrechtzuerhalten».
Angestossen hat das Verfahren beim Seco die Swiss Retail Federation, der Verband der Detailhandelsunternehmen. Sie zeigt sich mit der von Whaleco unterzeichneten Unterlassungserklärung zufrieden. Damit sei «ein erster wichtiger Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen für den Schweizer Detailhandel» getan, schreibt sie in einer Mitteilung.
Konsumentenschutz ist skeptisch
Kritischer sieht das der Konsumentenschutz: «Solche Interventionen sind nicht sinnvoll», sagt Livia Kunz, Leiterin Recht. «Sie sollten alle Anbieter betreffen und nicht bloss Temu.»
Die getroffene Vereinbarung greife ausserdem zu kurz, denn Temu setze weiterhin auf manipulative Verkaufsstrategien, die psychologischen Druck auf Konsumentinnen und Konsumenten ausübten – etwa durch Gamification-Elemente wie fingierte Gewinnspiele, die mit 100-prozentiger Gewinnchance arbeiten: «Neu wird statt des bisherigen Glücksrads ein Hütchenspiel eingesetzt – eine Spielerei, die das Kaufverhalten weiterhin beeinflussen soll.»
Kritik an nicht eingehaltenen Standards
Seit es sie gibt, stehen chinesische Onlineplattformen in der Kritik von Branchen- und Konsumentenorganisationen. Unter anderem beanstandet der Verband Swiss Textiles, Textilwaren ausländischer Internethändler entsprächen teilweise nicht den Schweizer Produktsicherheitsstandards, und es kämen auch gefälschte Produkte in die Schweiz. Der Konsumentenschutz seinerseits warnt vor Zusatzkosten, die für Konsumentinnen und Konsumenten durch Zollabgaben und Bearbeitungsgebühren entstehen.
Für ausländische Onlinehändler könnte das Geschäft in der Schweiz in Zukunft schwieriger werden. Im Parlament sind verschiedene Vorstösse aus mehreren Parteien hängig. Sie fordern unter anderem, dass sich ausländische Anbieter an Schweizer Gesetze und Sicherheitsstandards für Produkte halten müssen.