Die 56-jährige Monika Girard ist gelernte Schneiderin. Sie hat jung geheiratet, wollte weg von zu Hause. Später arbeitete sie in einer Klebebandfabrik, als Putzkraft und im Altersheim.
Heute ist Girard, die in Wirklichkeit anders heisst, Rentnerin und lebt von der IV-Rente und Ergänzungsleistungen (EL). Sie leidet an einer psychischen Krankheit. Vom Zusammenbruch bis zum definitiven IV-Entscheid vergingen fünf Jahre. Dazwischen lagen etliche Klinikbesuche und Versuche, wieder eine Arbeit aufzunehmen.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Girard ist verwitwet und lebt in St. Gallen. Alles, was mit Papierkram und Internet zu tun hat, erledigt sie zusammen mit einer Freundin.
In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigt Girard ihren Kontoauszug und erzählt, wie sie mit ihrem Budget lebt. Wie viel Geld steht ihr zur Verfügung? Wofür gibt sie es aus?
Einnahmen
Ich bekomme eine ganze IV-Rente und einen Verwitwetenzuschlag, das sind monatlich 2330 Franken. Zusätzlich erhalte ich pro Monat 810 Franken Ergänzungsleistungen, um meine Lebenskosten zu decken.
Insgesamt stehen mir also jeden Monat 3140 Franken zur Verfügung.
Ausgaben
Wohnen: Seit acht Jahren wohne ich in einer 2,5-Zimmer-Wohnung mit Balkon. Die Wohnung ist in einem sehr guten Zustand und befindet sich neben dem Wald. Eigentümerin ist eine Stiftung. Ich bin sehr zufrieden. Wenn es ein Problem gibt, kommt sofort jemand vorbei.
Ich zahle für die Wohnung monatlich 1570 Franken inklusive Nebenkosten.
Dazu kommen die Stromkosten vom externen Elektrizitätswerk. Viermal im Jahr erhalte ich eine Rechnung in der Höhe von 135 Franken. Als EL-Bezügerin bin ich von der Serafe-Gebühr befreit.
Telefon, TV und Internet: Mein Handyabo kostet mich monatlich 22 Franken. Teurer ist das Kombiabo für Fernsehen und Internet. Dafür zahle ich jeden Monat 69 Franken.
Bisher hat immer alles einwandfrei funktioniert. Deshalb nehme ich den hohen Preis in Kauf. Wenn etwas technisch nicht funktioniert, komme ich sofort an meine Grenzen.
Versicherungen: Ich habe eine Hausrat- und eine Haftpflichtversicherung. Beide Policen habe ich schon lange und zahle jährlich 290 Franken.
Zusätzlich habe ich eine Rechtsschutzversicherung. Die Prämie beträgt jährlich 200 Franken. Das lohnt sich für mich, weil mich ein Rechtsstreit schnell überfordert. Ich hatte vor Jahren einen Streit mit meinem alten Vermieter und war sehr froh, dass ich den Fall meiner Rechtsschutzversicherung übergeben konnte.
Gesundheit: Meine Krankenkassenprämien für die Grundversicherung betragen 470 Franken. Sie werden von den EL übernommen, der Betrag wird direkt an die Krankenkasse überwiesen. Der Posten Gesundheit ist in meinem Budget darum sehr klein.
Wenn ich zum Psychologen gehe, kann ich die Rechnung bei den EL einreichen, dort übernimmt man den Selbstbehalt von 10 Prozent und auch die Franchise, falls sie noch nicht aufgebraucht ist. Meine Gemeinde übernimmt auch die jährliche Dentalhygiene.
Die Zusatzversicherung übernehmen die EL nicht. Die monatliche Prämie von 35 Franken zahle ich aus dem eigenen Sack, weil sie zum Teil die alternativen Therapien bezahlt. Das habe ich in der Vergangenheit auch schon ausprobiert, zurzeit mache ich das aber nicht.
Mobilität: Ich habe keinen Führerausweis. Entweder bin ich zu Fuss unterwegs oder mit Bus und Zug. Der grösste Posten ist der monatliche Altersheimbesuch bei meiner Schwester im Kanton Graubünden. Die Reise mit dem Halbtax kostet 70 Franken. Dazu kommen noch Kosten fürs Halbtaxabo, fürs Einkaufen und für andere Besuche. Bis vor einem Monat habe ich für ÖV-Billette ungefähr 170 Franken pro Monat ausgegeben.
Eine Freundin hat mich jedoch ermutigt, ein Gesuch bei der Stiftung SOS Beobachter für ein GA für Menschen mit IV einzureichen. Und tatsächlich: Sie bezahlt mir ein solches Abo im Wert von 2600 Franken im Jahr.
Haushalt: Hier sind meine Ausgaben unterschiedlich gross. Manchmal sind es 450 Franken, manchmal 500 Franken. Wenn es mir nicht gut geht, esse ich mehr. Es kommt aber auch darauf an, was sonst noch für Ausgaben anfallen. Denn beim Einkaufen kann ich an der Sparschraube drehen. Wenn also Ende Monat fast kein Geld mehr auf dem Konto ist, kaufe ich nur noch Kichererbsen oder Linsen. Das sind günstige und auch gesunde Lebensmittel.
Ich bin ein Migros-Kind und kaufe die meisten Lebensmittel dort ein. Fleisch esse ich nicht, frisches Gemüse liebe ich. Am liebsten würde ich es direkt auf dem Markt kaufen. Manchmal gönne ich mir das, meistens liegt es aber nicht drin.
Alle zwei Monate gehe ich zum Coiffeur. Für Schneiden und Föhnen zahle ich 75 Franken. Ich habe eine empfindliche Haut und muss immer mal wieder zur Gesichtspflege. Das kostet mich 100 Franken. Weil ich zuckerkrank bin, habe ich Probleme mit den Füssen und muss darum jeden zweiten Monat zur medizinischen Fusspflege. Das kostet jeweils 120 Franken.
Verpflegung ausser Haus: Nach meiner monatlichen Therapiesitzung gönne ich mir jeweils einen Kaffee und etwas Süsses in der Bäckerei. Das ist mein Ritual, und dafür zahle ich ungefähr 20 Franken.
Jedes zweite Mal nach dem Einkaufen setze ich mich ins Migros-Restaurant und kaufe mir eine Portion Pommes und ein Getränk. Dafür gebe ich ungefähr 30 Franken monatlich aus.
Hin und wieder lädt mich mein Bruder zum Pizzaessen ein. Ansonsten gehe ich nie in ein Restaurant.
Kleidung und Schuhe: Bei den Kleidern bin ich sehr preissensitiv. Ich schaue, was heruntergesetzt ist, und ändere das Kleidungsstück, wenn nötig, ab. Schliesslich kann ich das als gelernte Schneiderin.
Bei den Schuhen ist es anders. Ich habe Probleme mit den Füssen. Deshalb brauche ich gutes Schuhwerk, das mir Halt gibt. Solche Schuhe sind meistens etwas teurer. Im Winter habe ich mir ein Paar Schuhe für 200 Franken gekauft. Die werde ich bestimmt wieder drei Saisons tragen. Im Sommer habe ich mir Wanderschuhe gekauft, weil die alten kaputtgingen. Die haben ebenfalls 200 Franken gekostet.
Auch wenn ich nicht viel kaufe, läppert sich dieser Budgetposten. Ich schätze, dass ich ungefähr 600 Franken pro Jahr für Kleider und Schuhe ausgebe.
Freizeit: Vor zwei Jahren hatte ich noch einen Hund und musste täglich raus auf einen Spaziergang. Eigentlich hätte ich gern wieder einen, aber die Kosten für ein Tier sind einfach sehr hoch, besonders wenn es mal krank wird. Zum Glück kann ich den Hund meiner Kollegin ab und zu hüten. Das ist eine schöne Abwechslung.
Ansonsten bastle und häkle ich gern. Für Material gebe ich monatlich ungefähr 20 Franken aus.
Ferien und Ausflüge: Meine letzten Ferien waren vor 21 Jahren. Damals ging ich mit meinem Mann eine Woche nach Italien.
Heute, als IV-Rentnerin, die nicht arbeiten kann, sind Ferien für mich etwas anderes. Ich geniesse es, mit dem Zug nach Basel oder Bern zu fahren und dort in einer Jugendherberge zu übernachten. Eine Nacht kostet ungefähr 50 Franken, obendrauf kommt noch eine Take-away-Pizza für 20 Franken. So einen Ausflug mit einer oder auch mal zwei Übernachtungen kann ich mir jetzt leisten, weil ich dank dem GA gratis Zug fahre.
Spenden: Ab und zu spende ich der Stiftung Vier Pfoten. Vielleicht zweimal pro Jahr 40 Franken.
Altersvorsorge: Das überlege ich mir nicht. Ich habe noch nie in die dritte Säule eingezahlt, und seit ich nicht mehr arbeite, darf ich nicht mehr einzahlen.
Steuern: Ich lege jeden Monat 206 Franken auf die Seite. Sobald die provisorische Steuerrechnung kommt, beginne ich einzuzahlen. Dieses Jahr betrug sie 2476 Franken.
Sparen und Vermögen: Gemäss meinem Budget bleiben mir Ende Monat 470 Franken übrig. Das ist so, weil ich durch das GA nun 170 Franken einspare. Die restlichen 300 Franken kann ich nicht wirklich auf die Seite legen. Es gibt immer etwas, was ich nicht im Budget einkalkuliert habe und Geld kostet, beispielsweise eine kaputte Pfanne oder neue Bettwäsche.
Als mein Mann vor 20 Jahren gestorben ist, habe ich nichts geerbt. Ich war froh, dass ich keine Schulden übernehmen musste.
Mein grösster Luxus
Mein grösster Luxus waren mein Hund und meine Katze. Beide sind vor zwei Jahren gestorben. Monatlich gab ich rund 100 Franken für Futter aus, dazu kamen jährliche Impfkosten von etwa 100 Franken. Gegen Ende stiegen die Ausgaben stark an, vor allem wegen Tierarztbesuchen, Blutuntersuchungen und Röntgenaufnahmen, die über 1000 Franken kosteten. Zum Glück unterstützten mich Bekannte finanziell in dieser Zeit. Meine Tiere bedeuteten mir sehr viel.
Heute sind meine Schuhe mein grösster Luxus.
So fühle ich mich
Ich habe wenig Geld, aber ich jammere nicht. Denn ich bin dankbar für das, was ich habe: eine Wohnung, Unterstützung und ein Dach über dem Kopf.
Ich lebe von Tag zu Tag. Weiter als bis morgen kann ich nicht denken, weil ich nie weiss, wie es mir gehen wird. Auch an sonnigen Tagen fällt das Aufstehen manchmal schwer, und selbst der Haushalt ist nur in kleinen Schritten machbar. Ein Zimmer pro Tag, mehr liegt nicht drin.
Reisen ist für mich kein Thema, schöne Orte wie die Amalfiküste sehe ich nur im Fernsehen, und das reicht mir. Mit dem Generalabo der SBB habe ich nun ein Stück Freiheit und kann die Schweiz erkunden.