Passagiere bleiben links liegen
Mit diesen Tricks wollen Airlines Entschädigungen umgehen

Passagiere erhalten bei Annullationen und Verspätungen oft keine Entschädigung – obwohl sie ihnen zusteht. Jurist Simon Sommer verrät die gängigen Taktiken der Airlines.
Publiziert: 11.06.2025 um 11:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2025 um 12:06 Uhr
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Bei Flugannullationen und Verspätungen steht Passagieren eine Entschädigung zu.
Foto: Keystone

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Tina Berg
Beobachter

«Einige Airlines versuchen sich besonders dreist vor ihren Pflichten zu drücken», sagt Simon Sommer. Er ist Jurist bei Cancelled.ch und setzt tagtäglich die Ansprüche von Passagieren gegenüber Airlines durch. Nach der EU-Fluggastrechteverordnung, die auch in der Schweiz gilt, sind diese nämlich bei Verspätungen oder Annullationen oft dazu verpflichtet, effektiv entstandene Mehrkosten (etwa für Hotels) zurückzuerstatten und Entschädigungen zu leisten.

Das sind laut Simon Sommer typische Tricks, mit denen Airlines versuchen, ihre Pflichten zu umgehen:

Die Verwirrer

Das sind Airlines, die mit unübersichtlichen oder missverständlichen Prozessen arbeiten und so die Leute verwirren. Sommer nennt als Beispiel die Swiss.

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Auf deren Website sind in einem einzigen Formular die Anträge für Entschädigungen mit denjenigen für Rückerstattung von Mehrkosten vermischt. Fülle man dieses Formular korrekt aus, erhalte man nicht selten nur eine pauschale Rückmeldung – entweder zur Entschädigung oder zu den Mehrkosten. Dass aber zum Beispiel Mehrkosten geschuldet sind, auch wenn es keine Entschädigungen gibt, darauf weise die Airline nicht hin. Das sei problematisch, sagt Sommer.

Die Swiss schreibt auf Anfrage, man erfülle die Pflichten bei der Anzeige der Passagierrechte.

Die Ungenauen

Unpräzis oder falsch auf Gerichtsurteile verweisen: Das macht gemäss Simon Sommer zum Beispiel Edelweiss Air. Regelmässig lehne die Fluggesellschaft Kompensationsforderungen mit der Begründung ab, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für Schweizer Gerichte nicht bindend seien.

Das stimmt zwar, betrifft laut Sommer aber nur einen Teil der Fälle: «Der generelle Verweis darauf, dass EuGH-Urteile bei Flügen zwischen der Schweiz und der EU nicht gelten, ist absurd.» In solchen Fällen sei ja einer der Flughäfen im EU-Raum, also komme das EU-Recht uneingeschränkt zur Anwendung. «Der Irrsinn ist, dass Herr und Frau Schweizer ihre Rechte wegen der Weigerung von Edelweiss dann zum Beispiel in Spanien einklagen müssen – und das machen die wenigsten, zumindest nicht ohne Hilfe von Dritten.»

Auf Anfrage wiederholt Edelweiss, dass ausländische Rechtsprechung für die Schweiz nicht verbindlich sei. Man halte sich an geltendes Recht und prüfe Forderungen im Einzelfall.

Die Unerreichbaren

Simon Sommer sagt, viele Airlines reagierten auf Forderungen schlicht nicht, beantworteten keine Mails oder Briefe. «Besonders kleinere Airlines verhalten sich so, wie GP Aviation, eine Airline mit engem Bezug zur Schweiz. Doch auch grössere Anbieter greifen vereinzelt zu dieser Taktik, sei es aus Kalkül oder wegen interner Überlastung.» Passagieren bleibe nichts anderes übrig, als über Monate immer wieder nachzufassen oder rechtliche Schritte einzuleiten.

GP Aviation weist auf Anfrage den Vorwurf, sie reagiere systematisch nicht auf Entschädigungsforderungen, entschieden zurück. Das Kundenteam bearbeite jede berechtigte Anfrage nach den gesetzlichen Vorgaben. Verzögerungen könnten in Ausnahmefällen auftreten.

Die vermeintlich Einsichtigen

Dazu zählt Simon Sommer Airlines, die positiv auf Forderungen reagieren, jedenfalls auf den ersten Blick. Häufig werde der Anspruch rasch anerkannt und schriftlich zugesichert. Aber die tatsächliche Zahlung lasse dann Monate oder Jahre auf sich warten. Als Beispiele nennt Sommer Corendon Airlines und Cyprus Airways.

Corendon reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf die Fragen. Cyprus Airways sagt, man sei bestrebt, die Entschädigungsansprüche so schnell wie möglich zu bearbeiten. Manchmal komme es leider zu Verzögerungen.

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