Nach Kritik an Riesensumme für Holcim-Präsident
Die versteckten Millionen-Boni der Schweizer Konzernchefs

Jan Jenisch, VR-Präsident von Holcim, soll gemäss Ethos 2024 viel mehr für seine Dienst erhalten haben, als angenommen. Auch bei der UBS oder Roche liegen die Vergütungen in der Chefetage deutlich höher, als den Geschäftsberichten zu entnehmen ist.
Publiziert: 09.05.2025 um 20:47 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2025 um 14:18 Uhr
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UBS-CEO Sergio Ermotti und die übrigen Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder profitieren bei ihren Boni von unterbewerteten Aktienpaketen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Jan Jenisch erhielt 48 Millionen Franken, kritisiert Ethos-Stiftung
  • Aktienpakete oft unter Marktwert bewertet, führt zu höheren Vergütungen
  • Auch bei UBS-CEO Ermotti werden Aktienpakete unterbewertet
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Jan Jenisch (59), VR-Präsident von Holcim, hat im letzten Jahr gemäss Ethos 48 Millionen Franken erhalten, kritisiert die auf nachhaltige Anlagen spezialisierte Stiftung. Darin enthalten ist auch sein Lohn als CEO des Baustoffproduzenten. Den Posten hatte er bis April 2024 inne.

Im Geschäftsbericht wies Holcim einen Lohn von 5,1 Millionen Franken aus. Der Hauptgrund für die hohe Differenz sind gemäss Ethos in der Vergangenheit zugeteilte Aktien und Aktienoptionen. So soll ein Aktienpaket aus dem März 2020 nach einer Leistungsperiode von 2020 bis 2024 heute 36,6 Millionen Franken wert sein.

Ein Holcim-Sprecher weist die Ethos-Berechnungen zurück: «Der Wert dieses Optionsprogramms wurde von Ethos falsch dargestellt, da es sich um ein rollierendes Fünfjahresprogramm handelt, das die Rekordleistung über einen Zeitraum von fünf Jahren widerspiegelt und keine jährliche Vergütung darstellt», sagte er zur Nachrichtenagentur AWP. Der Fall zeigt jedoch, dass Schweizer CEOs und Verwaltungsratsmitglieder dank ihren Aktienpaketen über die Jahre oft viel mehr verdienen, als in den Geschäftsberichten der Unternehmen ausgewiesen wird.

Auch bei UBS-Geschäftsführung könnte es mehr werden

Denn die Unternehmen bewerten Aktien und Optionen als Teil der variablen Vergütung oft deutlich unter Marktwert. Da diese Vergütungspakete meist für mehrere Jahre blockiert sind, fällt ihr Wert im Fall eines steigenden Aktienkurses bei der tatsächlichen Übertragung teilweise deutlich höher aus.

So erhielt UBS-CEO Sergio Ermotti (64) 2023 für neun Monate Arbeit 14,4 Millionen Franken. Er kehrte auf Anfang April zur Grossbank zurück. Wären die im Vergütungspaket enthaltenen Aktien zu ihrem tatsächlichen Wert bewertet worden, wären es gemäss Ethos aber sogar 18,4 Millionen Franken gewesen.

Ethos kritisierte damals, dass die Aktien völlig willkürlich mit nur 50 Prozent ihres Wertes am Tag der Zuteilung bewertet wurden. Im Vorjahr wären sie von einem unabhängigen Unternehmen immerhin noch mit 71,5 Prozent ihres Kurses in die Vergütung eingeflossen.

Das sagt die UBS*

Die UBS teilt mit, dass 80 Prozent der variablen Vergütung aufgeschoben sind und während bis zu fünf Jahren dem Verfallsrisiko unterliegen. Das bedeute, dass 80 Prozent der variablen Vergütung gefährdet ist und im Extremfall auch Null betragen könnte. Dieser Vergütungsansatz stimme die Interessen ihrer Mitarbeitenden mit jenen ihrer Aktionäre ab und verknüpfe die Vergütung angemessen mit einer längerfristigen, nachhaltigen Performance des Unternehmens.

Der endgültige Wert der aktienbasierten Vergütung hängt von festgelegten Performance-Bedingungen sowie von der Entwicklung des Aktienkurses ab.

Diee UBS bestreitet auch, dass die Bewertung der Aktien willkürlich geschieht. Die Bank arbeitet auch hier mit unabhängigen Beratungsfirmen in Vergütungsangelegenheiten zusammen. Man ziehe hierfür externe Berater hinzu. 12,1 Millionen von Ermottis letztjährigem Salär waren zudem variabel. Die Hälfte davon in Form von aufgeschobenen Aktienvergütungen, die an Zielvereinbarungen gekoppelt sind.

Fürs Jahr 2024 erhielt Ermotti einen Jahreslohn von 14,9 Millionen Franken. Da vorgängig über eine deutlich höhere Vergütung spekuliert wurde, gabs für den UBS-Chef in den Medien Lob. Die hohen Löhne bei Banken sind auch im Parlament ein heisses Thema. Die UBS vermied es, mit Ermottis Lohn erneut Öl ins Feuer zu giessen. Doch die Bank legte gemäss Ethos den Marktwert der langfristig orientierten Aktienzuteilung nicht offen.

Bei Roche könnten Cheflöhne ebenfalls höher ausfallen

Auch der VR-Präsident von Roche, Severin Schwan (57), profitiert bei seinem Aktienpaket von einer Unterbewertung. Von seinen 5,7 Millionen Franken fürs Jahr 2024 entfallen knapp zwei Millionen Franken auf Aktien, die nur zu 55,8 Prozent des Marktwerts bewertet wurden, wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist. Ansonsten wäre seine Vergütung um rund 1,5 Millionen Franken höher ausgefallen. Schwan war 15 Jahre lang CEO von Roche und hält Konzernaktien im Wert von 65 Millionen Franken sowie Unmengen an Optionen aus seiner Zeit als CEO.

Sein Nachfolger CEO Thomas Schinecker erhielt im letzten Jahr 10 Millionen Franken. Darin enthalten sind unter anderem auf zehn Jahre blockierte Aktien für 744'000 Franken, die um knapp 600'000 Franken zu tief bewertet wurden. Auch seine Aktienoptionen wurden um rund 800'000 Franken tiefer bewertet. Roche begründet die Bewertung im Bericht damit, dass die Aktien auf zehn Jahre blockiert sind und das einer Wertminderung gleichkommt. Die Optionen sind für eine Dauer von vier Jahren blockiert.

Transparenter zeigt sich hier der Schweizer Nahrungsmittelriese Nestlé: Dort erhielt CEO Mark Schneider bis zu seinem Abgang Ende August 2024 9,6 Millionen Franken. Die Aktienpakete an die Geschäftsleitung fliessen zum Marktwert in die Vergütung ein.

Der Schweizer Top-Verdiener, Novartis-CEO Vas Narasimhan (48), erhielt fürs Jahr 19,2 Millionen Franken. Wobei sein grosses Aktienpaket gemäss Geschäftsbericht zum Marktwert bewertet wurde.

*Die Stellungnahme der UBS wurde nachträglich ergänzt

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