Darum gehts
- Streik am Flughafen Zürich: Die AAS-Angestellte wollen einen fairen Sozialplan
- Die Zusammenarbeit mit Goldair ist geplatzt – nun droht das Aus am Flughafen Zürich
- 220 AAS-Angestellte in Zürich sind betroffen
Bis jetzt ohne Flugausfälle – trotz Streik!
Der Warnstreik der Mitarbeitenden des Bodendienstleisters Airline Assistance Switzerland (AAS) soll noch bis Betriebsschluss des Flughafens Zürich dauern. Bisher fielen deswegen aber keine Flüge aus, so eine Sprecherin des Airports. Die meisten Flüge konnten von anderen Bodendienstleistern übernommen werden. «Es gab einige Verspätungen», sagt die Flughafen-Sprecherin weiter. Das Abfertigungspersonal von AAS streikt, weil das Unternehmen den Betrieb in Zürich einstellen will.
Wie geht es nun weiter? Ob die AAS-Angestellten zu weiteren Warnstreiks greifen, bleibt offen. AAS Zürich befinde sich aktuell in der Prüfung zahlreicher Vorschläge der AAS-Mitarbeitenden, die im Rahmen des Konsultationsverfahrens formuliert wurden, um mögliche Kündigungen abzuwenden oder möglichst tief zu halten. Sobald dieser Prozess beendet sei, und falls es dann zu Kündigungen kommen sollte, prüfe AAS auch den Vorschlag der Gewerkschaft VPOD Luftverkehr zum Sozialplan.
Die betroffenen 220 AAS-Mitarbeitenden suchen nun Anschlusslösungen. Ihre Zukunft am Flughafen Zürich bleibt ungewiss.
Damit beenden wir diesen Ticker zum Streik am Flughafen Zürich und bedanken uns für dein Interesse. Am späteren Abend findest du auf Blick.ch eine Zusammenfassung der letzten Ereignisse in Zürich-Kloten und einen Video-Beitrag zum Streik.
AAS-Mitarbeiter: «Mit Herzblut gearbeitet»
William Spengler, 26-jähriger AAS-Mitarbeiter, erklärt die Gründe für den Streik und die Situation seines Teams. Er betont, dass ein fairer Sozialplan wichtig sei. «Und dass vielleicht auch Entschädigungen ausgezahlt werden.» Er kritisiert die intransparente Kommunikation des Unternehmens, was die Zukunft der Firma anbelangt. «Wir haben mit Herzblut auch in stressigen Momenten immer durchgehalten», sagt Spengler. «Dass alles jetzt so endet, hätte ich nie gedacht.» Er suche jetzt nach Anschlusslösungen. «Ich würde gerne am Flughafen Zürich bleiben.»
«Ich mache mir Sorgen»
Daniel Filipov (34) reist zu der Verlobungsfeier seines Cousins auf den Balkan nach Nordmazedonien. «Ich bin jetzt nicht sicher, ob ich abfliegen kann», sagt Filipov zu Blick. Er habe aus den Medien, also auf Blick.ch erfahren, dass gestreikt wird. «Von meiner Airline habe ich bislang nichts gehört», so der 34-Jährige weiter. «Ich mache mir Sorgen, aber wenn nichts aus dem Flug wird, geht die Welt nicht unter.»
«Wäre gerne vorher über den Streik informiert worden»
Den Streik relativ gelassen nimmt Hesat Selami (36). Er hat auch wenig Grund, sich Sorgen machen zu müssen. Sein Flug mit der Airline Chair nach Skopje findet laut ihm ganz normal statt.
Vom Streik hat er erst erfahren, als Blick ihn darauf anspricht. Er hoffe jetzt, dass sein Flug auch wirklich geht. «Sonst dann halt morgen oder nächste Woche», sagt er. Einen Kritikpunkt hat Selami dann doch noch: «Ich wäre gerne von der Fluggesellschaft über den Streik informiert worden.» Bis anhin habe er mit Chair aber nur gute Erfahrungen gemacht.
So wird gestreikt: «Sozialplan jetzt!»
Der Flughafen Zürich scheint gar keine Freude an den provokanten Flyern zu haben. Nach wenigen Minuten wurden diese bereits wieder abgehängt. Die Streikenden scheint das nicht zu kümmern – auf ersten Bildern ist zu sehen, wie sie protestieren. Auf Schildern liest man Schlagwörter wie «Sozialplan jetzt!» oder «Fairness für uns!»
Provokante Flyer schiessen gegen den Chef
Viele Passagiere dürften wohl erst durch sie auf den Streik aufmerksam geworden sein: In der Check-in-Halle hängen überall provokante Flyer. «Weil mein Ego zu gross war, dürft ihr jetzt gehen. Danke für euren unbezahlbaren Einsatz!», heisst es darauf.
Auf dem Flugblatt abgebildet ist ein gieriger Chef. Es dürfte sich dabei um den AAS-CEO Dieter Streuli handeln, die Karikatur hat grosse Ähnlichkeiten mit ihm. Hinter dem Manager sind weinende Mitarbeitende zu sehen.
«Wir hoffen einfach, dass unser Flug geht»
Etwas ratlos ist auch die betroffene Reisende Desiré May. Sie hat erst vor Ort erfahren, dass ihr Flug auf die griechische Insel Rhodos vom Streik betroffen sein könnte. «Da ist jetzt die grosse Ungewissheit, ob wir heute Abend im Hotel sind oder nicht. Wir hoffen einfach, dass unser Flug geht», sagt sie im Interview mit Blick.
Aktuell habe sie keine Infos zu ihrem Flug. Vom Streik zeigt sich May etwas genervt: «Wir haben uns sehr auf unsere Ferien gefreut, deshalb sind wir nun etwas enttäuscht.»
Ratlosigkeit bei Passagieren am Flughafen Zürich wegen Warnstreik
Der Streik ist jetzt losgegangen. Die Passagiere vor Ort sind oft ratlos: Entweder wissen sie nichts vom Streik, oder sie wissen noch nicht, was das für ihren Flug bedeutet.
Vor dem Check-in der Fluggesellschaft Chair bildete sich schnell eine kurze Schlange, wie Blick vor Ort feststellt. Die Schlange hat sich mittlerweile aber aufgelöst. Überall hat es Flughafenpersonal in gelben Westen, die für Fragen zur Verfügung stehen.
Flughafen-Sprecherin: «Können wir nicht gutheissen»
Der Flughafen Zürich reagiert mit einem Krisenstab auf die bevorstehende Arbeitsniederlegung der AAS-Mitarbeitenden. «Massnahmen, die den Flugbetrieb negativ beeinflussen, können wir nicht gutheissen», sagt Sprecherin Bettina Kunz zu Blick. «Wir distanzieren uns deshalb von solchen Aktionen.»
Verspätungen und Flugausfälle seien derzeit nicht auszuschliessen. Aber: Nach aktuellem Kenntnisstand könnten andere Bodenabfertiger die meisten Flüge übernehmen, heisst es in einer ergänzenden Stellungnahme des Flughafens. Sprecherin Kunz: «Passagiere werden von ihren Airlines über den Status ihres Fluges informiert.» Es seien etwa Wechsel des Check-in-Schalters zu erwarten. Man setze deshalb zusätzliches Personal für die Wegleitung ein. Gemeinsam mit anderen Flughafenpartnern sei man bestrebt, die «Auswirkungen des Streiks für die Passagiere so gering wie möglich zu halten», so Kunz abschliessend.
Jetzt äussert sich der betroffene Bodenabfertiger AAS
Der Bodenabfertiger AAS hat sich zum anstehenden Streik der eigenen Mitarbeitenden mittels Stellungnahme gemeldet. Darin betont das Unternehmen, nicht insolvent zu sein. Es drohe auch kein Konkurs. Hauptstreitpunkt ist aber das bereits laufende Konsultationsverfahren wegen möglicher Entlassungen.
Derzeit wertet AAS die Vorschläge der Mitarbeitenden aus, um Kündigungen abzuwenden oder diese möglichst tief zu halten. Dazu streicht das Unternehmen heraus: Man werde anschliessend auch prüfen, ob man einen Sozialplan ausarbeiten werde, wie es die Gewerkschaft VPOD fordert. «Es ist nicht richtig, dass sich AAS Verhandlungen hinsichtlich eines Sozialplans verweigert», heisst es in der Mitteilung. Zum Hintergrund: Ein Sozialplan ist verpflichtend, sobald ein Unternehmen mehr als 250 Mitarbeitende beschäftigt. AAS liegt in Zürich mit 220 Angestellten knapp darunter.
Wenn es zu Kündigungen kommt, will der Bodenabfertiger zwei Ansätze verfolgen: AAS will möglichst viele betroffene Mitarbeitende eine neue Stelle vermitteln. Und für jene, bei denen das nicht gelingt, ein entsprechendes Auffangmodell entwickeln. «Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass nun zum Streik aufgerufen wird», bilanziert das Unternehmen.
Heute wird am Flughafen Zürich gestreikt. Die 220 Angestellten des Bodenabfertigers Airline Assistance Switzerland (AAS) haben die Nase voll: Seit Wochen soll AAS-Geschäftsführer Dieter Streuli (49) diese im Dunkeln lassen über die Einstellung des Betriebs in Zürich-Kloten. Ein Konsultationsverfahren läuft seit Anfang August – damit steht auch eine Massenentlassung im Raum.
Kampflos wollen die AAS-Beschäftigten nicht untergehen, darum planen sie, heute um 14 Uhr ihre Arbeit niederzulegen, wie Blick erfahren hat. Bei Streuli nicht auf Gehör gestossen sei im Vorfeld ein Sozialplan, den die Mitarbeitenden mit der Gewerkschaft VPOD Luftverkehr ausgearbeitet hätten.
Ausbaden müssen die Eskalation bei AAS nun Fluggäste von Airlines wie Chair, Eurowings und Air Serbia, die mit dem Bodendienstleister AAS zusammenarbeiten.
Vom Streik betroffen sind gemäss VPOD insgesamt 17 Abflüge ab heute, 14 Uhr:
- sechs Flüge von Eurowings
- drei Flüge von Chair
- zwei Flüge von Air Serbia
- zwei oder ein Flug der GP Aviation
- ein Flug von Pegasus
- ein Flug von LOT Polish Airlines
- ein Flug der Air Cairo
- ein Flug der Air Montenegro
Es ist der erste Streik am Flughafen Zürich seit Jahren. Dieser teilt mit, es könne zu Verspätungen und Flugausfällen kommen. Die Passagiere werden jeweils direkt von ihrer Airline informiert. Neben den Abflügen fertigt AAS auch noch 19 Ankunfts-Flüge ab – inwiefern diese betroffen sind, ist nicht bekannt. «Massnahmen, die den Flugbetrieb negativ beeinflussen, können wir nicht gutheissen. Wir distanzieren uns deshalb von solchen Aktionen», so eine Sprecherin.
Geplatzte Zusammenarbeit und Querfinanzierung
Wie konnte es so weit kommen? Grund für das Konsultationsverfahren soll der Wegfall eines «bedeutenden Kunden» sein. Doch gemäss den Angestellten steckt einiges mehr dahinter.
Gemeinsam mit der griechischen Firma Goldair sollte sich die AAS am Flughafen Zürich um die Bodenabfertigung kümmern. Doch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Firmen ist geplatzt. «Deshalb hat die AAS im August das Konsultationsverfahren eingeleitet und möchte das Geschäft am Flughafen Zürich nun aufgeben», sagt Stefan Brülisauer (37) von VPOD auf Nachfrage von Blick.
Bis Ende 2024 haben sich die Firmen bereits zusammen als Goldair-AAS um Passagiere mit eingeschränkter Mobilität gekümmert. Diesen Service bietet der Flughafen Zürich mittlerweile selber an.
Dort soll es bereits erste Probleme gegeben haben: «Dieter Streuli hat offen zugegeben, dass die AAS sich über das Geschäft von Goldair-AAS querfinanziert hat», so Brülisauer. Es hat sich dabei um ein reguläres privatrechtliches Geschäft gehandelt, hält Geschäftsführer Streuli dagegen.
Zurück weist der Bodenabfertiger die Vorwürfe, dass das Konsultationsverfahren sehr intransparent abläuft und AAS der Kommunikationspflicht «bei weitem» nicht nachkomme. «Wir sind sämtlichen Verpflichtungen im Rahmen des Konsultationsverfahrens nachgekommen», sagt Streuli. Aktuell prüfe man die zahlreichen Vorschläge der Mitarbeitenden und werde anschliessend kommunizieren.
Er betont auf Rückfrage von Blick, dass ein Sozialplan bei dieser Anzahl Angestellten nicht Pflicht ist. Trotzdem versuche man, die «Anzahl der Kündigungen so tief wie möglich zu halten», so Streuli.
Wie steht die Firma finanziell wirklich da?
Widersprüche orten die Mitarbeitenden und Gewerkschaft bei Aussagen der Geschäftsleitung zu den Finanzen. AAS habe stets betont, dass es keine finanziellen Probleme gäbe, heisst es.
Ein Blick ins Betreibungsregister zeigt aber: Es gibt über 25 Einträge von Steuerämtern und Kantonen, aber auch von einem Malergeschäft oder dem Transportunternehmen DHL. Die Beträge reichen dabei von wenigen Hundert Franken bis in den sechsstelligen Bereich. Auch eine Konkursandrohung steht im Raum. Die Löhne wurden gemäss Streuli für diesen Monat bereits überwiesen – mehr möchte der Chef nicht zur Liquidität sagen.
Keinen anderen Ausweg
Die AAS kümmert sich auch an mehreren deutschen Flughäfen, in Wien und in Mallorca um die Bodenabfertigung. Insgesamt beschäftigt die Gruppe rund 3000 Angestellte. Vom Konsultationsverfahren betroffen ist nur den Standort am Flughafen Zürich mit 220 Angestellten. Seit Januar ist Streuli Geschäftsführer der AXS-Gruppe, zu der neben AAS noch fünf weitere Unternehmen aus der Luftfahrtbranche zählen. Im Schweizer Handelsregister findet man die Gruppe jedoch nicht.
Die aktuelle Situation scheint festgefahren. Der Streik kurz vor dem Wochenende betrifft wohl Tausende Passagiere. «Wir kämpfen gerade um unseren Job und Würde», so Mitarbeitende der AAS zu Blick. Sie entschuldigen sich dafür, dass nun die Passagiere unter dem Streik leiden. Doch sie sehen keinen anderen Ausweg mehr.