Darum gehts
- Trump weitet Handelskrieg aus. Strafzölle gegen China, EU und andere Länder
- Zölle auf Stahl und Aluminium sind weltweit aktiv
- Am «Liberation Day» verkündete Trump ein Zoll-Paket gegen 185 Länder
Donald Trump (78) will die USA umkrempeln – und die Welt verändern. «America first» ist die Devise, das zeigt sich auch in seiner Wirtschaftspolitik. Dass «Zoll» das Lieblingswort des US-Präsidenten ist, lässt er die ganze Welt wissen. Der Handelskrieg, den er in der ersten Amtszeit gegen China angestossen hat, hat mittlerweile globalen Charakter angenommen. Insbesondere an seinem «Liberation Day» am 2. April packte Trump den grossen Zoll-Hammer aus, indem er praktisch gegen alle Länder dieser Erde Importabgaben verhängte: Basiszölle von 10 Prozent für alle und zusätzlich länderspezifische Sonderabgaben, die zwischen 10 und 49 Prozent liegen.
Gerade weil der starke Mann im Weissen Haus fast täglich mit neuen Beschlüssen oder Ankündigungen in seinem Hin und Her bei den Zöllen aufwartet, verliert man schnell die Übersicht. Blick liefert die grosse Zusammenstellung der wichtigsten Länder, die von Trumps Handelskrieg betroffen sind – und zeigt auf, welche Strafzölle bereits in Kraft sind.
China
Seit Januar 2018 führen die USA einen Handelskrieg gegen China. Trump führte damals diverse Zölle auf chinesische Produkte ein, um auf «unfaire Handelspraktiken» und den «Diebstahl geistigen Eigentums» zu reagieren. Begründungen, die der US-Präsident auch aktuell immer wieder nennt. Die US-Regierung hielt auch in den vier Jahren unter Joe Biden (82) an Trumps repressiver China-Politik fest.
In seiner zweiten Amtszeit hat Trump die Zügel rasch angezogen. Erstmals erhöhte er am 1. Februar die Strafzölle auf chinesische Importe – China konterte mit Gegenzöllen. In der Folge eskalierte der Streit. Die Konfliktparteien schaukelten sich gegenseitig hoch auf immer höhere Zöllen. Das Vorgehen war immer gleich: Trump erhöhte den Zolltarif, der chinesische Staatspräsident Xi Jinping (71) hielt mit der gleichen Steigerung dagegen. Das Resultat: Washington erhob Importabgaben von 145 Prozent auf chinesische Produkte, Peking hielt mit 125 Prozent auf US-Güter dagegen.
Am 12. Mai dann die vorübergehende Einigung in Genf: Nach vorangegangenen diplomatischen Gesprächen handelten die zwei geopolitischen Gegner in der Calvin-Stadt aus, die Zölle per Mitte Mai drastisch zu senken – um jeweils 115 Prozentpunkte. Zumindest für 90 Tage. Die Eskalation ist damit vorerst gestoppt.
Ein Mega-Deal, der Trump offenbar seit längerem vorschwebt, ist dieser Pakt mit Enddatum Mitte August nicht. Der Ausgang des Handelsstreits zwischen den zwei mächtigsten Volkswirtschaften der Welt bleibt damit ungewiss. «Ich sehe keinen klaren Gewinner», sagte Reto Föllmi, Volkswirtschaftsprofessor der Uni St. Gallen, am 12. Mai zu Blick.
Europäische Union
Strafzölle gegen die amerikanischen Freunde in Europa? Trump hat sie bereits in seiner zweiten Woche im Oval Office angekündigt! Nach weiteren Drohungen griff Trump dann auch zum Zoll-Hammer. Er hat die Europäische Union an mehreren Fronten angegriffen:
- Der US-Präsident hat an seinem «Befreiungstag» auch die EU mit Zöllen belegt. Konkret mit Importabgaben von 20 Prozent. Diese sind jedoch seit dem 9. April um 90 Tage ausgesetzt. Die EU hat deshalb bisher auf Gegenmassnahmen verzichtet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (66) hat aber ein geschnürtes Paket in der Hinterhand, das bis am 10. Juni den Mitgliedsstaaten zur Konsultation vorliegt. Der aktuelle Vorschlag sieht Gegenzölle auf US-Exporte im Wert von 95 Milliarden Euro vor. Die Liste mit den betroffenen Produkten aus amerikanischer Fertigung ist 200 Seiten lang.
- Ein Dorn im Auge ist Trump die europäische Autoindustrie. Europa sei unfair, kaufe keine US-Fahrzeuge. Und belege diese mit Importzöllen. Um die heimischen Autobauer zu unterstützen, erhob der US-Präsident deshalb global geltende Sonderzölle von 25 Prozent auf Autos, die nicht in den USA hergestellt werden. Die Zölle gelten seit dem 3. April.
- Bereits in seiner ersten Amtszeit führte Trump im Handelsstreit mit der EU Strafzölle auf Aluminium und Stahl ein. Diesem Mittel bediente sich der US-Präsident wieder, indem er Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte beschloss, die seit dem 12. März in Kraft sind und für alle Länder gelten. Die EU hat die Gegenmassnahmen bis Mitte Juli ausgesetzt.
Es finden Gespräche zwischen den USA und der EU für einen Handelsdeal statt. Eine Einigung zeichnet sich aber noch nicht ab – weiter scheint da die Schweiz zu sein.
Schweiz
Als neutrales Land schien die Schweiz nicht im Fokus vom Handelskrieg aus dem Weissen Haus zu stehen – trotz eines Handelsüberschusses im zweistelligen Milliardenbereich. Entsprechend waren Verwunderung und Enttäuschung in Bundesbern gross, als Trump am 2. April Zölle von 31 Prozent gegen die Schweiz verhängte. Der Bundesrat entschied tags darauf, vorerst auf Gegenmassnahmen zu verzichten – und weibelt seither in Washington für eine Reduktion der Zölle, die bis im Juli ausgesetzt sind. Als «Geschenk» haben die Pharmagrössen Roche und Novartis Milliardeninvestitionen in den USA angekündigt. Am 23. April reisten die beiden Bundesräte Karin Keller-Sutter (61) und Guy Parmelin (65) für Gespräche in die US-Hauptstadt.
Auszahlen könnte sich, dass die Schweiz als Gastgeberin zum Deal zwischen China und den USA in Genf beigetragen haben. Keller-Sutter und Parmelin nutzten das Treffen für einen Austausch mit US-Finanzminister Scott Bessent (62). Mit gewissem Erfolg: «Grossbritannien und die Schweiz haben sich am Anfang der Schlange für ein Handelsabkommen eingereiht, während die EU viel langsamer war», sagte Bessent im Anschluss der Gespräche. London erzielte bereits eine Einigung mit den USA (siehe weiter unten). Die Schweiz sei «unter den nächsten», so Bundespräsidentin Keller-Sutter.
Ein für die Schweiz zentraler Eckpunkt eines Deals dürfte die Pharmabranche sein. Sie ist der wichtigste Exporttreiber. Und gleichzeitig geht die Hälfte der Pharmaexporte in die USA. Derzeit sind pharmazeutische Produkte von den 31-Prozent-Strafzöllen ausgenommen. Doch Trump hat schon mehrfach angedeutet, Importabgaben auf Medikamente einführen zu wollen. Gleichzeitig verkündete der US-Präsident am 12. Mai, die Medikamentenpreise in den USA «um 30 bis 80 Prozent» zu senken. Die Vereinigten Staaten würden künftig nur noch den weltweit günstigsten Preis zahlen. Das setzt Novartis, Roche und Co. unter Druck. Die Branchenverbände übten Kritik an Trumps Vorhaben, nannten dieses «wirtschaftlich nicht nachvollziehbar» und «widersprüchlich».
Grossbritannien
Machten die USA und Grossbrittanien den Anfang für eine ganze Reihe von neuen Deals? Zumindest einigten sich die beiden Länder am 8. Mai auf einen Handelspakt, der jahrelang in der Mache war. Der britische Premierminister Keir Starmer (62) und Trump feierten das Abkommen als grossen Erfolg.
Der geplante Vertrag sieht vor, dass die USA in Zukunft vor allem Agrarprodukte und Chemikalien einfacher nach Grossbritannien liefern können. Zudem hat sich London verpflichtet, im grossen Stil Flugzeuge aus US-Produktion zu kaufen. Im Gegenzug streicht Washington die US-Zölle auf britische Stahl- und Aluminiumprodukte. Und senkt die Einfuhrzölle für 100'000 Autos aus Grossbritannien von 25 auf 10 Prozent, was bei der US-Autoindustrie schlecht angekommen ist.
Der Handelspakt hat insbesondere auch politische Bedeutung: Die beiden transatlantischen Partner hatten fünf Jahre lang über ein Freihandelsabkommen verhandelt. Nach dem Brexit mussten die Handelsbeziehungen auf eine neue vertragliche Grundlage abgestellt werden. Grossbritannien war 2020 aus der EU ausgetreten.
Kanada & Mexiko
Kaum wieder im Amt, schoss Donald Trump gegen die zwei Nachbarländer. Bereits Anfang Februar wollte der US-Präsident Zölle von 25 Prozent auf kanadische und mexikanische Güter beschliessen. Trump machte die beiden Länder für die illegalen Migranten in den USA und die Drogenepidemie mit den Fentanyl-Süchtigen verantwortlich. Wenige Stunden vor Inkrafttreten der Strafzölle, kam es aber zur Last-Minute-Einigung.
Seit dem 3. März sind die Strafzölle gegen Mexiko und Kanada aber in Kraft – wobei Güter ausgenommen sind, die die unter das Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) fallen. Sowohl der damalige kanadische Premier Justin Trudeau (53) wie auch sein mexikanische Amtskollegin Claudia Sheinbaum (62) konterten mittlerweile mit Gegenzöllen in der gleichen Höhe. Gleichzeitig hat insbesondere Mexiko als Entgegenkommen die Präsenz an den US-Grenzübergängen erhöht.
Am «Liberation Day» verhängte Trump weder gegen Kanada noch gegen Mexiko neue Zölle.Trotzdem reagierte Kanada am Tag darauf und verhängte Gegenzölle auf Fahrzeugimporte aus den USA. Das zeigt: Die beiden US-Nachbarn bleiben aufmüpfig – und sind bestrebt, weniger abhängig von den Vereinigten Staaten zu sein. Etwa durch eine Annäherung an die EU.
Dänemark
Dänemark gehört nicht zu den grossen Wirtschaftsmächten der EU, die im Fokus von Trump stehen – eigentlich. Doch dem skandinavischen Land kommt eine Spezialrolle zu, denn zu ihm gehört Grönland. Der US-Präsident hat auf die grosse Insel im Norden ein Auge geworfen. Er will Grönland den Dänen abkaufen – oder sogar sogar annektieren.
Dabei spielen geopolitische Überlegungen eine zentrale Rolle: Grönland nimmt als Tor zur Arktis eine strategisch wichtige Lage im Norden unserer Erdkugel ein. Die 2,2 Millionen Quadratkilometer grosse Insel hat für Trump aber auch wirtschaftliche Bedeutung. Denn Grönland bietet alles, was das Rohstoffherz begehrt. Dort sind seltene Erden zu finden, die aktuell noch unter dem ewigen Eis schlummern.
Panama
Ein ähnliches Problem wie Dänemark hat Panama: Der US-Präsident möchte den Panamakanal besitzen, der aktuell Panama gehört. Trump hat Mitte Januar mit der Einführung von Strafzöllen gegen Panama gedroht.
Im März kam Bewegung in die Thematik. Ein vom US-Investmentkonzern Blackrock angeführtes Konsortium übernahm die Mehrheitsanteile an beiden Häfen des Panamakanals. Panama Ports, der Eigentümer und Betreiber der Häfen Balboa und Cristoba, gehörte zuvor CK Hutchinson, einem multinationalen Technologiekonzern mit Sitz in Hongkong.
Gesamte Welt
Den grossen Zoll-Hammer packte Trump am «Liberation Day» aus, als er Importabgaben gegen 185 Länder beschloss. Basiszölle von 10 Prozent sind seit dem 9. April in Kraft. Die zusätzlichen Zölle sind dagegen bis im Juli ausgesetzt.
Seit dem 4. Juni gelten nun Zölle von 50 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte – doppelt so viel wie seit Mitte März. Trump hatte den 25-Prozent-Zoll im Februar «ohne Ausnahmen oder Befreiungen» angekündigt und am 12. März in die Tat umgesetzt. Nun sind es also 50 Prozent.
Die global geltenden Zölle auf Auto-Importe sind am 3. April in Kraft getreten. Am 3. Mai setzte Trump gewisse Strafzölle auf Autoteile aus Kanada und Mexiko wieder aus, liess die Bestimmungen gegen den Rest der Welt allerdings bestehen.