Darum gehts
- Betreiberin der Driving Range Adlisberg fürchtet Kündigung durch Stadt Zürich
- Konflikte mit städtischen Behörden wegen Golfbällen, Naturschutz und Biodiversität
- An Spitzentagen spielen 250 Personen auf der einzigen städtischen Driving Range der Schweiz
Am 8. September feierte Judith Brazerol ihren 70. Geburtstag. Der rüstigen Zürcherin war jedoch wenig nach Feiern zumute. Die Betreiberin der Driving Range Adlisberg ZH, in unmittelbarer Nähe zur Dolder-Eisbahn, bangt: «Die Stadt Zürich will mein Lebenswerk zerstören! Sie sucht nach Gründen, um die Golfanlage loszuwerden!»
Sie befürchte, sagt sie beim Treffen mit Blick, dass die Stadt den Pachtvertrag für das Gelände auf Ende September kündige, ebenso den Mietvertrag für das Beizen- und Materialgebäude. Dabei habe sie noch nicht vor, ihren Job hinzuschmeissen. Brazerol: «Wir brauchen einen langjährigen Vertrag, um weiter investieren zu können.» Andrej Kübli (49) ist Eigentümer eines Golfshops in Zürich und testet am Adlisberg regelmässig Material. Er wäre zudem interessiert, Brazerols Pachtvertrag zu übernehmen.
Im Frühjahr 2026 könnte das Übungsgelände, auf dem auch Hobbygolferinnen und -golfer an ihrer Schlagtechnik feilen können, bereits Geschichte sein. Brazerols verstorbener Ehemann Carlo und der damalige Pächter des landwirtschaftlichen Betriebs Adlisberg, Hansruedi Fischer (78), hatten die Driving Range im Jahr 2000 gegründet.
Judith Brazerol, die auch die Beiz führt, vermutet, dass die Stadt das Gelände, das seit 26 Jahren in einer Sportzone liegt, wieder in eine Landwirtschaftszone überführen will.
Immer wieder Zoff mit der Stadt
Die Liste der Auseinandersetzungen mit der Stadt ist lang. Oft geht es um Golfbälle, die über das Gelände hinausschiessen: Im Herbst 2024 verlangte die Stadt Zürich deshalb eine Offerte für Ballfangnetze. Auf die Offertvorschläge habe die Stadt nicht reagiert – dafür aber festgehalten, dass das Netz nur innerhalb der Sportzone und mit einem Freihalteraum von zehn Metern aufgestellt werden dürfe. Das würde die Nutzfläche der Anlage deutlich verringern. «Eine Investition von mehreren Zehntausend Franken für Netze ist ohnehin widersinnig, wenn der Pachtvertrag jeweils nur für ein Jahr und mit sechsmonatiger Kündigungsfrist ausgestellt wird», so Brazerol.
Ihr zufolge kontrollieren städtische Beamte alle zwei Wochen, ob Golfbälle ausserhalb des Areals der Driving Range liegen. Weil eine Nulltoleranzpolitik gelte. Eine Tafel in der Abschlagzone weist darauf hin, dass man den Ball nicht weiter als 180 Meter schiessen dürfe.
Reibereien gibt es auch wegen des Naturschutzes: «Grün Stadt Zürich wollte von uns wissen, was wir für die Biodiversität auf dem Gelände tun.» Ihre Vorschläge hierzu seien aber nicht berücksichtigt worden.
Einmal wurde die Polizei gerufen, weil geschützte Weissstörche auf der Driving Range weideten und die Golfer diese hätten verletzen können. «Hier werden keine Weissstörche abgeschossen!», betont Brazerol. Es sei damals kein Storch zu Schaden gekommen.
Grün Stadt Zürich prüft Optionen
Auf Anfrage von Blick hält eine Sprecherin von Grün Stadt Zürich fest, das Pachtverhältnis für die Driving Range und für das Gebäude sei ungekündigt: «Angesichts des Gebäudezustands, der bevorstehenden Pensionierung der Pächter und der Gesamtsituation am Adlisberg sind wir im Austausch und prüfen angesichts des grossen Interesses am Verbleib der Driving Range ergebnisoffen verschiedene Optionen.»
Sie betont aber, dass über die Grundstücksgrenzen fliegende Golfbälle eine Gefährdung für die Nutzer der angrenzenden Landwirtschaftsbetriebe darstellen: «Dies können wir so nicht mehr tolerieren.» Die Situation müsse durch die Pächter verbessert werden.
Die Frage nach Möglichkeiten der Biodiversitätsförderung sei gestellt worden, «um den Anteil wertvoller ökologischer Flächen gemäss unserer Fachplanung Stadtnatur erhöhen zu können». Die aufgezeigten Massnahmen wurden aufgrund der unklaren Situation nicht weiterverfolgt.
Eine Golfanlage für alle
Golfshop-Betreiber Andrej Kübli kennt die Probleme und betont, dass die neuen Pächter des benachbarten Landwirtschaftsbetriebs verständnisvoll seien: «Dafür hat sich die Stadt Zürich auf die Driving Range eingeschossen.»
Die Jobs von Brazerol sowie von vier Golflehrern stehen auf dem Spiel. Aber nicht nur das: «Hier sind alle willkommen, nicht nur Golfer», sagt Kübli. Hier brauche es keine Mitgliedschaft oder besondere Kleidung. Familien, Kinder, Ausflügler, sie alle gehören zu Brazerols Gästen. Sogar Besucher des nahe gelegenen Zoos schiessen oft spontan ein paar Bälle.
An Spitzentagen spielen 250 Personen auf der schweizweit einzigen Driving Range auf Stadtgebiet. Kübli und Brazerol wollen nun auf Nummer sicher gehen und haben eine Petition zu deren Rettung lanciert.