Bergbahnen-Mitarbeiterin (24) legt ihr Budget offen
«Als Fachfrau Betreuung war mein Lohn deutlich höher»

Für die Beobachter-Serie legen Leute ihr Einkommen offen. Sophie Schmid arbeitet in einem Bündner Skigebiet. Sie lebt günstig – und kann monatlich 900 Franken auf die Seite legen.
Publiziert: 01.03.2025 um 12:16 Uhr
|
Aktualisiert: 01.03.2025 um 12:46 Uhr
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
Eine Bergbahnen-Mitarbeiterin öffnet für den «Beobachter» ihr Portemonnaie. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
katrin_reichmuth.jpeg
Katrin Reichmuth
Beobachter

In der Beobachter-Serie «Die Abrechnung» zeigen Menschen ihren Kontoauszug – und erzählen, wie sie mit ihrem Budget leben. Wie viel Geld steht ihnen zur Verfügung? Wofür geben sie es aus?

Zum Beispiel Saisonmitarbeiterin Sophie Schmid, die in Wirklichkeit anders heisst.

Meine Person

Ich bin 24 und gelernte Fachfrau Betreuung. Nach der Ausbildung war ich drei Jahre in einer Kita tätig und lebte bei meinen Eltern. So konnte ich Geld auf die Seite legen. Letztes Jahr war ich insgesamt neun Monate in Europa unterwegs. Im Herbst habe ich mich dann auf eine Saisonstelle bei den Bergbahnen in einem Graubündner Skigebiet beworben. Ich musste lediglich meinen Lebenslauf schicken. Nach einem Anruf hatte ich den Job. 

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Meine Arbeit ist nicht allzu anspruchsvoll. Zusammen mit einer anderen Person betreibe ich einen Vierer-Sessellift. Ich helfe den Gästen beim Ein- und Aussteigen, verlangsame wenn nötig und schaufle Schnee. 

Mein Arbeitstag beginnt um halb acht und endet mit der letzten Bahn, fünf Tage die Woche. Die Mittagspause nutze ich zum Snowboarden. Das Team ist toll und auch sehr durchmischt. Der älteste «Bähnler» ist 66, die Jüngste 21.

Einnahmen

Ich habe einen Stundenlohn von netto Fr. 20.50. Er ist so tief, weil es meine erste Wintersaison ist. Nächstes Jahr bekäme ich mehr. Mein monatliches Nettoeinkommen beträgt ungefähr 3450 Franken – ich arbeite fünfmal die Woche achteinhalb bis neun Stunden. 

Als Saisonmitarbeiterin kann ich die Bergbahnen gratis nutzen, und ich profitiere von vielen Vergünstigungen bei den Bergrestaurants und in den Sportgeschäften.

Ausgaben

Wohnen: Ich miete ein möbliertes Studio. Es ist sehr schön, wurde vor drei Jahren renoviert und sieht aus wie ein Hotelzimmer. Ich habe einen Fernseher, ein Badezimmer und ein grosses Bett. Es gibt eine grosszügige Küche, die ich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der anderen Studios auf meinem Stock teile – zwei Kühlschränke, vier Kochplatten und drei Backöfen. Alles ist sehr sauber, weil die Gemeinschaftsküche täglich gereinigt wird. Für die Unterkunft in Graubünden zahle ich 870 Franken im Monat, alles inklusive. 

Ich habe lediglich einen Koffer mit Kleidern und meine Snowboardausrüstung mit in die Berge genommen. Alles andere habe ich im Elternhaus gelassen. Dort bin ich nach wie vor angemeldet. Für mein Zimmer und für die Nebenkosten gebe ich ihnen 100 Franken im Monat. 

Telefon, Internet und Abos: Ein TV-Abo ist bei der Studiomiete inbegriffen. Ich schaue aber gern Serien, deshalb habe ich Netflix und Disney Plus abonniert. Musik höre ich auf Spotify. Für Abos und Telefon zahle ich monatlich knapp 50 Franken. Ich bin in Graubünden lediglich Wochenaufenthalterin und zahle darum hier auch keine Serafe-Gebühr. 

Versicherungen: Meine persönlichen Dinge wie Laptop, Snowboard und Kleider sind über die Hausratversicherung der Eltern mitversichert. Auch meine Privathaftpflichtversicherung läuft über die Familienpolice. Ich gebe meinen Eltern dafür jeden Monat 40 Franken. 

Letztes Jahr war ich hauptsächlich auf Reisen. Deshalb und weil ich auch noch weitere Reisen plane, habe ich einen umfassenden weltweiten Reiseschutz beim TCS für jährlich 189 Franken abgeschlossen. Darin enthalten sind zum Beispiel Annullierungskosten, Rückführung im Notfall, Gepäckversicherung. 

Gesundheit: Die Krankenkassenprämien für die Grund- und die Zusatzversicherung betragen monatlich 260 Franken. Ich glaube, die Prämie ist eher hoch für mein Alter, aber ich bin seit je bei der gleichen Versicherung und lasse das vorerst mal so. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal in einer Arztpraxis war. Deshalb habe ich die höchstmögliche Franchise. Meine Zähne pflege ich gut und gehe jedes Jahr in die Dentalhygiene. Das zahle ich aus eigener Tasche, es kostet mich 130 Franken. 

Mobilität: Ich bin meistens zu Fuss unterwegs. Das Bergdorf ist überschaubar, alles ist in Gehdistanz. An einem meiner freien Tage gehe ich meistens einmal in die Boulderhalle nach Chur. Der Bus hin und zurück kostet knapp 12 Franken mit Halbtax. Ich bin unter 25 und habe nahtlos mein Halbtax verlängert. Deshalb zahle ich dafür pro Jahr 100 Franken. 

Ich habe eigentlich keine Zeit und Lust, ins Unterland zu fahren. Meine Familie habe ich an Weihnachten besucht. Weil ich das GA Night habe, nahm ich den Bus nach 19 Uhr und war gratis unterwegs. Dieses Abo ist speziell für Junge und kostet 99 Franken im Jahr. Ich habe regelmässig Besuch von meinen Freunden. Fast jedes Wochenende kommt jemand zu mir hoch. Das gefällt mir. 

Haushalt: Ich verbringe nicht gern viel Zeit mit Einkaufen. Deshalb kaufe ich einmal pro Woche alles ein. Falls ich dann noch etwas brauche, um das Menü zu ergänzen, husche ich kurz in den Laden. Denn ich koche jeden Tag – meistens zwei Portionen, damit ich am nächsten Tag etwas mitnehmen kann. Meist Reis mit Gemüse, Linseneintopf oder Pasta aller Art. Immer vegetarisch. Bei den Lebensmitteln schaue ich auf die Herkunft. Für Schweizer Gemüse und Produkte zahle ich gern mehr. Für Lebensmittel, Waschmittel und so weiter zahle ich monatlich ungefähr 450 Franken. 

Ich habe mittellange Haare und schneide sie mir selbst. Gesichts- und Sonnencrème kaufe ich in der Apotheke. Meistens von der Marke La Roche-Posay. Das ist nicht günstig, aber für meine Haut am verträglichsten. Bei Shampoo und Duschgel bin ich offener, aber ich bevorzuge biologisch abbaubare Produkte. Ich habe das ausgerechnet und schätze, dass ich jährlich 600 Franken für Hygieneprodukte ausgebe. 

Fürs Rauchen gebe ich monatlich knapp 35 Franken aus. Ich kaufe Drehtabak, Papers und Filter, meistens vier Packungen monatlich. Manchmal rauche ich mehr, manchmal weniger. Je nachdem, wie schön das Wetter ist oder wie gut der Après-Ski läuft. 

Verpflegung ausser Haus: Das ist schwierig zu beziffern. Ich rechne hier mal mit 350 Franken jeden Monat. Mittags nehme ich eigentlich immer etwas von zu Hause mit. Wir haben eine Mikrowelle in der Kabine. 

Im Schnitt gehe ich zweimal pro Woche mit Freunden auswärts essen. Meistens gehen wir in die Pizzeria oder in ein Burger-Restaurant. Über die Woche trinke ich auch ein paar Bierli oder andere Getränke. Das läppert sich bei 7 Franken für eine Flasche Bier. 

Kleidung und Schuhe: Letzte Woche habe ich mir eine neue Wintermütze gekauft, weil ich meine alte verloren habe. Die kostete mich 40 Franken. Ich bin sehr sparsam, was Kleidung und Schuhe angeht. Ich finde, es gibt genug Kleidung und Schuhe – und sowieso ist es mir nicht so wichtig, wie modisch ich daherkomme. Alltagskleidung kaufe ich im Secondhandladen oder im Brockenhaus. Funktionale Kleidung oder Wanderschuhe besorge ich mir im Fachgeschäft. Meine Snowboardausrüstung habe ich mittlerweile schon vier Jahre, sie ist immer noch in gutem Zustand. Dort ist mir die Qualität wichtig. Übers Jahr gerechnet gebe ich aber sicher nicht mehr als 800 Franken für Kleidung und Schuhe aus. 

Freizeit: Wenn das Wetter stimmt, bin ich auf der Piste anzutreffen. Dazu kommt einmal die Woche Bouldern in Chur. Ein Einzeleintritt kostet 16 Franken. Wenn ich Lust habe, gehe ich ins Hallenbad und schwimme ein paar Längen. Das kostet mich jedes Mal 7 Franken. Für Wanderungen im Sommer verwende ich die App Schweiz Mobil. Sie kostet jährlich 35 Franken. 

Bei Schlechtwetter oder am Abend gucke ich gern Serien oder lese ein Buch. Manchmal schaue ich im Bücherschrank, ob es einen spannenden Roman hat. Aber ehrlich gesagt kaufe ich mir lieber neue Bücher. Zurzeit fast monatlich. Mein letztes Buch war der Roman «Die Analphabetin, die rechnen konnte» von Jonas Jonasson, der hat 17 Franken gekostet. Das ist nicht sehr nachhaltig, aber ich habe einfach mehr Freude am Lesen so. 

Ferien: Wir haben unsere festgelegten freien Tage. Wenn ich einmal am Wochenende statt Mittwoch oder Donnerstag freihaben möchte, kann ich mit jemandem abtauschen. Aber eine Woche Ferien können wir nicht nehmen. Deshalb lege ich für diesen Budgetposten während der Saison auch kein Geld auf die Seite. Im Frühling möchte ich dann wieder auf Reisen gehen. Mein gesamtes Erspartes geht in meine Reisekasse. 

Altersvorsorge: Darum habe ich mich noch nicht gekümmert und habe es in naher Zukunft auch nicht vor. Meine Priorität liegt beim Reisen und nicht bei der Altersvorsorge. Wenn ich 30 bin, werde ich mich damit beschäftigen. 

Steuern: Ich kann nicht einschätzen, wie viel Steuern ich dieses Jahr zahlen muss. Ich rechne aber mit wenigen Hundert Franken. Letztes Jahr war ich die meiste Zeit auf Reisen und habe ungefähr 250 Franken bezahlt. Ich lege dafür kein Geld auf die Seite, sondern nehme es von meinem Ersparten. Für das Budget hier setze ich bei diesem Posten 40 Franken ein. 

Sparen und Vermögen: Ich kann jeden Monat über 900 Franken sparen. Früher, als ich als Fachfrau Betreuung gearbeitet habe, war mein Lohn deutlich höher, und ich konnte zwischen 1500 und 2000 Franken auf die Seite legen. Das Ersparte habe ich teilweise für meine Reisen gebraucht. Ich habe aber noch ein bisschen was auf der Seite. Wie viel das ist, möchte ich nicht sagen. Es reicht aber sicher nochmals für ein halbes Jahr Reisen. Meine nächsten Ziele: Norwegen und Schweden. 

Mein grösster Luxus

Mein Leben so zu führen wie jetzt. Das heisst: Die Welt entdecken und mit kleinen Jobs Geld verdienen. Ich habe mein Zimmer zu Hause und muss den Eltern wenig abgeben. Meine Fixkosten sind also ziemlich tief. Die Arbeit am Sessellift ist einerseits gemütlich und andererseits herausfordernd, weil ich ständig den Blick bei den einsteigenden Gästen haben muss. Ich muss einschätzen, ob sie es mit Einsteigen hinbekommen. Grundsätzlich mag ich es, Leute zu beobachten. 

So fühle ich mich

Ich bin ganz zufrieden. Ich habe ein finanzielles Polster und muss mir keine Sorgen machen, dass ich mir meine nächste Reise nicht leisten kann. Dazu kommt, dass ich immer die Möglichkeit habe, in einer Kita zu arbeiten. Da gibt es viele offene Stellen. Ich habe kein richtiges Budget, aber ich habe ein gutes Gespür dafür, was drinliegt und was nicht. Wenn ich auf Reisen bin, gönne ich mir ab und zu ein Einzelzimmer, generell reise ich aber ziemlich günstig. Ich bin oft in der Natur unterwegs, das kostet nicht viel. 

Aufgezeichnet von Katrin Reichmuth 

Hier finden Sie die bisherigen Folgen der Rubrik «Die Abrechnung». 

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.