Darum gehts
- Forster-Mitarbeiter warten auf Löhne. Arbeitslosenkasse zahlt, braucht aber Zeit
- Giovanni Cerfeda zahlt Löhne aus eigenem Vermögen an notleidende Mitarbeiter
- Betrieb beim Thurgauer Küchenbauer stockt weiterhin
Es war die herbeigesehnte gute Kunde für die Angestellten des kriselnden Thurgauer Küchenbauers Forster: Das Bezirksgericht Arbon TG bewilligte letzte Woche eine Nachlassstundung. Das gibt den Mitarbeitenden Hoffnung auf die weiterhin ausstehenden April-Löhne. Denn: Forster erhielt eine Art finanzielle Verschnaufpause und ist vorübergehend vor Betreibungen geschützt. Das gibt der Firma Zeit, eine Sanierung zu erarbeiten. Die bis dahin fälligen Löhne zahlt die Arbeitslosenkasse des Kantons Thurgau.
Aufatmen für die Angestellten? Nein. Es kommt bereits die nächste Hiobsbotschaft. Die Arbeitslosenkasse braucht bestimmt einige Tage, um die Löhne auszuzahlen. Gemäss einem Infoschreiben der Gewerkschaft Unia an die Mitarbeitenden dauert die definitive Abrechnung aber bis zu zwei Monaten! Blick liegt das Schreiben vom letzten Freitag vor, über das der Regionalsender TVO zuerst berichtete.
Cerfeda springt ein
Weil auch der Mai-Zahltag bisher ausgeblieben ist, fehlen den Angestellten jetzt sogar zwei Monatslöhne. Für einige wird es finanziell extrem eng, wie eine Betroffene gegenüber Blick erzählt. «Das ist sehr stressig, weil mein Steueramt bis am 10. Juni mehrere Tausend Franken von mir will», sagt sie. Eine Summe, die sie ohne Lohnzahlungen fast nicht stemmen kann. Doch es naht Hilfe.
Der Winterthurer Architekt und Unternehmer Giovanni Cerfeda (70), der den Küchenbauer übernehmen will, springt ein. Er zahlt jetzt die Löhne aus dem eigenen Portemonnaie – 300'000 Franken. «Aus seinem privaten Vermögen hat er zinslose Darlehen direkt für Beschäftigte bereitgestellt, um dort, wo derzeit die grösste Not herrscht, eine Überbrückung bis zur Auszahlung durch die Arbeitslosenkasse zu garantieren», heisst es im Schreiben der Unia. «Bereits etwa neun Beschäftigte konnten zum Ende der letzten Woche auf ihrem Konto den Geldeingang entgegennehmen.»
Cerfeda sitzt seit 2019 im Verwaltungsrat von Forster. Mitte Mai erklärte er gegenüber Blick, wie es seiner Meinung nach mit Forster weitergehen soll. «Wir haben nachgewiesen, dass wir mindestens 1,8 Millionen Franken zur Deckung der Löhne und der wichtigsten Verbindlichkeiten zusichern», meinte er. Cerfeda glaube an die Firma, aber nicht unter der heutigen Führung. Die zwei anderen Eigentümer, Küchen-König Max Müller (78) und Forster-Finanzchefin Ipek Demirtas (58), sollen genauso wie CEO Andreas Sandmann (58) weg.
Keine Lieferwagen, kein Service
Auch Unia-Regionalleiterin Anke Gähme (61) will eine neue Geschäftsleitung. «Die Angestellten fordern den Rücktritt», betonte sie vor einer Woche. Im Infoschreiben vom Freitag meint Gähme: «Mit der Unterstützung von Cerfeda zeigt sich, für wen Mitarbeitende ein wichtiges Gut sind und wer es wirklich ernst meint mit der Unterstützung.»
Der Betrieb beim Thurgauer Küchenbauer stockt derweil weiter. Monteure und Servicetechniker haben keine Lieferwagen mehr, mit denen sie zu Kundinnen und Kunden fahren können. Sie mussten die Fahrzeuge zurückgeben, weil Forster die Leasinggebühren nicht mehr bezahlt hat. Die Produktion stand in der letzten Woche zu grossen Teilen still, weil Teile von Zulieferern fehlten. Mit ihnen hat es sich Forster wegen unbeglichener Rechnungen verscherzt.