«Weltwoche» kürt Sepp Blatter
Die Welt spottet über den «Schweizer des Jahres»

Erst die Suspendierung, dann der Kollaps: Sepp Blatter brach zusammen, als er am Grab seiner Eltern stand. Auch sein Glaube an die Fifa sei dieses Jahr in sich zusammengestürzt, sagt der angeschlagene Noch-Präsident im Interview mit der «Weltwoche».
Publiziert: 17.12.2015 um 16:42 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2018 um 08:25 Uhr
Blatter heute Morgen bei der Ankunft am Fifa-Hauptsitz.
Foto: Valeriano Di Domenico

Während Noch-Fifa-Präsident Sepp Blatter auf dem Zürichberg gegen seine lebenslange Suspendierung kämpft, kürt ihn die «Weltwoche» heute zum inoffiziellen «Schweizer des Jahres».

Blatter habe Grosses geleistet für den Fussball und die Schweiz, lobhudelt Chefredaktor Roger Köppel. «Gebührende Anerkennung» habe er dafür allerdings nie erhalten.

Eine Beurteilung, die bei vielen für Kopfschütteln sorgt. Auf Twitter spotten User über das Urteilsvermögen des Chefredaktors. «Köppel auf Koks?», fragt sich ein Journalist. «Keine Satire, keine Montage, sondern deren voller Ernst», stellt ein anderer Twitterer überrascht fest. Ein weiterer sieht in der aktuellen Ausgabe Konkurrenz für die Satire-Zeitschrift «Nebelspalter».

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Der Gemeinte selbst hingegen ist mit Köppel eins. Ohne jegliche Bescheidenheit sagt Blatter zur «Weltwoche»: «Eigentlich müsste man mir ein Diplom überreichen für das, was ich hier erreicht habe.»

Dass nicht nur die US-Justiz, sondern auch die Schweiz gegen die Fifa ermittelt, schockiert den suspendierten Präsidenten. Sein Bild der Schweiz sei «erschüttert», sagt Blatter im Interview. «Was habe ich jemals falsch gemacht in der Schweiz?», fragt er rhetorisch. «Dem Land gedient mit 1400 Diensttagen?»

«Ich bin ein guter Mensch»

Auch sein Glaube an die Fifa sei dahin. «Dass nun dieses Gremium mich suspendiert, den gewählten Präsidenten, ohne ihm vorher etwas zu sagen und ohne ihm vorher das Recht auf eine ordentliche Anhörung zu geben, das war ein Schlag, von dem ich mich eigentlich bis heute nicht richtig erholt habe.»

Er habe alles richtig gemacht. Man könne ihm höchstens vorwerfen, «zu vertrauensselig und gutgläubig» gewesen zu sein. «Ich bin ein guter Mensch. Ich bin ehrlich und respektvoll.»

Zwei Tage auf der Intensivstation

Zudem äussert sich Blatter im Gespräch zu seinem Gesundheitszustand. Anfang November, wenige Wochen nach der Suspendierung, war der 79-Jährige ins Spital eingeliefert worden. Er sei zusammengebrochen, erzählt Blatter, als er gerade am Grab seiner Eltern auf dem Friedhof in Visp stand. «Ich konnte kaum mehr atmen, nicht mehr gehen, der Blutdruck fiel. Ich war 48 Stunden auf der Intensivstation. Dank meiner Konstitution kam ich durch.» Den Grund für den Kollaps hätten die Ärzte nicht eruieren können. «Ein Virus vielleicht», sagt Blatter.

Rückblickend bereut der abtretende Fifa-Chef, nicht früher den Hut genommen zu haben. 17 Jahre stand er an der Spitze des Weltfussballverbands, im Sommer gab er – wenige Tage nach seiner umstrittenen Wiederwahl – seinen Rücktritt auf kommenden Februar bekannt. Er hätte bereits nach der WM im vergangenen Jahr zurücktreten sollen, sagt Blatter nun. Das habe ihm damals auch seine Familie geraten.

Nun wolle er sich an den Rat seiner Liebsten halten. Sie hätten ihm empfohlen, «Ruhe zu bewahren» und sich «an das zu halten, was im Leben wichtig ist: Gesundheit und Liebe», sagt Blatter. (lha)

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