Darum gehts
Die Tennisbeläge standen zuletzt so oft in den Schlagzeilen, wie schon lange nicht mehr. Roger Federer (44) hatte die Diskussionen angeheizt, indem er im Rahmen des Laver Cups im Podcast von Andy Roddick (43/«Served») moniert hatte, die Turniere würden die Plätze immer mehr so präparieren, dass es Carlos Alcaraz (22) und Jannik Sinner (24) zugute käme. Frei nach dem Motto: Ab in den Final mit den beiden Superstars! Alexander Zverev (28) sprang prompt auf diesen Zug auf und erklärte, dass die Turnierdirektoren dies absichtlich machen würden und dass er es «hasse», überall praktisch gleich spielen zu müssen.
Sinner wiederum reagierte überrascht und meinte: «Weder Carlos noch ich machen die Courts, es ist nicht unsere Entscheidung», wobei sein irritierter Gesichtsausdruck im TV-Interview mehr aussagte als die paar gewählten Worte.
Die Debatte machte weltweit die Runde – und brachte auch Gegenthesen auf den Plan. Während einige Turniere tatsächlich langsamer wurden, waren andere deutlich schneller als auch schon. Toronto oder Paris-Bercy im Vorjahr etwa, wie der Court Pace Index (CPI) zeigt.
«Nehmen keine Rücksicht auf Vorlieben der Spieler»
Nun, an den Swiss Indoors Basel ist weder Alcaraz noch Sinner am Start. Die Veranstalter stehen somit schon mal nicht im Verdacht, extra einen Final der beiden provozieren zu wollen. Überhaupt betont Massimiliano Iuliano, der Vorsitzende der Turnierorganisation, generell keine Plätze auf Stars anzupassen. Das gelte auch für die Vergangenheit, die freilich stark vom zehnfachen Sieger Federer geprägt war: «Das haben wir noch nie gemacht, wir nehmen keine Rücksicht auf Vorlieben der Spieler.» Möglich sei dies aber sehr wohl. Vereinfacht gesagt, könne man dies bei einem Hartplatz, wie er am Rheinknie zum Einsatz gelangt, mit der Beschichtung entsprechend steuern.
Die Swiss Indoors Basel würden sich seit Jahren für einen Belag entscheiden, der möglichst die gleichen Bedingungen schafft, wie sie dann an den ATP-Finals in Turin zum Saisonende herrschen, so Iuliano. Damit dies der Fall ist, wird in der Woche vor Turnierbeginn vier Tage lang geschuftet. Alle sieben Turnierplätze – die beiden Match-Courts in der St. Jakobshalle sowie die Trainingsplätze in der Tennishalle in Allschwil – werden in dieser Zeit in einem ausgeklügelten Verfahren präpariert.
Konkret sieht das wie folgt aus: Während in Allschwil die bestehende Unterlage einfach neu beschichtet wird, legen die Platzbauer in der St. Jakobshalle zunächst ein Puzzle aus 3,5 Zentimeter dicken, mehrere Turnierjahre verwendbaren Holzplatten aus. Dieses wird dann eng zusammengezurrt, damit kaum mehr Schnittstellen zu sehen sind – und schliesslich mit Farbe überstrichen.
Wobei die verwendete Farbe hierbei eine vom Hersteller nicht verratene Mischung verschiedenster Komponenten darstellt. Eine, die nicht einmal Iuliano, der seit 30 Jahren für die Swiss Indoors Basel tätig ist und seit sieben Jahren unter anderem auch das Ressort Bautechnik unter sich hat, kennt. «Die Mixtur ist ein streng gehütetes Geheimnis», sagt er schmunzelnd, «es werden verschiedene Farbschichten nacheinander aufgetragen, bis es am Schluss den fertigen Belag ergibt».
Schiri kontrolliert exakt nach
Wie komplex das Beschichten ist, zeigt auch der Fakt, dass beispielsweise auf Court 1 und auf dem Center Court leicht unterschiedliche Mischungen verwendet werden müssen. Dies, weil der Untergrund bei Ersterem ein Turnhallenboden ist und bei Zweiterem Beton.
Ist ein Platz grundlegend beschichtet, werden die Linien «mit Klebestreifen und weisser Farbe angefertigt und mit Hand gemessen, was am Ende dann der Schiedsrichter auf den Millimeter genau nachkontrolliert», so Iuliano. Jeder Abstand, selbst die Grösse und die Schriftart des Basel-Logos, muss exakt stimmen.
Iuliano sagt: «Die grösste Herausforderung ist das jeweilige Trocknen – es gab auch schon Handwerker, die sich nicht bewusst waren, wie sensibel der Platz ist.» Ist das ganze Prozedere einmal vorbei, sei die Erleichterung gross: «Schliesslich sind die Courts das Herzstück für die Spieler, ohne sie geht nichts.» Und auf ihnen soll letztlich die Magie stattfinden. Wie bei Federers Titel-Stängeli. Oder nun, wenn Stan Wawrinka (40), Taylor Fritz (27) und Co. darauf Bälle schlagen.
Wie teuer der ganze Spass ist, verrät Iuliano nicht. Nur so viel: Bei Weitem nicht so teuer, wie es klingt. Dafür muss der Veranstalter während des Turniers aber auch selbst Hand anlegen, wenn es kleine Schäden auf dem Belag gibt – hierfür stehen drei Fässer Farbe bereit. Und dieser Fall tritt schneller ein, als man erwarten würde. Iuliano meint lachend: «Einmal darauf gespielt, sieht der Platz vor lauter Striemen schon wieder fürchterlich aus.»