Hier kämpft Remo Käser mit den Tränen
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«Ich höre jetzt auf…»:Hier kämpft Remo Käser mit den Tränen

Trat in grosse Fussstapfen
Remo Käser – ein umstrittener Schwinger tritt ab

Der Rücktritt von Remo Käser bewegt sein Umfeld. Vater Adrian muss ein Interview unter Tränen abbrechen. Klubkollege Stefan Studer erinnert sich daran, wie Käser einst heftig kritisiert wurde.
Publiziert: 07.08.2025 um 16:46 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2025 um 16:55 Uhr
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Bei seiner Rücktritts-PK kämpft Remo Käser zwischenzeitlich mit den Tränen.
Foto: keystone-sda.ch

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Nicola AbtReporter Sport

Remo Käser (28) deutete schon als Teenager an, dass aus ihm einst ein aussergewöhnlicher Schwinger werden würde. Der gelernte Spengler stand mit einer derart breiten Brust im Sägemehl wie kaum ein anderer. Trainer Andreas Lanz erinnert sich an eine Anekdote aus der Anfangszeit: «Einmal sagte ein Mann zu Remo: ‹Du erinnerst mich immer mehr an deinen Vater.› Remo konterte staubtrocken: ‹Mein Vater hatte nie so viel Kraft wie ich!›»

Adrian Käser kürte sich 1989 mit 18 Jahren zum jüngsten Schwingerkönig der Geschichte. Ähnliches trauten die Experten auch seinem Sohn Remo zu. Doch Verletzungen bremsten den sechsfachen Kranzfestsieger aus. Nicht nur das: Sie nagten an seinem Selbstvertrauen. 

Seit 2019 bestritt Käser nie mehr als vier Kranzfeste pro Saison. Nach einer erneuten Knieverletzung zieht er nun die Reissleine. Käser beendet seine Karriere per sofort. Damit verpasst der Berner Eidgenosse nicht nur das ESAF in knapp drei Wochen, sondern auch einen würdigen Abschied. 

Schwingerkönig muss Interview abbrechen

An einer Pressekonferenz in seinem Schwingkeller in Kirchberg BE erklärt er am Dienstagmittag die Gründe für seinen Rücktritt. «Der Arzt sagte, ich müsste das Knie fürs ESAF fitspritzen. Nach den Nackenspritzen in der Vergangenheit wollte ich das nicht noch einmal durchmachen», sagt Käser, der während der Pressekonferenz mit den Tränen kämpft.

Auch sein Vater Adrian, der ebenfalls im Schwingkeller sitzt, wird emotional. Ein erstes Interview musste er mit Tränen in den Augen abbrechen. Ein paar Minuten später sagt er Blick: «Ich bin unglaublich stolz auf Remo. Er ist immer wieder aufgestanden. Leider hat ihm nun der Körper die Grenzen aufgezeigt.»

Käser zu Beginn sehr zurückhaltend

Dass Käser auf diese Art und Weise seinen sofortigen Rücktritt verkünden muss, schmerzt auch seinen ehemaligen Trainingskollegen Stefan Studer (40). «Das zu sehen, tut mir brutal weh. Remo hätte einen anderen Abschluss verdient gehabt», sagt der Bergkranzer. 

Studer erinnert sich noch gut daran, wie Käser als Jungspund ins Training der Aktiven des Schwingklubs Kirchberg kam. «Da war er noch sehr scheu. Doch im Sägemehl bereits unglaublich stark. Am Anfang konnte ich ihn noch bezwingen, doch das änderte sich bald einmal.» 

Wicki, Giger Orlik – und Käser

Käser eroberte die Sägemehl-Schweiz im Sturm. Mit 15 Jahren und 7 Monaten gewann der Frauenschwarm am Emmentalischen seinen ersten Kranz. Noch als Teenager bodigte er mit Kilian Wenger einen König. Und drei Monate vor seinem 20. Geburtstag wurde er am Eidgenössischen in Estavayer FR sensationell Dritter. 

Die Experten waren sich einig, dass der Berner gemeinsam mit Samuel Giger, Joel Wicki und Armon Orlik in Zukunft den Nationalsport dominieren wird. Während Käser im Sägemehl brillierte, blieb der 1,91 Meter grosse und über 110 Kilo schwere Studer für ihn im Kraftraum lange der ultimative Gradmesser. «Remo und ich trieben uns bei jedem Training mit einer Cordon-bleu-Challenge an», erzählt dieser.

Spezielles Essensangebot von Klubkollege

Studer liefert sogleich die Erklärung: «Ich habe Remo die Finanzierung von einem Riesen-Cordon-bleu mit Pommes frites in unserer Stammbeiz versprochen, sobald er mich im Training in allen Disziplinen besiegt.» Studer hielt jedoch so lange dagegen, dass es irgendwann in Vergessenheit geriet. 

Jahre später macht er Käser am Tag seines Rücktritts ein spezielles Angebot: «Ich lade Remo zu einem Cordon bleu ein. Er hat sich das mit seiner grossartigen Karriere mehr als verdient.» Darauf angesprochen muss Käser schmunzeln. Er freue sich darauf, lässt der Schwing-Pensionär ausrichten. 

Physio verlängerte seine Karriere

Studer und Käser trainierten jahrelang gemeinsam unter der Leitung von Andreas Lanz. «Damit sein Körper in der Wachstumsphase nicht an den schweren Hanteln kaputtgegangen ist, habe ich Remo am Anfang nur einen Besenstiel in die Hand gegeben», erzählt der Athletikcoach.

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Lanz stand jeweils in engem Austausch mit Käsers Physiotherapeuten Michel Olivari. Dieser war auch der Grund, weshalb Käser nicht bereits im letzten Herbst zurückgetreten ist. «Er war immer für mich da und hat an meine Fähigkeiten geglaubt», so der Schwinger. Olivari bezeichnet ihn gerne als «Pitbull». Weil Käser immer weitergekämpft hat. 

Dass ihm dafür jetzt die Energie und die Lust fehlen, versteht der ehemalige Physio des SC Bern. «Remo braucht seinen Körper noch im Arbeitsalltag. Er ist kein Fussballstar, der bereits Millionen verdient hat und nicht mehr arbeiten muss.» 

Heftige Kritik an den Werbedeals

Dass sich Käser trotzdem bereits im Alter von 25 Jahren ein eigenes Haus bauen konnte, verdankt er mehreren cleveren Werbedeals. Er war der erste «Böse», der bei Red Bull einen Vertrag unterzeichnet hat. Ein fliegender roter Bulle mitten in der Welt der bodenständigen Munis? Das verärgerte viele Traditionalisten.

Klubkollege Studer bekam die Lästerei teilweise aus nächster Nähe mit. «Ich sagte ihnen, dass sie keine Ahnung hätten. Weil er ein ganz feiner Typ ist. Diese teilweise brutale Kritik ging mir nahe.» Ab sofort rückt Käser etwas in den Hintergrund. Dem Schwingsport will er aber erhalten bleiben. 

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