Der grosse Schwing-Check
Klartext von König Wicki und ein Kranzgewinn mit Nasenbruch

Was läuft in der Schwingerszene? Blick liefert die heissesten Sägemehlgeschichten. Zu reden gibt ein Eidgenosse, der Alarm schlägt, ein Altmeister, der Mühe hat und ein König, der sich eine andere Einteilung gewünscht hätte.
Publiziert: 26.05.2025 um 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 26.05.2025 um 15:35 Uhr
Einmal mehr liess sich Marcel Bieri (l.) von König Joel Wicki nicht bezwingen. Die beiden stellten im ersten Gang am Luzerner Kantonalen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Klebebildchen werden zum Verkaufsschlager

Die Schwingerszene ist im Panini-Fieber. Erstmals hat der grösste Klebebildhersteller der Welt ein Album für den Schweizer Nationalsport produziert. Und das stösst auf grosses Interesse. «Im Onlineverkauf haben wir bereits die Zahlen von Pratteln 2022 erreicht», sagt Manuel Rössli stolz. Er ist der Geschäftsführer der «Schlussgang»-Zeitung, die als Co-Herausgeber auftritt. Die Idee, ein Sammelalbum für den Schwingsport zu kreieren, stammt vom Sportmuseum Basel. Dieses produzierte ein Heft für das ESAF 2010 in Frauenfeld. Nach 2016, 2019 und 2022 ist die diesjährige Ausgabe die vierte unter ihrer Leitung.

Schwingerkönig Joel Wicki besucht Panini-Fabrik in Italien
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Ein Schwinger auf Abwegen

Thomas Burkhalter (22) nutzte sein schwingfreies Wochenende für einen Abstecher in die Kraftsportszene. Der Teilverbandskranzer nahm an einem internationalen Bankdrück-Wettkampf teil. «Hanteln und schwere Gewichte faszinieren mich seit meiner Kindheit», erklärt Burkhalter. Im Kraftraum wird er von Schwing-Legende Enrico Matossi betreut. Gemeinsam gelang ihnen eine bemerkenswerte körperliche Verwandlung. Während Burkhalter im vergangenen Sommer noch 104 Kilo wog, sind es mittlerweile gut 130. Die zusätzliche Muskelmasse wusste er beim Bankdrücken gewinnbringend einzusetzen. In der Kategorie bis 22 Jahre triumphierte der Sohn des zweifachen Schwägalp-Siegers Stefan Burkhalter souverän. «Mit meinen 150 Kilo drückte ich fast 50 Kilo mehr als alle anderen.»

In drei Wochen will er bereits das nächste Kräftemessen bestreiten. Dann tritt Burkhalter im Bankdrücken, Kreuzheben und Kniebeugen an. Im Oktober möchte er sich in diesen drei Disziplinen bei der Schweizermeisterschaft beweisen. Und sich für die WM und EM qualifizieren. Derzeit hat das Schwingen aber noch oberste Priorität. Bei den ersten beiden Festen verpasste Burkhalter den Kranz. Das grösste Problem sei der Kopf. Aktuell sucht er deshalb einen Mentaltrainer. Der Sieg im Bankdrücken tut ihm in dieser schwierigen Zeit besonders gut.

Ist seit seiner Kindheit von Hanteln fasziniert: Thomas Burkhalter.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Klartext von König Wicki

Im Vorfeld des Luzerner Kantonalen tauchte das Wort «Angstgegner» ungewöhnlich häufig auf. Und zwar im Zusammenhang mit der Spitzenpaarung zwischen Schwingerkönig Joel Wicki (28) und Marcel Bieri (29). Letzterer hatte den Topfavoriten zuletzt dreimal in Folge bezwungen. In Root LU endete das Duell für einmal ohne Sieger. «Ich habe die Gänge gegen ihn analysiert», erklärte Wicki nach dem Fest. Daraus schien er die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. «Marcel war am Anschlag. Er konnte mich nicht angreifen. Insgesamt habe ich einen guten Kampf gezeigt.» Tatsächlich kam Wicki dem Sieg einmal sehr nahe. Doch Bieri konnte sich am Boden ausdrehen. Auffallend war, wie lange es jeweils dauerte, bis beide Griff gefasst hatten. Der Kampfrichter stoppte deshalb zweimal die Zeit. «Beim Greifen herrschte eine brutale Spannung. Da will man dem Gegner nichts schenken.» 

Abschliessend zur Diskussion um dieses Duell stellt Wicki noch etwas klar: «Marcel ist nicht mein Angstgegner, wie das geschrieben wurde. Ich habe keinen Angstgegner!» Dass er sich vor niemandem zu fürchten braucht, zeigte sich in seinen darauffolgenden Kämpfen. Fünfmal gewann Wicki auf souveräne Weise. «Leider konnte ich nicht mehr ins Rennen um den Schlussgang eingreifen.» Was auch auf die Einteilung zurückzuführen ist. «Es wäre gut gewesen, wenn sie mir Pirmin gegeben hätten.» Wicki wäre der Einzige gewesen, der Pirmin Reichmuth (29) an diesem Tag hätte stoppen können. Der Zuger zog mit fünf Siegen souverän in den Schlussgang ein. Dort bodigte er Marc Lustenberger (22). «Pirmin hat sehr gut geschwungen. Jetzt hoffe ich, dass er unfallfrei bleibt. Denn wir brauchen ihn noch.» 

Joel Wicki (l.) war einmal sehr nahe am Sieg gegen Marcel Bieri.
Foto: keystone-sda.ch

Schurtenbergers überraschende Selbstkritik

Von aussen betrachtet schien das Comeback von Sven Schurtenberger (33) geglückt. Knapp neun Monate nach seinem Kreuzbandriss sicherte er sich am Luzerner Kantonalen den Kranz. Doch mit dem Eichenlaub auf dem Kopf schlug er überraschend Alarm: «Ich muss über die Bücher. Seit Dienstagabend geht nichts mehr. Ich war unheimlich nervös und habe viel zu viel studiert.» Teilweise verlor Schurtenberger während der Kämpfe die Geduld. «Wenn es zu Beginn nicht gleich klappte, ärgerte ich mich, statt die Ruhe zu bewahren.» Diese Probleme will der ehemalige Fussballspieler in den kommenden Tagen analysieren. Bereits am Sonntag geht es für ihn am Ob- und Nidwaldner Kantonalen weiter. 

Obwohl Sven Schurtenberger den Kranz gewonnen hat, ist er nicht wirklich zufrieden.
Foto: keystone-sda.ch

Altmeister mit Problemen

Mit fünf Eidgenössischen Kränzen, 18 Kranzfestsiegen und 119 Kranzgewinnen zählt Christian Schuler (37) zu den ganz grossen des Schwingsports. Derzeit kämpft der Altmeister jedoch mit einem für ihn ungewöhnlichen Problem. Anstatt um den Schlussgang zu schwingen, muss er um den Kranzgewinn zittern. Zweimal missriet ihm zuletzt der Start in ein Fest. Am Schwyzer Kantonalen verlor er die ersten beiden Kämpfe. Danach machte sich der zweifache Familienvater grundlegende Gedanken. «Wie lange will ich mir das noch antun?», fragte sich Schuler. Auch am Luzerner Kantonalen lag er am Morgen zweimal auf dem Rücken. «Es fehlt die Entschlossenheit. Ein kleines Zögern mag es gegen diese Gegner nicht leiden.» Doch wie bereits am Schwyzer Kantonalen konnte er sich auch am letzten Sonntag steigern. «In den Trainings läuft es sehr gut, das stimmt mich positiv.» 

Bei Christian Schuler läuft noch nicht alles nach Wunsch. Trotzdem sicherte sich der fünffache Eidgenosse am Luzerner Kantonalen den Kranz.
Foto: keystone-sda.ch

Kranzgewinn trotz Nasenbruch

Als Noe Van Messel (23) nach seinem sechsten Gang auf den Blick-Reporter zuläuft, scheint etwas anders als sonst. Beim zweiten Hinsehen wird klar, was nicht stimmt. «Meine Nase ist schräg», erklärt der Zuger. Der schmerzhafte Zwischenfall ereignete sich im fünften Gang. Er knallte mit dem Kopf ins Sägemehl und brach sich dabei die Nase. Die Sanitäter konnten sie nicht sofort richten. Mit einem Tuch in der Nase, das die Blutung stoppte, kehrte Van Messel kurz darauf in den Sägemehlring zurück. Dort liess er seinem Gegner keine Chance. Später gewann der Teufelskerl von der Elite-Uni in St. Gallen auch noch seinen letzten Kampf und sicherte sich damit den Kranz. «Für den letzten Gang reichte das Adrenalin nicht mehr. Da brauchte ich ein paar gute Schmerzmittel.»

Da war die Nase noch ganz: Noe van Messel (oben) duellierte sich im ersten Gang am Luzerner Kantonalen mit Roman Zurfluh.
Foto: keystone-sda.ch

Der berühmte Name

Fünfmal hat Nöldi Forrer während seiner Karriere das St. Galler Kantonalschwingfest gewonnen. Nun taucht sein Name wieder auf der Teilnehmerliste auf. Aber nicht, weil der König von 2001 entschieden hat, sein Comeback zu geben. Sondern weil jemand aus seiner Familie in seine Fussstapfen treten möchte. Die Rede ist von David Forrer, seinem Neffen. Der 16-Jährige nimmt erstmals an diesem Fest teil. «Wenn ich drei Gänge gewinne, bin ich schon ziemlich zufrieden», sagt er im Vorfeld gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Und dieses Ziel erreicht er. Er gewinnt dreimal, lässt sich einmal die Maximalnote notieren. Und vor allem bezwingt er mit Remo Büchler einen Teilverbandskranzer. Daneben gibts einen Gestellten und zwei Niederlagen. Unterm Strich bedeuten die 55,25 Punkte Schlussrang 12. Dass er schwingt, daran ist der berühmte Onkel nicht ganz unschuldig. «Da unsere Nachbarn geschwungen haben, meinten mein Vater und mein Onkel, dass ich es auch mal probieren soll», so Forrer.

Stein statt Holz in Root

Ein Schwingfest ohne Brunnen ist wie ein Fisch ohne Wasser – unvorstellbar. Jeder Schwinger geht mehrmals am Tag dort vorbei, kühlt sich ab, löscht den Durst oder befreit sich von Sägemehl. Die meist kunstvoll geschnitzten Brunnen sind aus Holz, verschönern so das Bild der Schwing-Arena. In Root stechen sie besonders ins Auge. Denn beim Luzerner Kantonalen sind die beiden Brunnen nicht aus Holz – sondern aus Rooterberger Sandstein. Die Eckdaten: Rund 1100 Kilogramm schwer, 200 Zentimeter lang und 60 Zentimeter breit ist das Kunststück. Hergestellt und gestiftet wurden sie von den regionalen Naturstein-Spezialisten der Emilio Stecher AG. Der verarbeitete Stein ist 20 Millionen Jahre alt, der Steinbruch befindet sich unweit des Festplatzes in Root. Der vierfache Eidgenosse Benji von Ah wird in seiner Funktion als Experte bei Tele1 auf den ungewöhnlichen Brunnen angesprochen. Meist seien diese aus Holz, an einen ähnlichen kann er sich aber erinnern. «Ich meine, vor drei Jahren beim Tessiner Kantonalen waren die Brunnen aus Granit», so von Ah. Und was passiert nach dem Fest mit den besonderen Brunnen? Zumindest einer bekommt einen neuen Besitzer. Er wurde zugunsten des Schwingnachwuchses versteigert. Und hat 7500 Franken eingebracht.

Die Brunnen beim Luzerner Kantonalen sind aus Stein.
Foto: Screenshot Tele1

Die Königs-Favoriten

Samuel Giger unterstreicht seine starke Form auch beim St. Galler Kantonalen. Zwar kommt er gegen Andrin Poltera im 5. Gang nicht über einen Gestellten hinaus, ansonsten zeigt er aber eine starke Leistung. Und feiert bei seinem zweiten Fest den zweiten Saisonsieg. Auch Pirmin Reichmuth beweist, dass mit ihm zu rechnen ist. Nach den Rängen 2 und 3 bei den bisherigen Festen lässt er sich beim Luzerner als Sieger schultern. Und das auf beeindruckende Manier. Alle Gänge gewinnt er, mit Ausnahme von einem gelingt ihm immer der Plattwurf.

Mit Fabian Staudenmann und Adrian Walther sind auch die Berner Königsanwärter in die Saison gestartet. Und die Teamleader stolpern über einen jungen Teamkollegen. Michael Moser, der erst im Juli seinen 20. Geburtstag feiert, bodigt die beiden Eidgenossen nacheinander. Besonders beeindruckend: Staudenmann, der letzte Saison unbezwungen blieb, legt er platt aufs Kreuz. Am Ende reichts Staudenmann und Walther nicht für den Festsieg, sie reihen sich aber auf den Rängen 2 und 3 ein. Bereits zum zweiten Mal wird Joel Wicki seiner Rolle als Topfavorit nicht gerecht. Erneut wird der König Zweiter. Zwar verhindert er die vierte Niederlage en suite gegen Marcel Bieri (Gestellter im 1. Gang), danach verpasst er bei den fünf Siegen aber dreimal die Maximalnote. So reichts nicht für ganz oben in der Rangliste. 

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