Darum gehts
- Armon Orlik erfüllt sich Bubentraum und erhält einen Einblick bei der Polizei
- Sein Bruder Lucas war in Friedensmissionen in Konflikt- und Kriegsgebieten tätig
- Am Ende gesteht Orlik, dass er einmal etwas sehr schnell unterwegs war
Armon Orlik (30) sitzt grinsend in einem Polizeiauto. Für ihn geht gerade ein Bubentraum in Erfüllung. Fasziniert lauscht er seinem Bruder Lucas. Dieser erklärt ihm, wie er Verbrechern das Handwerk legt. «Als Kind träumte ich davon, Polizist zu werden», erzählt der Schwinger.
Ausgelöst durch seinen Vater, der unter anderem zwei Jahre lang für die Päpstliche Schweizergarde im Vatikan im Einsatz war. «Er kam oft mit der Polizeiuniform nach Hause. Das faszinierte mich.» Hielt Armon Orlik aber nicht davon ab, gegen die Regeln zu verstossen.
Kleine Vergehen, grosse Geschwisterbande
Orlik erinnert sich, wie er als Kind manchmal ohne die damals obligatorische Vignette zur Schule fuhr. «Dann gab es einen Zusammenschiss», sagt er lachend. Auch das Licht fehlte teilweise. Als jüngster von vier Brüdern durfte er sich tendenziell aber etwas mehr erlauben.
Zudem konnte Orlik auf die Unterstützung seines ältesten Bruders zählen. «Lucas und ich bildeten jeweils ein Team. Ich brauchte jemanden an meiner Seite gegen Flavio und Curdin – sonst hätte ich keine Chance gehabt.»
Später wurde ihre enge Beziehung auf die Probe gestellt. Nachdem Lucas Orlik seine Ausbildung zum Leutnant im Militär abgeschlossen hatte, diente er, wie sein Vater, in der Schweizergarde im Vatikan.
Gefährliche Einsätze in Kriegsegebieten
Anschliessend zog es ihn in die militärische Friedensförderung. So war er als Vertreter des Kommandos Swissint für verschiedene Friedensmissionen tätig. Seine Arbeit führte Lucas nach einem ersten Einsatz im Kosovo auch nach Israel, Bosnien und in die Demokratische Republik Kongo.
Als Militärbeobachter begab er sich in Konflikt- und Kriegsgebiete. «Eine unserer Aufgaben war es, Geschosse zu untersuchen, die ein Land in ein anderes gefeuert hatte», sagt Lucas Orlik. «Da bestand auch immer die Möglichkeit, dass weitere Geschosse folgen würden. Zwei-, dreimal wurde es brenzlig.»
Zu wissen, dass sein Bruder solchen Gefahren ausgesetzt war, beschäftigte Armon Orlik. «Natürlich machte ich mir Sorgen. Aber ich wusste, dass Lucas die Risiken sehr gut einschätzen konnte.»
Details blieben Orlik erspart
Da sich seine Handynummer immer wieder änderte und er teilweise keinen Empfang hatte, hörten sich die Brüder manchmal wochenlang nicht. «Wenn in meiner Region etwas Gröberes passierte, informierte ich meine Familie. Damit sie wussten, dass es mir gut geht», erklärt Lucas Orlik.
So wurden seine Liebsten nicht von Medienberichten überrascht. Details ersparte er ihnen. «Zum Glück bekam ich nicht alles mit», meint Armon Orlik. Wie die ganze Familie war auch der Spitzenschwinger froh, als sein Bruder Anfang 2022 wieder in die Schweiz zurückkehrte.
Hier absolvierte Lucas Orlik die Zürcher Polizeischule. Seither sehen sich die Brüder regelmässiger. Im Winter pflegen sie sogar ein gemeinsames Ritual. «Wir baden in einem kalten See und gehen dann in die Sauna. Da entstehen immer sehr spannende und tiefgründige Gespräche», sagt Armon Orlik.
Geblitzt in der 50er-Zone
Dabei sieht er sich auch mit kritischen Fragen seines Bruders Lucas konfrontiert. «Er hinterfragt gewisse Entscheidungen von mir. Das sind jeweils wertvolle Denkanstösse.» Seit drei Jahren richtet Orlik sein Leben nach diesem einen grossen Ziel aus.
Am ESAF in Mollis GL will er Schwingerkönig werden. «Wenn Armon etwas will, dann erreicht er das auch. Seinen eisernen Willen bewundere ich sehr», sagt Lucas Orlik, der mittlerweile bei der Kantonspolizei Zürich arbeitet.
Nicht ganz so diszipliniert wie im Training ist Armon Orlik auf der Strasse unterwegs. Im vergangenen Dezember erwischte es ihn nach einem Training. «In der 50er-Zone fuhr ich rund 15 km/h zu schnell. Ich dachte, es sei eine 60er-Zone. Dann wurde es plötzlich hell. Da wusste ich, etwas ist nicht gut.» Gelächter bricht aus.
Bruder beruhigt Königsanwärter
Einige Wochen später erhielt Orlik die Rechnung. «Sie betrug 250 Franken. Das war mir eine Lehre.» Seither hat er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen. Während Lucas Orlik noch immer schmunzelt, beruhigt er seinen jüngeren Bruder: «So etwas ist auch mir schon passiert.»
Am Ende des Gesprächs und nach der Besichtigung des Polizeiautos stellt sich eine letzte Frage: Wird Orlik nun doch noch Polizist? «Nein, nein. Ich habe meine grosse Leidenschaft im Holz gefunden. Die Verbrecherjagd überlasse ich Lucas», so der Holzbauingenieur. Wieder müssen beide lachen.