TdF vor neuem Problem – nach EPO nun die Magersucht
Froome: Das Gewicht als härtester Gegner

Ein Blick ins Gesicht von Tour-Sieger Froome zeigt: Der Radsport wird zum Kampfwiegen.
Publiziert: 22.07.2013 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:27 Uhr
Nach TdF-Sieg: Froomes Ex-Trainer opfert Ziege
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:Nach TdF-Sieg: Froomes Ex-Trainer opfert Ziege
Von Hans-Peter Hildbrand

Die Pariser Prachtstrasse Champs Elysées für einmal im Scheinwerferlicht. Die Nacht-Etappe zum Abschluss der 100. Tour de France gewinnt der deutsche Kittel.

Endlich zuschlagen darf Gesamtsieger Chris Froome (28) beim anschliessenden Bankett. Der Brite nützt den freien Ausgang aus dem «Straflager» des Teams Sky richtig aus. Teamchef Dave Brailsford (39), der seine Fahrer das ganze Jahr an den Rennen, in den Trainigslagern oder daheim überwacht, lässt am Tag danach wieder einrücken. 

Seit Ernährungsexperten einen Teil der Radprofis täglich drangsalieren, wird der Radsport mit Skispringen verglichen. Als zu Zeiten der magersüchtigen Weitenjäger («ein Kilo weniger, einen Meter mehr») nur noch gehungert wurde. Bis aus den Hungerbuben plötzlich Kummerbuben wurden und der Inter­­nationale Skiverband FIS einen Body-Mass-Index (BMI) von 20,5 als Minimum festsetzte.

Tour-Sieger Froome – Spötter sprechen von einem «in Hosen gesteckten Röntgenbild» – liegt bei einer Grösse von 1,86 Metern und einem Gewicht von 66 Kilogramm mit einem BMI von 19,1 knapp im normalen Bereich. Wie sehr er das ganze Jahr fasten muss, zeigt sein Gewichtsunterschied Sommer/Winter – er beträgt nie mehr als ein Kilo.

Fettanteil senken, Muskelkraft erhöhen

Schon der letztjährige Tour-Sieger Bradley Wiggins war ein Gefangener seines Gewichts. Nachdem er sich 2008 bis zu zwölf Kilo abgehungert hatte, zog er die Reissleine. «Es ging mir immer darum, die Tour zu gewinnen. Das habe ich geschafft. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass ich noch einmal zu solchen Entbehrungen bereit bin.»

Marcello Albasini, Sportlicher Leiter des Schweizer IAM-Teams, sagt: «Jedes verlorene Kilo Gewicht macht den Fahrer in den Bergen sicher schneller.» Und er spricht auch das Rudel-Denken im Radsport an. «Viele werden jetzt das Team Sky mit Exzessen nachahmen.» So senken Rennfahrer bereits jetzt ihren Fett­anteil von 6 bis 7 auf 4,5 Prozent hinunter. Das ist rund viermal weniger als ein gleichaltriger normalgewichtiger Bürger hat.

Der Weltverband UCI wird in zwei, drei Jahren ein Problem mit magersüchtigen Radprofis lösen müssen. Und auch mit neuen Dopingmitteln (Wachstums­hormone), die Fett fressen und die Muskelkraft erhöhen. Derzeit stellt sich bei dem Muskelturbo Aicar die Sachlage so dar, wie es bis 2002 mit dem Blut­stimulator EPO der Fall war: Der Gebrauch ist strafbar. Weil man ihn nicht nachweisen kann, ist der Anreiz für Betrüger jedoch enorm.

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War die Tour dopingfrei?

Bis gestern wurde jedenfalls keiner erwischt – was aber nichts heissen will. Vorerst wird die Tour von 1998 aufgearbeitet. Am Mittwoch wird eine Kommission des französischen Senats die Nachtests von Dopingkontrollen der Skandaltour veröffentlichen. Werden Namen bekannt?

Mehr als 50 B-Proben, die das akkreditierte Labor in Châtenay-Malabry (Fr) 2004 erneut analysierte, sollen positiv auf EPO sein. Die Vereinigung der Radprofis CPA wehrt sich, denn die  Nachkontrollen seien 2004 «aus rein wissenschaftlichen Gründen und nicht für Anti-Doping-­­Kontrollen» erfolgt, zudem hätte das Labor «nicht den anerkannten Test-Standards» entsprochen. Eine Veröffentlichung mutmasslicher  Dopingsünder sei eine Vorverurteilung «ohne das Recht der Verteidigung».

Nachtests wird es auch von dieser 100. Tour geben. Schon 2008 – als die Franzosen nachträglich auf die EPO-Variante CERA testete – erwischte es die Profis Stefan Schumacher (De) und Bernhard Kohl (Ö).

Hans-Peter Hildbrand

 

Bis gestern wurde jedenfalls keiner erwischt – was aber nichts heissen will. Vorerst wird die Tour von 1998 aufgearbeitet. Am Mittwoch wird eine Kommission des französischen Senats die Nachtests von Dopingkontrollen der Skandaltour veröffentlichen. Werden Namen bekannt?

Mehr als 50 B-Proben, die das akkreditierte Labor in Châtenay-Malabry (Fr) 2004 erneut analysierte, sollen positiv auf EPO sein. Die Vereinigung der Radprofis CPA wehrt sich, denn die  Nachkontrollen seien 2004 «aus rein wissenschaftlichen Gründen und nicht für Anti-Doping-­­Kontrollen» erfolgt, zudem hätte das Labor «nicht den anerkannten Test-Standards» entsprochen. Eine Veröffentlichung mutmasslicher  Dopingsünder sei eine Vorverurteilung «ohne das Recht der Verteidigung».

Nachtests wird es auch von dieser 100. Tour geben. Schon 2008 – als die Franzosen nachträglich auf die EPO-Variante CERA testete – erwischte es die Profis Stefan Schumacher (De) und Bernhard Kohl (Ö).

Hans-Peter Hildbrand

 

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