Martina Hingis im Interview
«Donald Trump hat mich eingeladen»

Martina Hingis freut sich auf Weihnachten. Eine Zeit, in der sie zur Ruhe kommt. Sie schaut zurück auf ein erfolgreiches Jahr. Und hat auch 2017 viel vor.
Publiziert: 25.12.2016 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:46 Uhr
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Martina Hingis auf dem Zürcher Weihnachtsmarkt: «Ich bin kein Strandgirl. Ich sitze gern vor einem Cheminéefeuer.»
Foto: PHILIPPE ROSSIER
Felix Bingesser

SonntagsBlick: Martina Hingis, wir trinken Glühwein und spazieren über den Zürcher Weihnachtsmarkt. Offenbar gefällt Ihnen diese Jahreszeit.
Martina Hingis:
Ja. Ich bin kein Strandgirl. Ich liebe den Winter, den Schnee, die Berge und Seen und Flüsse. Ich sitze gerne vor einem Cheminéefeuer. Und ich habe Zeit. Für mich, für mein Pferd, für die ­Familie.

Zeit, um auf ein tolles 2016 zurückzuschauen?
Ich lebe nicht so sehr in der Ver­gangenheit. Klar, es war ein schönes Jahr. Auch sportlich. Der Gewinn der Silbermedaille mit Timea Bacsinszky bei den Olympischen Spielen gehört zu den Highlights des Jahres. Da hatte das Schweizer Tennis ja einige Trümpfe. Am Ende blieben Timea und ich. Und wir ­haben da ein kleines Wunder ­geschafft.

Viele Leute sagen: Endlich ist Martina Hingis bei sich selber angekommen. Sie war nie so ­offen und zufrieden, so glücklich einfach?
Ja, ich bin glücklich. Und habe meine positive und offene Einstellung auch nie verloren. Und so haben mich die Leute auch immer wahrgenommen. Sie haben sich nie so gross beeinflussen lassen, wie ich in den Medien dargestellt wurde.

Wie sind denn die Reaktionen der Leute?
Heute war ich am Morgen mit dem Pferd unterwegs. Da hat ein Mountainbiker angehalten und mir zugerufen: «Coole Karriere, Martina!». Ich habe viele solcher Begegnungen.

«In der Schweiz kapiert man den unheimlichen Sex-Appeal dieser bemerkenswerten Frau nicht.» Das hat die «Weltwoche» ­geschrieben. Freut Sie das?
Das war ja eine dieser eher selt­samen Geschichten. Ich habe mit dem Autor nie geredet.

Aber Sie fühlen sich wohler und attraktiver denn je?
36 ist wohl für eine Frau einfach ein gutes Alter. Man hat das eine oder andere erlebt, man hat eine gewisse Reife, man fühlt sich ­attraktiv.

Die Schweiz hat in einer Generation zwei herausragende Figuren im Welttennis. Roger Federer hat eine makellose Biografie. Bei Martina Hingis ist schon der eine oder andere Stolperstein ­dazwischen gekommen.
Ich kam mit 15 in diese Glitzerwelt. Praktisch von einem Tag auf den anderen. Das ist nicht immer einfach und ich musste viel Lehrgeld bezahlen. Man kann mit 16 Jahren nicht immer alles kontrollieren. Und mit 17 kamen dann die Hormone dazu. Wie das in diesem Alter halt so ist.

Und es gab viele Geschichten.
Ich war immer ein offener Mensch und habe mir diese Unbeschwertheit und Offenheit bis zum heutigen Tag bewahrt. Ich sehe immer noch das Gute in den Menschen. Natürlich wird man vor allem gegenüber den Medien vorsichtiger, wenn man so viele Ohrfeigen kassiert hat. Aber ich möchte bleiben, wie ich bin. Ich bin ein emotionaler Typ mit vielen Hochs und Tiefs. Das hilft manchmal auch.

Wann?
Beim Tennis beispielsweise. Die ­Unberechenbarkeit gehört zu ­meinem Spiel. Zumindest auf dem Tennisplatz hat mir mein Temperament auch ­geholfen.

Ihre Karriere und Ihr ­Leben hat Ecken und Kanten. Dagegen scheint bei Federer alles glatt-gebügelt.
Das sind zwei Welten. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass ­Roger etwas von meinen Erfahrungen profitieren konnte. Und er hat natürlich alles unter Kontrolle und wird abgeschirmt. Das ist bei mir ­etwas anders. Ich kann und will gar nicht alles bis ins letzte Detail ­kontrollieren.

Sie haben sich von Ihrer Partnerin Sania Mirza getrennt. Und spielen neu mit Coco Vandeweghe. Wer hat da wen «aufgerissen»?
Ich hatte mit Sania zwei wunderbare Jahre. Aber es braucht jetzt eine Änderung. Ich kenne Coco schon einige Jahre. Ich habe sie ­angerufen und gefragt, ob sie mit mir spielen will.

Heisst die wirklich Coco?
Nein, sie heisst eigentlich Coleen. Aber in ihrer Familie haben offenbar alle solche Künstlernamen. ­Entscheidend ist ja, dass wir auf dem Platz harmonieren.

Und wieder Grand-Slam-Turniere gewinnen?
Das wäre schön. Aber das Niveau ist hoch, es wird hart. Nach Australien wissen wir dann mehr.

Es gibt ja mittlerweile auch in den Doppelkonkurrenzen viel zu verdienen.
Ja, die Preisgelder sind extrem gestiegen. Für einen Doppeltitel gibts heute schon beinahe so viel wie vor 20 Jahren für einen Einzeltitel.

Die Schweiz ist in den letzten 20 Jahren zur Tennisnation geworden. Wie ist das zu erklären?
Das weiss ich auch nicht. Ein Faktor ist aber sicher, dass einige Leute aus der ehemaligen Tschechoslowakei in die Schweiz gekommen sind. Und Talent und Fachwissen importiert haben. Das gilt jetzt nicht nur für meine Familie. Ein weiterer Grund: In der Schweiz gibt es extrem viele Tennisplätze. In jedem Dorf kann man ja Tennis spielen.

Liegt eigentlich der Gewinn des Fed Cups für die Schweizer Frauen drin?
Wenn alle auf ihrem höchsten ­Niveau spielen, dann können wir den Fed Cup gewinnen, ja.

Da müssen aber alle topfit sein. Sie sind es ja. Werden Sie immer noch von Ihrer Mutter trainiert?
Klar. Ich fahre mit dem Mountainbike und sie mit dem E-Bike hinterher ...

Werden Sie bei den Olympischen Spielen 2020 nochmals dabei sein?
Keine Ahnung. Ich mache keine langfristigen Pläne. Aber irgendwie werde ich dem Tennis schon erhalten bleiben.

Als Trainerin?
Das war ich ja schon. Und es liegt im Trend, dass ehemalige Spitzenspieler Trainer werden. Lendl, ­Becker, Ivanisevic. Und, und, und.

Aber vielleicht kommt ja alles anders und Martina Hingis wird bald Hausfrau und Mutter.
Warum nicht? Ich möchte gerne einmal Kinder. Und die biologische Uhr tickt.

Sie haben einmal gesagt, dass die Begegnung mit Muhammad Ali zu Ihren eindrücklichsten Erlebnissen gehört. Jetzt ist Ali gestorben. Hat Sie das sehr berührt?
Ja. Er war eine grosse Persönlichkeit. Er hat den Sport zum Profisport gemacht. Aber mein Stiefvater Mario Widmer hat ihn ja besser gekannt.

Was haben Sie sonst noch für herausragende Persönlichkeiten getroffen?
Viele. Shaquille O’Neal, Tiger Woods und Alberto Tomba. Mit Pelé habe ich mal ein Doppelinterview gemacht. Und auch Donald Trump hat mich mal eingeladen.

Wie bitte?
Das ist jetzt 20 Jahre her. Ivana Trump, die damalige Frau von ­Donald Trump, war ein Fan von mir. Sie kommt ja aus der Tschechoslowakei. Dann hat im Trump-Taj-Mahal-Hotel in Atlantic City der Box-WM-Kampf zwischen George Foreman und Shannon Briggs stattgefunden. Mario Widmer hat dann Donald Trump angerufen, und er hat uns zum Kampf eingeladen. Ich sass neben Donald Trump. Wir ­haben uns nett unterhalten.

Sie sind mit 22 Jahren zum ­ersten Mal zurückgetreten. ­Bereuen Sie das?
Nein. Ich habe damals einfach die Zeit für mich gebraucht. Es hat ­diesen Weg gebraucht.

Am Ende des Lebens bereut man nie die Dinge, die man gemacht hat. Sondern nur die Dinge, die man nicht gemacht hat. Könnte diese alte Lebensweisheit ein Titel für Ihre Biografie sein?
Warum nicht? Das passt schon recht gut.

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