Vor Hugs Grabstätte in der Hoshuin-Tempelanlage in Kyoto läuft für Bajrami ein Film rückwärts. Titel: «Mein Leben mit Andy». Xhavit erinnert sich an den 22. April 2000, den Vorabend zu Hugs Kampf gegen Glaube Feitosa (Bra). Hug lag im Hotelzimmer im Bett. Sein Zustand hatte sich verschlechtert. Rote Flecken am ganzen Körper, geschwollene Lippen, aufgedunsene Nase. Bajrami, der vier Jahre lang Tag und Nacht mit seinem Lehrmeister in Japan verbracht hat, unterband mit seinen Pranken die Blutzufuhr in Andys Oberarm. Dann stach ein japanischer Arzt zu. Die Infusionsflasche hing, an einem Kleiderbügel befestigt, an der Nachttischlampe.
«Dann haben sie ihm diese Spritze gegeben»
Bajrami zu BLICK: «Ich hätte hinschauen müssen, was da drin war.» Denn vor Hugs drittletztem Kampf seines Lebens war alles anders als je zuvor. Bajrami: «Er ging in den Trainings fast immer k.o. Er liess am Vorabend das Sparring aus. Dann haben sie ihm diese Spritze gegeben. Und nach dem Kampf, einer Schlacht über fünf Runden, sagte Andy zu mir: Ich habe mich noch nie so gut gefühlt, wir müssen unseren Trainingsplan überdenken.» Wunder-Doping? Bajrami: «Ich hatte mit Doping nie etwas am Hut.»
Noch Stunden nach dem Kampf und der mysteriösen Spritze rann Blut aus Hugs Schädeldecke. Vier Monate später starb Andy wegen akuter Leukämie.
Wände mit Zeitungsartikeln über Hug bepflastert
Bajrami, 1991 als Flüchtlingskind aus dem Kosovo zu seinem Vater nach Littau LU ausgewandert, jobbt in den 90ern als Türsteher im Nachtclub des ehemaligen Fussball-Internationalen Andy Halter. Und lernt dort Hug kennen.
1996 folgt er seinem Idol nach Japan. «Andy hat sehr viel in mich investiert.» Seit Juni 2009 ist Bajrami Profi-Weltmeister nach Version ISKA. Er betreibt in Littau ein Trainingscenter. Die Wände in seinem Dojo sind bepflastert mit Zeitungsartikeln über Andy Hug.