Das Spiel
St. Gallen muss in Lausanne trotz langer Überzahl zittern, fährt am Ende aber den vierten Saisonsieg ein.
Die Partie im Stade de la Tuilière ist von Anfang an turbulent und emotionsgeladen. Nach einer Viertelstunde zeigt Schiri Désirée Grundbacher nach Sichtung der Video-Bilder auf den Punkt, nachdem der Ball dem Lausanner Soppy zunächst an den Fuss und erst dann an den ausgestreckten Arm springt. Ein harter Entscheid – der aber nicht ins Gewicht fällt. Denn Lausanne-Torwart Letica hält den eigentlich guten Versuch von Baldé, der FCSG vergibt wie vor Wochenfrist einen Strafstoss.
Die Gäste geben vor der Pause klar den Ton an. Weil Letica aber noch zweimal mirakulös pariert (31. und kurz vor der Pause), halten sich die Hausherren unbeschadet. Weil Diakité die Nerven verliert (44.) und wegen eines Schlags gegen Gaals Hinterkopf vom Platz fliegt, können die Espen über die Hälfte des Spiels in Überzahl agieren.
Dies scheint das Massen-Team aber zunächst zu hemmen: Kurz nach der Pause trifft Lausanne aus dem Nichts zur Führung. Dass es am Ende doch zu drei Auswärtspunkten reicht, verdanken die Ostschweizer ihrem Shootingstar. Der Alessandro Vogt (20) dreht das Spiel mit einem Doppelpack.
Ohne Zittern gehts bei St. Gallen trotz Überlegenheit nicht: Beim Stand von 1:1 vergibt Sigua kläglich, in der 83. Minute rettet Zigi gegen Roche.
Die Tore
46. Minute, Olivier Custodio, 1:0. Espen-Goalie Zigi lässt einen Schuss von Soppy aus spitzem Winkel nach vorne abprallen, Custodio staubt ab.
55. Minute, Alessandro Vogt, 1:1. Abschlussversuch oder genialer Pass? Unklar. Fakt ist: Der Ball von May findet Vogt links im Strafraum. Der Youngster legt sich die Kugel auf den rechten Fuss und haut sie aus spitzem Winkel rein.
64. Minute, Alessandro Vogt, 1:2. Vogt schnürt den Doppelpack! Wieder ist der Winkel spitz – aber von der anderen Seite. Der Ball schlägt perfekt unten links im seitlichen Tornetz ein. Damit führt Vogt die Torschützenliste der Super League neu mit fünf Treffern an.
Die Stimmen (gegenüber Blue)
«Ungewöhnlich. Normal sind hier in Lausanne nicht so viele Emotionen im Spiel, da gehts sonst mehr um Fussball», sagt FCSG-Captain Lukas Görtler. Ob es mit Ex-Coach Zeidler bei Lausanne zu tun habe, wird er gefragt. «Nicht bewusst, nicht mit einem bösartigen Gefühl. Es hat sich aber schon etwas angefühlt wie das erste Treffen mit der Ex-Freundin. Wir haben aber versucht, unser Spiel durchzusetzen, die Intensität auf den Platz zu bringen. Das machen wir in der ersten Halbzeit hervorragend, machen aber die Tore nicht.» Zu den Emotionen im Spiel erklärt er: «Es gehören immer beide dazu, ich würde das nicht zu hoch hängen. So gehört sich Fussball manchmal. Für uns natürlich glücklich, dass wir am Schluss gewinnen.»
«Nein, nein, nein, konzentrieren wir uns auf den Fussball, und da hat St. Gallen gewonnen», sagt Lausanne-Coach Peter Zeidler auf die Frage, ob zu viele Emotionen im Spiel waren. «Ich nehme viel auf mich. Ich habe lange überlegt und war dann der Meinung, die Frische sei ausreichend, um das Spiel zu gewinnen. Aber die körperliche Frische war nicht ausreichend. Deshalb muss ich das auf mich nehmen, ich hätte fünf, sechs, sieben, acht Spieler vor dem Spiel wechseln müssen. Das habe ich nicht gemacht, weil die Mannschaft einen so guten Eindruck gemacht hat die letzten Wochen. Aber heute hat es gegen einen hyperaggressiven Gegner nicht gereicht.», erklärt er mit Blick auf die Sensation gegen Besiktas vom vergangenen Donnerstag mit heiserer Stimme. Zeidler lobt St. Gallen und sagt, dass er immer Sympathien für seinen Ex-Klub haben werde. «Natürlich haben mich ein paar Dinge immens gestört, aber das gehört nicht hier hin.»
Der Beste
Zwei Tore in neun Minuten, die seinem Team den Sieg bringen. Es bedarf keiner grossen Worte, um zu erklären, warum Alessandro Vogt in Lausanne der Beste ist.
Der Schlechteste
Gaoussou Diakité ruiniert das Spiel aus Lausanner Sicht, als er kurz vor der Pause beschliesst, Tom Gaal einen Schlag auf den Nacken mitzugeben – Rot! Eine dumme Aktion, die den Niedergang der Lausanner beschleunigt.
Das gab zu reden I
Die Partie ist bereits seit einigen Augenblicken abgepfiffen, als es auf dem Kunstrasen noch zu einem Eklat kommt: FCSG-Coach Enrico Maassen und sein Vorgänger in der Ostschweiz (und nun Lausanne-Trainer), Peter Zeidler, geraten aneinander. Neben Gratulationen werden ganz offensichtlich auch weniger freundliche Worte ausgetauscht. Zwischenzeitlich greift Maassen seinem Lausanner Pendant noch ins Gesicht, was diesem überhaupt nicht passt. Am Ende müssen die Spieler die beiden Trainer voneinander fernhalten. Darüber reden wollen beide Trainer danach nur kurz. Zeidler meint vielsagend: «Das Verhalten der St. Galler Bank will ich nicht kommentieren, das wäre sonst ein Fehler.» Und Maassen erklärt sich: «Ich wollte Zeidler nach dem Spiel eigentlich beruhigen. Ich hätte ihm aber nicht ins Gesicht fassen sollen.»
Das gab zu reden II
Die Rückkehr von Aliou Baldé ins Stade de la Tuilière ist für den ehemaligen Lausanne-Spieler schwierig. Er glaubt, in der 3. Minute den Führungstreffer erzielt zu haben – das Tor zählt aber wegen Offside nicht. Dann verschiesst er einen Penalty und gerät sogar mit seinen ehemaligen Teamkollegen aneinander, weil er nach einer Verletzung von Poaty die Fairplay-Regel missachtet.
Die Fans
«Obwohl uns die Hölle versprochen wurde, stehen wir nun vor den Toren des Paradieses! Wenn wir auf dem Boden bleiben, ist jeder Traum möglich!» Die Fans von Lausanne entrollten wenige Tage nach dem Erfolg bei Besiktas ein schönes Transparent. Auch wenn sie mit den Gedanken in den Wolken schwebten, landen sie am Sonntag doch wieder auf den Boden der Tatsachen. 6852 Fans sind im Stadion vor Ort.
Die Schiedsrichterin
Die erste Halbzeit ist äusserst angespannt und man hat den Eindruck, dass Désirée Grundbacher den Faden zu verlieren droht. Allerdings zögert sie nicht, Diakité die verdiente rote Karte zu zeigen. In der zweiten Halbzeit hat sie alles unter Kontrolle.
So gehts weiter
Nach der Länderspielpause spielt St. Gallen am Samstag, 13. September zu Hause gegen Lugano (20.30 Uhr). Lausanne trifft einen Tag später im Letzigrund auf GC (16.30 Uhr).
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | 5 | 7 | 13 | ||
2 | 5 | 9 | 12 | ||
3 | 5 | 2 | 9 | ||
4 | 5 | 1 | 8 | ||
4 | 5 | 1 | 8 | ||
6 | 4 | 4 | 7 | ||
7 | 5 | -2 | 7 | ||
8 | 5 | -2 | 3 | ||
9 | 4 | -2 | 3 | ||
10 | 4 | -5 | 3 | ||
11 | 4 | -5 | 2 | ||
12 | 5 | -8 | 2 |