Hadergjonaj
Ein bodenständiger Langnauer Giel

Er hat den schwierigsten Namen der Liga. Er ist blond, bleich und dennoch kosovarischer Abstammung. Dabei ist Florent Hadergjonaj ein Langnauer Giel. Ein waschechter Emmentaler.
Publiziert: 28.09.2014 um 10:51 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:40 Uhr
Von Alain Kunz

Hader..., wie bitte? Was auf den ersten Blick wie der schlimmste Zungenbrecher in der Geschichte der Super League wirkt, ist auf den zweiten halb so schlimm. «Hadertschonai» wird Florents Name korrekt ausgesprochen. Geht doch.

Erstmals taucht dieser Name in Langnau im Emmental in dem Jahr auf, in dem Jimmy Carter US-Präsident wird: 1977. Damals lässt sich der aus Deqan im Kosovo stammende Grossvater von Florent in der ländlichen Idylle eines Jeremias Gotthelf nieder. 1986 reist ihm sein Sohn nach. 1994 wird Florent geboren. Die dritte Generation schon. Und der erste Fussball-Star.

Denn mittlerweile hat der blonde Schlaks den Sprung ins luxuriöse YB-Kader geschafft. Vor genau einem Jahr, bei einem 0:1 gegen den FCZ, gibt er sein Debüt bei den Profis. «Nahdisnah» verdrängt er den Routinier Scott Sutter aus der Stammelf. «Ach was», sagt Florent. «Wir haben beide ungefähr gleich viele Einsätze gehabt.»

Ein Satz, der so typisch ist für den Jungen mit den tadellosen Manieren. Tattoos? «Nein, muss ich nicht haben.» Schmuck? Brillanten im Ohr? Die Fussballer-Statussymbole sucht man bei Florent vergebens. Fast entschuldigend sagt er: «Ich bin eher ein bodenständiger Typ.» Geerdet durch das Emmental.

Doch so gut es derzeit fussballerisch läuft – der Weg dorthin ist holprig. In Thun ist noch alles gut. Da durchläuft Klein Florent alle Stationen von der U12 bis zur U15. Dann beginnen die Probleme. «Als es um einen Platz im Team Bern ging, sagte man mir ab.» Blieben zwei Optionen: zurück zu Stammverein Langnau in die 2. Liga. Oder es über eine andere U-Mannschaft versuchen. Florent probiert es in Luzern. Er erobert sich einen Stammplatz in der U17 Luzern/Kriens – und wird prompt Schweizer Meister. Doch das reicht nicht für Luzerns U18.

Wieder wird Flo ausgemustert. Bis ihn der Luzerner Thomas Häberli, damals U18-Coach von YB, in die Hauptstadt holt. Von da an geht alles linear. Ja mehr als das.

Jetzt ist er angekommen bei den Profis. Freut sich wie ein kleines Kind auf das Spiel Anfang November in der Europa League und das Stadio San Paolo in Neapel, wo einst Diego Maradona die Fussballwelt verzückte. Das grosse Schaufenster. Dabei geht Flo nach wie vor in die Stifti, absolviert die Sporthandelsschule. 2015 wird die Lehre beendet sein. Florent lässt keinen Zweifel zu, dass dieser Abschluss für ihn mindestens so wichtig sei wie Erfolge mit YB.

Erfolge wie das 5:0 gegen Slovan Bratislava, als der Langnauer mit einer zentimetergenauen Flanke Steffens 2:0 vorbereitete. Flanken. Florents Lebenselixier. Er bewundert David Beckham, den wohl begnadetsten Flankengeber der Neuzeit. Und ein harter Arbeiter. «Die Leute sehen bei einem wie ihm oder Cristiano Ronaldo nur das Glamourleben. Doch mit Unterwäsche-Fotos wird man nicht derart gut auf dem Platz. Niemand trainiert härter als diese Superstars.» Deshalb schiebt Flo nach Trainingsende regelmässig Flanken-Sonderschichten.

Kosovarisches Blut. Verwandte im Kosovo. Der kosovarische Pass. Für Florent gibts dennoch nur die Schweizer Nati, seit er vor acht Jahren zusammen mit seinem Bruder Flakron eingebürgert wurde: «Die ist mein Traum. Jetzt habe ich zwei U21-Länderspiele gemacht. Freundschaftsspiele mit der Kosovo-Nati kommen für mich nicht in Frage. Bis es Ernstkämpfe gibt, können noch Jahre vergehen. Nein, kein Thema.»

So lebt also der Traum A-Nati. Aber ist es auch der süsseste Traum? Ketzerische Frage an Florent, was er lieber nehmen würde: ein Aufgebot von Vladimir Petkovic oder einen Titel mit YB? Hadergjonaj zögert kurz, sagt dann: «Also – doch den Titel mit YB. Das würde uns einen Eintrag in den Geschichtsbüchern sichern. Und ich bin doch ein Berner Giel.»

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