Stocker über Probleme bei Hertha und der Schweizer Nati
«Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit»

Valentin Stocker (27) spielte monatelang kaum bei Hertha. Nun schoss er Schalke ab und trifft heute auf Bayern. Hier spricht er über die schwere Zeit.
Publiziert: 20.09.2016 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:49 Uhr
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Seht her, ihr Kritiker! Valentin Stocker empfindet nach seinem Tor gegen Schalke eine tiefe Genugtuung.
Foto: City-Press
Andreas Böni

Blick: Valentin, wie gross war der Stein, der Ihnen nach dem Tor vom Herzen fiel?
Valentin Stocker: Er war grösser, als ich gedacht hatte. Die Genugtuung ist riesig. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin kein Spieler, der glaubt, er sei der Allergrösste und müsste überall eine Stammplatz-Garantie haben. Ich setze mich auch auf die Bank oder akzeptiere, nicht für die Nati berücksichtigt zu werden. Aber ich wünsche mir im Fussball allgemein mehr Ehrlichkeit.

Was meinen Sie konkret?
Ich wurde für die WM 2010 nicht aufgeboten, Ottmar Hitzfeld sprach mir auf die Combox. Ich verpasste die EM 2016, Vladimir Petkovic schickte mir ein SMS. Bei Hertha hörte ich ein ums andere Mal, dass man auf mich setze, und lange passierte nichts. Es geht mir nicht darum, mich zu beklagen. Aber ich bin ein erwachsener, mündiger Mensch, mit dem man offen reden kann. Man kann mir direkt sagen, wenn man mich nicht mag. Ob als Spieler oder als Mensch.

Fehlt Ihnen die Wertschätzung?
Das kann man durchaus so sehen. Ich habe bei Hertha 2015 mit meinen Toren mitgeholfen, den Abstieg zu verhindern. In der EM-Quali habe ich gegen Slowenien ein extrem wichtiges Tor geschossen. Danach strengst du dich an und an und wirst immer wieder enttäuscht. Was mit mir passierte, kann man als fehlende Rückendeckung interpretieren. Mir ist bewusst, dass ich kein Einzelfall bin. Es sind die Mechanismen, die im Fussball so greifen. Und am Ende habe ich ja die freie Berufswahl.

Hat sich Petkovic nach Ihrem Tor gemeldet?
Ja, er hat mir geschrieben.

Sie waren zuletzt vor einem Jahr nominiert. Fehlt Ihnen die Nati?
Ja. Als ich für die U17-Nati spielte, hatte ich bei der Hymne Gänsehaut. Da stehst du auf dem Feld und denkst: Wie geil ist das denn? Du spielst für das eigene Land. Es ist extrem schmerzhaft, dass es zuletzt nicht mehr vorkam. Dass mir dieses Gefühl weggenommen wurde. Es war immer das Schönste, für meine Heimat zu spielen.

Haben Sie sich die EM angeschaut?
Nein. Keine Minute der Schweizer Spiele. Ich war in den Ferien und sah nur den Final.

Sie schrieben nach dem Spiel auf Facebook: «Egal wie oft du eins in die Fresse kriegst, gib niemals auf und am Ende wirst du belohnt!»
So ist es. Am Schluss sind für mich in schwierigen Phasen zwei Sachen entscheidend: dass du hart arbeitest und die richtigen Menschen um dich herum hast. Ich bin glücklich über die Freundin an meiner Seite.

Sie arbeiten auch mit einem Mental-Coach, oder?
Ja. Aber mental habe ich vieles im Anfangsstadium meiner Karriere gelernt. Heute telefonieren wir nur noch freundschaftlich. Aber seine Entspannungstechniken wende ich heute noch an. Oder ich versuche seine Ratschläge anzunehmen: beispielsweise alle Probleme vor dem Training wegzuschieben.

Sie spielten trotzdem monatelang nicht. Hamburg und Hoffenheim waren interessiert. Wollten Sie im Sommer weg?
Für den Verein war es gar nie ein Thema, mich abzugeben.

Der FC Basel war noch kein Thema?
Ich will mich nochmals durchbeissen. Wenn ich zum FC Basel zurückkomme, dann werde ich meine Karriere dort beenden.

Der FCB hat keine Identifikationsfiguren mehr. Wird es im Sommer ein Thema?
Wir werden sehen.

Mit Marco Streller haben Sie oft Kontakt?
Ja, wir sind Freunde. Auch mit Beni Huggel. Manchmal schmerzt es zu wissen, dass es diese tolle Zeit mit Marco, Beni und Alex Frei nicht mehr geben wird. Aber es bleiben die Erinnerungen.

Oder Sie gehen zu den Senioren des SC Dornach, wo die anderen drei spielen.
Ich versuche vorerst mich lieber noch ein wenig mit den Jüngeren zu messen... (lacht)

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