Zu Besuch bei Embolo auf Schalke
«Ich sehe Licht am Ende des Tunnels»

Breel Embolo (20) über seinen Weg zurück, lästige Schlagzeilen, Mamas Ängste und Final-Träume.
Publiziert: 22.03.2017 um 09:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:04 Uhr
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Stolzer Knappe: Embolo im Spielertunnel der Veltins Arena. Läufts rund, darf er hier im Mai wieder zu einem Spiel auflaufen.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni (Interview) und Toto Marti (Fotos) aus Gelsenkirchen

BLICK: Breel, Sie erlitten einen Rückschlag auf Ihrem harten Weg zurück. Was genau ist passiert?
Breel Embolo: Vor drei Wochen fing ich an, mich mit der Mannschaft warmzulaufen, und machte dann mit dem Athletik-Trainer Übungen auf dem Platz. Es war ein wunderschönes Gefühl, Fussballschuhe zu tragen, nahe bei den Jungs zu sein, Rasen zu riechen.

Mit Ball am Fuss?
Ja, immer wieder. Aber ohne Schüsse. Das macht dich fertig als Stürmer! Der Plan sah vor, nach zwei, drei Wochen voll ins Mannschaftstraining einzusteigen. Routinemässig wurde dann noch mal eine genaue Untersuchung in der Röhre gemacht. Und dabei wurde ein Knochenmark-Ödem festgestellt.

Also eine Wasser­ansammlung im Knochen.
Eine Verletzung, die du auch erleiden kannst, wenn du im Spiel umknickst. So ein Ödem ist entweder sehr schmerzhaft, oder man spürt gar nichts. Ich hatte null Schmerzen. Und hatte daher eine offensive und eine defensive Möglichkeit: Weitermachen und schauen, ob ich Schmerzen bekomme – oder vier, fünf Wochen schonen, damit es ganz weggeht. Wir entschieden uns für die sichere Variante.

Sie klingen fast wie ein Arzt.
Sie sollten mich mal sehen, wenn ich in die Röhre klettere! (lacht) Ich war, glaube ich, schon 50-mal drin dieses Jahr, ich könnte die Maschine schon fast allein einstellen. Die Entscheidung wegen des Ödems war dann, dass wir die Lauf­belastung abbrechen und ich zum Beispiel mit der Beinpresse an meinen Muskeln arbeite.

Macht das einen Unterschied bezüglich Druck auf Ihr Gelenk?
Ich wiege 85 Kilo. Bei Sprüngen wird der Fussballen mit dem Achtfachen des Körper­gewichts belastet – also mit 680 Kilogramm. An der Beinpresse schaffe ich etwas unter 100 Kilo. Sie sehen, die Ärzte und Physios bremsen mich hier. Und trotzdem kam dann diese Geschichte, die mich extrem aufregt. Bis heute.

Die «Aargauer Zeitung» mutmasste, dass Schalke Sie überforciert habe.
Ich habe Ihnen jetzt gerade alles beschrieben. Das Gegenteil ist der Fall, man packt mich hier in Watte. Dieser Bericht war für mich schockierend. Zumal sich Ärzte äusserten, die kaum oder keine Ahnung haben von meinem Fall.

Wie meinen Sie das?
Der eine zitierte Arzt hat mich ganz zu Beginn der Verletzung mal behandelt, aber mich danach nie mehr untersucht. Ich konnte ja acht Wochen nur ein wenig Physio und Lymphdrainage machen. Den zweiten Arzt, der über mich geredet hat, kenne ich nicht mal. Das finde ich gelinde gesagt erstaunlich – zumal nicht mal bei Schalke nachgefragt wurde. Und es ist auch so, dass solche Schlagzeilen meine Mutter extrem treffen.

Wie geht Sie damit um?
Sie ist froh, dass ich keine Schmerzen mehr habe. Aber sie macht sich halt Sorgen – wie jede Mama. Ein Beispiel: Wir telefonieren jeden Tag. Aber ich sage ihr nicht im Voraus, dass ich in die Röhre muss. Wenn ich dann da war, sage ich in einem Nebensatz, dass alles gut ist. Sonst sorgt sie sich vorher unnötig. Sie hat auch Angst, dass ich zu schnell wieder anfange. Ich musste ihr schwören, dass ich beim kleinsten Schmerz gleich wieder aufhöre zu trainieren. Zur Kontrolle ruft sie auch meine Berater an, um sicherzugehen, dass ich ihr gehorche.

Sie wurden am 14. Februar 20 Jahre alt. Haben Sie gefeiert?
Das war schräg. Ich kam nach Hause, meine Freundin sagte: «Komm, wir müssen kurz zu ein paar Freunden.» Ich hatte überhaupt keine Lust. Ihr zuliebe ging ich mit. Wir fuhren nach Düsseldorf. Vorm Restaurant wartete eine Freundin von ihr. Ich dachte: Noch schlimmer, jetzt muss ich noch bei einem Frauen-Abend am Tisch sitzen.

War es so?
Ich erkannte plötzlich vor dem Lokal ein paar Autos von Mitspielern. Jenes von Choupo-Moting, von Kolasinac, von Kehrer, von Coke oder von Di Santo. Ich dachte, okay, der eine oder andere wohnt hier, aber schon komisch, dass die ausgerechnet heute auch hier essen gehen. Als ich reinkam, hingen da Dutzende Ballone. Da dämmerte es mir. Ein schöner Abend – und am ­anderen Tag kam dann meine Mutter.

Um zu feiern oder die Wäsche zu machen?
Um zu feiern. Um die Wäsche kümmert sich meine Freundin glücklicherweise. (lacht)

Also können Sie nicht waschen?
Doch, im Wohnheim des FCB musste ich es drei Jahre machen. Kein Problem.

Wo wohnen Sie jetzt?
Ich lebe direkt in Gelsenkirchen-Buer im alten Haus von Joel Matip.

Matip ging von Schalke zu Liverpool. Wie Sie dereinst?
Nein, erst mal werde ich gesund. Und dann freue ich mich, wieder für Schalke und diese unglaublichen Fans auflaufen zu dürfen. Ausserdem sehe ich Liverpool genau wie Schalke: ein grosser Name, tolle Fans, viel Tradition. Das sind zwei Klubs auf Augenhöhe für mich.

Lassen Sie die Haare wachsen?
Ja, ich war vier Monate nicht mehr beim Coiffeur, obwohl es hier nur fünf Euro kostet.

Sie sehen bald aus wie Dante oder Leroy Sané.
So lange warte ich nicht. Ich will mal schauen, wie mir längere Haare stehen. Noch ist aber kein Schnitt im Haar, darum will ich für die Fotos lieber die Mütze anbehalten.

Ihr Team steht im Europa-League-Viertelfinal gegen Ajax. 1997 schlugen die Eurofighter im Final Inter. Können Sie drei Helden nennen?
Ich war damals ein paar Monate alt – aber ich habe ein ­Video gesehen. Jens Lehmann war im Tor. Und einer macht Reha am gleichen Ort wie ich, ein Blonder. Die Nummer 19. Er sagte, mein Comeback wäre wichtig, nach 20 Jahren sei der nächste Triumph fällig. Mike heisst er, Mike Büskens. Huub Stevens kenne ich natürlich auch.

Ein Traum wäre ein Comeback im Europa-League-Final am 24. Mai.
Das wäre in der Tat ein Traum. Mein Plan war, um den 20. März herum ins Mannschaftstraining einzusteigen. Im Kopf hatte ich mich darauf vorbereitet, Mitte oder Ende April wieder zu spielen. Nun verschiebt sich alles um einen Monat. Von daher wäre es realistisch, wie auch noch ein, zwei Bundesliga-Spiele. Ich sehe Licht am Ende des Tunnels.

Anfang Juni spielt die Nati auf den Färöern.
Ja, aber auf Kunstrasen. Ich denke nicht, dass das ideal für den operierten Fuss wäre. Und so oder so gilt: Wenn auch nur ein Risiko von fünf Prozent besteht, werde ich sicher nicht mehr spielen diese Saison.

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
15
34
36
2
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
15
16
32
3
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
15
12
27
4
RB Leipzig
RB Leipzig
15
4
27
5
FSV Mainz
FSV Mainz
15
8
25
6
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
15
6
25
7
Werder Bremen
Werder Bremen
15
1
25
8
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
15
5
24
9
SC Freiburg
SC Freiburg
15
-3
24
10
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
15
4
23
11
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
15
4
21
12
Union Berlin
Union Berlin
15
-5
17
13
FC Augsburg
FC Augsburg
15
-15
16
14
FC St. Pauli
FC St. Pauli
15
-7
14
15
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
15
-8
14
16
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
15
-15
10
17
Holstein Kiel
Holstein Kiel
15
-19
8
18
VfL Bochum
VfL Bochum
15
-22
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