Xhaka träumt von England – aber nicht wegen der Kohle
«Ich komme aus keiner geldgierigen Familie»

Granit Xhaka spricht im Interview über seine Platzverweise, einen Transfer in die Premier League und auf das Aufeinandertreffen der Schweiz gegen Albanien und seinen Bruder Taulant.
Publiziert: 05.02.2016 um 08:13 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:56 Uhr
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Heute sitzt Xhaka gegen Bremen das letzte Mal auf der Tribüne wegen einer Rotsperre.
Foto: Reuters
Michael Ryberg (Funke Sport/DerWesten.de)

Wenn Granit Xhaka auf dem Platz flucht, kommt niemand mit. 36 Buchstaben gibt es im albanischen Alphabet. Der Schweizer, dessen Eltern aus dem Kosovo stammen, beherrscht die Familiensprache. Das hat den Kapitän von Borussia Mönchengladbach aber nicht davor bewahrt, in der Hinrunde gleich dreimal des Feldes verwiesen zu werden. «Aber ich ändere meine Spielweise nicht», sagt Xhaka im Interview mit Funke Sport in Essen. Heute bei Borussias Bundesliga-Treffen mit Werder Bremen muss er letztmalig seine Sperre aus dem Darmstadt-Spiel absitzen. Beim Hamburger SV am 14. Februar ist der 23-jährige Schweiz-Albaner im defensiven Mittelfeld wieder dabei.

Herr Xhaka, auf der Tribüne sitzen und tatenlos einem Spiel der eigenen Mannschaft zuschauen zu müssen, ...
Xhaka:
... ist ein Scheissgefühl. Das habe ich Trainer Andre Schubert auch schon mehrmals gesagt. Das Spiel gegen Bremen muss ich noch hinter mich bringen, dann darf ich wieder – wenn der Trainer mich aufstellt.

Der ehemalige Gladbach-Trainer Norbert Meier hat mal gesagt, man fühle sich unter Adrenalin auf dem Platz zehn Sekunden im Recht, wenn man sich eine Tätlichkeit leistet. Es würde aber höchstens weitere zehn Sekunden dauern, bis man merkt, dass man doch ein Idiot gewesen ist. Würden Sie das nach Ihrem Revanchetritt ins Hinterteil von Darmstadts Peter Niemeyer auch so sehen?
Idiot ist vielleicht das falsche Wort. Der Tritt war ein Reflex, eine Sache von Sekunden. Und eine falsche Entscheidung. Niemeyer hätte wegen des Fouls zuvor aber auch Rot sehen müssen. Dass er nur Gelb bekommen hat, ärgert mich.

Nach Ihrer dritten Roten Karte in der Hinrunde gab es auch eine Menge Kritik. Können Sie versprechen, ohne Platzverweis durch die restlichen Saisonpartien zu kommen?
Es gab keine Kritik mir gegenüber. Ich kritisiere mich nur selber. Die Gelb-Rote Karte in Bremen war unglücklich, die gegen Ingolstadt kann man geben, die gegen Darmstadt muss man geben.

Wars das mit Platzverweisen in dieser Spielzeit?
Verspreche werde ich nur meiner Familie etwas, aber nichts öffentlich. Und ich ändere auch nicht meine Spielweise. Die baut auf Emotionen und Energie auf. Das muss so sein. Für den Verein muss man immer an seine Grenzen gehen. Als Profifussballer kann man nicht ohne Emotionen spielen. Wer das behauptet, der lügt. Und ein klares Ziel, auf das man hinarbeitet, muss man auch immer haben.

Das lautet?
Nächste Saison wieder in Europa mitzumischen. Wir spielen auf hohem Niveau, brauchen uns in der Bundesliga vor niemandem zu verstecken. Borussia hat die Qualität für Europa, muss aber auch die Mentalität haben, sich hohe Ziele zu stecken.

Sportdirektor Max Eberl spricht immer «nur» vom einstelligen Tabellenplatz.
Das ist kein Fehler. Ich würde jetzt auch nicht Platz eins oder zwei als Ziel ausgeben. Ziele müssen realisierbar sein, sollten aber dennoch hoch gewählt werden. Mit Platz Neun gebe ich mich jedenfalls nicht zufrieden.

Ihr Ziel ist es auch, irgendwann einmal in England zu spielen. Nervt die mediale Diskussion um mögliche Angebote aus der Premier League, die nahezu einmal pro Woche losgetreten wird, obwohl Sie ja bis Sommer 2019 in Gladbach unter Vertrag stehen?
Nein, das ist für mich eine Motivation, weil es meine Leistung auszeichnet. England ist mein Traum. Den verstecke ich auch nicht. Ob er erfüllt wird, weiss derzeit nur der liebe Gott.

Verdrehen einem die unvorstellbaren Summen, die in der Premier League bereits gezahlt werden, nicht den Kopf?
Nein, für mich spielt Geld keine grosse Rolle. Sonst wäre ich 2012 von Basel nicht nach Mönchengladbach gewechselt. Es geht um eine grosse Herausforderung für mich als Fussballer.

Ein Wechsel, sagen wir mal nach Sunderland, Stoke oder Norwich, würden Sie also ausschliessen?
Ich will, wenn ich wechseln würde, einen sportlichen Schritt nach vorn machen. Würde ich in Sunderland unterschreiben, wüssten doch die Menschen, dass es nur ums Geld ginge. Und ich komme aus keiner geldgierigen Familie, sondern aus einer charakterfesten.

Geben Sie Ihr monatliches Honorar immer noch bei den Eltern zu Hause ab?
Ja, so bin ich erzogen worden. Ich bin ein Familienmensch. Es ist mir mit 19 Jahren unheimlich schwer gefallen, Familie und Freunde in der Schweiz zu lassen und nach Gladbach zu gehen. Zu Hause war schliesslich immer Jemand da für mich.

Sie hatten sogar eine Ausbildung zum Büroassistenten in der Schweiz angefangen, falls es im Profifussball schiefgeht.
Im Leben hat man nie eine Garantie. Ich habe früher mal gesagt, ich will nicht unter der Brücke schlafen. Der Satz gilt immer noch. Mit 16 hatte ich einen Kreuzbandriss im Knie. Da sah es eine zeitlang schlecht aus für mich, überhaupt Fussballprofi zu werden. Ein zweites Standbein für angehende Profisportler ist wichtig.

Als es in Gladbach anfangs nicht rund lief, war Ihr ein Jahr älterer Bruder Taulant, der mit dem FC Basel dreimal Schweizer Meister geworden ist, eine mentale Stütze.
Taulant kannte eine solche Situation aus Basel. Da sass er unter Trainer Thorsten Fink anfangs auch auf der Bank. Mein Bruder ist nicht nur Stütze, sondern auch mein Vorbild.

Wie schwer wird es werden, gegen ihn bei der Europameisterschaft anzutreten? Am 11. Juni spielt Ihre Schweiz in der Gruppenphase in Lens ja gegen Albanien, für das Taulant auflaufen wird.
Wer in ähnlicher Situation behauptet, das wäre kein spezielles Spiel, der lügt. 90 Minuten werden wir das Brüder-Sein professionell ausbleden. Der Bessere soll gewinnen.

Für wen werden Ihre Eltern halten?
Ganz einfach: Die eine Hand klatscht für die Schweiz, die andere für Albanien.

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
11
29
29
2
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
11
11
23
3
RB Leipzig
RB Leipzig
11
9
21
4
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
11
8
20
5
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
11
4
19
6
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
11
3
17
7
SC Freiburg
SC Freiburg
11
-2
17
8
FSV Mainz
FSV Mainz
11
4
16
9
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
11
2
16
10
Union Berlin
Union Berlin
11
0
16
11
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
11
2
15
12
Werder Bremen
Werder Bremen
11
-5
15
13
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
11
-5
12
14
FC Augsburg
FC Augsburg
11
-10
12
15
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
11
-5
10
16
FC St. Pauli
FC St. Pauli
11
-7
8
17
Holstein Kiel
Holstein Kiel
11
-16
5
18
VfL Bochum
VfL Bochum
11
-22
2
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