Das Spiel
Wahnsinn! So laut können also knapp 23’000 Menschen sein. Es läuft die 92. Minute. Ein Verzweiflungsschuss von Géraldine Reuteler landet genau auf dem Fuss von Riola Xhemaili. 1:1! Die Schweizerinnen stehen zum ersten Mal in der Geschichte in einem EM-Viertelfinal.
Es ist eine Erlösung für alle. Und für eine ganz besonders: Viola Calligaris. Die elfte Minute läuft, als der Ball von einem finnischen Kopf in Richtung Calligaris segelt. Sie entscheidet sich vier Meter vor dem Tor für den Seitfallzieher – und segelt am Ball vorbei. Es wäre die Chance gewesen, alle Nervosität aus dem Schweizer Spiel zu vertreiben. Und gegen Ende foult sie in der 77. Minute reichlich unnötig Emma Koivisto im eigenen Strafraum. Es ist die vermeintlich entscheidende Szene in dieser Partie. Natalia Kuikka lässt Livia Peng keine Chance.
1:0 Finnland. Das Schweizer Sommermärchen scheint ausgeträumt. Ein letzter Kopfball von Ana-Maria Cnrogorcevic über das Tor, ein Schuss von Alisha Lehmann in die Hände der finnischen Torhüterin. Danach scheint das Spiel gelaufen.
Aber nein. Getragen von ihren Fans bäumen sich die Schweizerinnen noch einmal auf. Trainerin Pia Sundhage hat sowieso schon alle Stürmerinnen aufs Feld geworfen, die sie irgendwo auf ihrer Ersatzbank gefunden hat. Und dann findet das Glück die tüchtigen Schweizerinnen.
Am Ende muss Goalie Livia Peng noch einmal Kopf und Kragen riskieren, um das 1:1 zu retten. Dann kommt der heiss ersehnte Abpfiff.
Der Sommertraum der Schweizerinnen – er lebt weiter.
Die Tore
78. Minute, Natalia Kuikka, 0:1. Nach dem unnötigen Foul von Calligaris übernimmt Kuikka Verantwortung und schiebt vom Punkt aus flach in die Mitte ein. Peng hechtet nach links.
92. Minute, Riola Xhemaili, 1:1. Reuteler bringt den Ball von der Strafraumgrenze ins Zentrum, wo Xhemaili mit viel Freiraum an den Ball kommt. Der Schweizer Edel-Joker verwandelt und lässt die Schweiz jubeln.
Die Beste
Riola Xhemaili. Kommt erst in der 82. Minute für Julia Stierli. Steht in der Nachspielzeit im Stil einer Torjägerin am richtigen Ort und erlöst mit dem 1:1 die ganze Nation.
Die Schlechteste
Sydney Schertenleib. Das Top-Talent kommt nicht auf Touren. Ein, zwei gute Aktionen nach der Pause – mehr aber nicht.
Die Fans
10’000 Schweizerinnen sind am Fanmarsch, der von der Genfer Polizei auf 1000 Meter Länge beschränkt worden ist. Dazu kommen rund 2000 Finninnen. Im Stadion sind 26’388 Meschen, die vor allem am Anfang so richtig Stimmung machen. Und am Ende Kopf stehen!
Die Schiris
Stéphanie Frappart wurde von 2019 bis 2023 fünfmal zur besten Schiedsrichterin der Welt gewählt. In Genf ist sie eine umsichtige Schiedsrichterin, die auch nicht davor zurückschreckt, mal einen etwas härteren Zweikampf laufen zu lassen.
Das gab zu reden
Viola Calligaris: Erst verpasst sie in der 11. Minute mit einem Seitfallzieher den Ball und das scheinbar sichere 1:0. Dann haut sie in der 77. Minute Emma Koivisto mit Ansage im Strafraum aus den Socken – Penalty. Kurz ist sie die tragische Figur des Schweizer Spiels. Nach Spielschluss dürfte sie die Glücklichste im ganzen Stadion sein.
So gehts weiter
Die Schweiz hat es geschafft und steht zum ersten Mal in einem EM-Viertelfinal. Am Freitag entscheidet sich dann auch, wer der nächste Gegner für die Nati sein wird – Spanien und Italien spielen im Direktduell um den Gruppensieg. Bei einem Sieg oder Unentschieden bekäme es die Nati im Viertelfinal am 18. Juli im Berner Wankdorf mit Spanien zu tun. Norwegen, der Sieger der Schweizer Gruppe, spielt das nächste Spiel bereits zwei Tage zuvor in Genf. Mögliche Gegner sind da noch Spanien, Italien und Portugal.