Exklusiv-Interview mit Ecclestone
«Meine Frau ist streng mit mir!»

Er ist ein Mann wie ein Erdbeben. Er hatte eine schwere Herzoperation. Seine dritte Frau ist über 45 Jahre jünger. Sein britischer Humor ist unschlagbar. Aber wie tickt GP-Boss Bernie Ecclestone?
Publiziert: 31.08.2014 um 12:21 Uhr
|
Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:47 Uhr
1/8
Fabiana/Bernie: Ein Paar, das harmoniert. Sie lief 2013 den Londoner Marathon!
Foto: Getty Images
Von Roger Benoit

Blick.ch: Herr Ecclestone, Sie werden am 28. Oktober 84 Jahre alt. Da muss man ja fast mit der Frage beginnen: Wie geht es Ihnen?
Bernie Ecclestone: Ich darf mich nicht beklagen. Ich bin gesund, und nur das zählt. Auch wenn ich jetzt zwei Kilo zu viel habe.

Wie bitte?
Ja, ich bin 62 Kilo schwer. Das ist nicht gut. Normal wiege ich nur 60 Kilo.

Wie geht das in Ihrem Alter?
Ich muss noch mehr Früchte essen. Meine Frau Fabiana schaut täglich, dass ich mich gesund ernähre. Da ist sie sehr streng mit mir.

Sie schauen auch sehr fit aus. Wie schaffen Sie das?
Ich gehe früh schlafen und stehe früh auf, bin oft der Erste im Büro.

Nach dem Gewicht können Sie uns ja noch die andere geheime Zahl verraten. Wie gross sind Sie wirklich?
Aktuell sind es 1,61 Meter!

Was die meisten Leute immer wieder überrascht, ist Ihre weisse Haarpracht. Echt?
Ja, natürlich. Ich pflege sie gut, wasche und föhne sie oft. Aber schauen Sie mich jetzt an, das Haar ist doch ziemlich zerzaust.

Haben Sie immer noch Sex?
Da müssen Sie meine Frau fragen! Also Kinderwünsche haben wir bestimmt keine mehr. Ich habe ja schon Enkel und Urenkel. Und es wäre doch seltsam, wenn mich mein Kind in einigen Jahren nicht mit Papa, sondern mit Opa ansprechen würde!

Sie standen in München lange wegen Bestechung vor Gericht. Kürzlich kauften Sie sich mit 100 Millionen Dollar frei, warum nicht mit 50 oder 120 Millionen Dollar?
Es war eine Abmachung. Doch die wollten in München zuerst 150 Millionen Euro von mir!

Dann haben Sie also einen guten Deal gemacht?
Nicht wirklich. Es ist eher seltsam. Aber ich wollte den Fall schnell hinter mich bringen, war von den ewigen Übersetzungen sehr müde.

Aber so wie es aussah, hätten Sie den Fall gewonnen, wären also freigesprochen worden.
Ja, aber der Staatswanwalt hätte Rekurs einlegen können. Und dann hätte alles vielleicht noch weitere sechs Monate gedauert.

Was machen die Münchner mit diesem vielen Geld?
Keine Ahnung, aber ich habe noch eine grössere Summe für wohltätige Zwecke gespendet. Für krebskranke Kinder. Die Richter haben mich darum gebeten.

Ihre Blitz-Scheidung nach 58 Sekunden von Ihrer zweiten Frau Slavica war aber im März 2009 noch ein wenig teurer! Sie waren ja 25 Jahre mit ihr zusammen.
Ja, genau, ich zahlte sicher ein Mehrfaches. Aber wenn ich nun den Fall in München betrachte, so zahlte ja meine Frau Fabiana, mit der ich jetzt alles teile, die andere Hälfte der 100 Millionen. Sie wollte mich nicht mehr ständig nach München begleiten.

Wie oft waren Sie in München?
Ich glaube, 23-mal.

Sie haben dann noch der Bayerischen Landesbank 25 Millionen Dollar angeboten. Die hatten ja behauptet, dass die Formel 1 Ende 2006 mit über 820 Millionen Dollar zu billig an CVC verkauft worden war. Dort sind Sie ja immer noch Geschäftsführer.
Die Bank hat abgelehnt, vielleicht gehen sie ja noch vor Gericht. Die 25 Millionen habe ich übrigens auf Anraten des Gerichtes in München der Bank angeboten.

Reden wir doch von Ihrem zweiten Wohnsitz neben London in Gstaad. Wie lange sind Sie schon im Berner Oberland?
Seit 25 Jahren. Ich zahle auch in der Schweiz Steuern. Wir renovieren jetzt dort mein Hotel Olden.

Warum haben Sie sich als Milliardär eigentlich nicht schon lange nach Monte Carlo abgesetzt?
Ich ziehe eben die schöneren den preisgünstigeren Orten vor.

Wie viele wahren Freunde haben Sie im Leben?
Das weiss man nie, bis man sie einmal braucht. Ich bin glücklich, dass ich während des Prozesses in München gute Unterstützung von den wichtigen Leuten hatte.

Wie oft wurden Sie, nicht nur in der Formel 1, von Menschen enttäuscht, denen Sie wirklich vertraut haben?
Das ist doch das normale Leben. Nicht nur in unserem Grand-Prix-Business.

Und dann haben Sie diese Freundschaften beendet?
Das waren sicher keine Freunde!

Wie viele Leute kämpfen in der Formel 1 mit dem Messer in der Hand gegen Sie oder gegen Ihre Machtposition?
Für was kämpfen die? Sicher gibt es einige, aber die sind nicht gegen mich, sondern die glauben, meine Stellung in der Formel 1 sei erstrebenswert. Und diesen Job wollen sie haben. Und vielleicht profitieren sie eines Tages, wenn ich nicht mehr da bin. Dann werden sie sich wundern, was passiert.

Dann hoffen wir mal, dass Sie noch zehn Jahre den Grand-Prix-Laden regieren.
Ecclestone schweigt und lacht.

Sie sind seit über 60 Jahren so eine Art Glücksspieler. Wie oft wetten Sie noch? Was war Ihr höchster Einsatz?
Darüber rede ich nicht. Wetten ist für mich wie ein normales Business, also ein nettes Spiel.

Aber im November 2008 haben Sie eine Dreierwette platziert, wonach am gleichen Wochenende Obama US-Präsident wird, Hamilton in Brasilien den WMTitel holt und Tsonga das Tennis-Turnier in Paris-Bercy gewinnt. Alles traf ein …
Ich erinnere mich nicht mehr. Aber vielleicht bin ich ja in diesem Fall auch ein Lügner.

Ihr Lieblingssport beim Wetten?
Ich glaube Fussball. An der WM 2014 habe ich auf einige Spiele gewettet und auf Bayern München als Weltmeister. Sorry, natürlich Deutschland.

Gewonnen?
Die meisten Leute sagen immer, dass das Wetten sehr viel Spass macht – und sie hätten weder verloren noch gewonnen. Bei der Fussball-WM habe ich etwas verdient, aber nicht viel.

Sie haben sicher auch Kontakt zu Fifa-Präsident Joseph Blatter. Er ist 78 Jahre alt und dort seit 1998 an der Spitze …
Sepp! Ich hatte auch schon ein Essen mit ihm. Ein sehr netter Mensch.

Sie sagten einst, die Welt braucht Diktatoren. Gilt wohl auch für den Fussball und die Formel 1 …
Ja, das habe ich gesagt. Und Sepp hat bei der Fifa ebenfalls seine eigenen Ideen und schaut, dass alles so passiert, wie er es will. Deshalb ist er ja so erfolgreich, genau wie der Fussball.

Sie waren einst Mitbesitzer der Queens Park Rangers. Ist das auch Ihr Lieblingsverein?
Nein. Das ist jetzt Chelsea. Die Blauen sind auch diese Saison im Titelkampf voll dabei.

Was ist für Sie Luxus?
Ich glaube, dass der Luxus im Leben so aussieht, dass man das machen kann, was man auch wirklich machen will.

Wie viele Paar von schwarzen Schuhen, weissen Hemden und grauen oder schwarzen Socken besitzen Sie?
(lacht). Keine Idee. Ich glaube, so 90 Prozent meiner Kleidung sieht so aus. Aber ich habe auch pinkfarbene und blaue Hemden.

Ist es richtig, dass Sie einst Ihren Privatflieger nach London zurückschickten, weil Sie Ihre Unterwäsche vergessen hatten?
Nein. Man kann diese Dinger ja auf der ganzen Welt kaufen.

Im August 2012 haben Sie auf dem Standesamt in Thun ihre Verlobte Fabiana Flosi, die einst in der Organisation des GP von Brasilien tätig war, geheiratet. Warum geniessen Sie nicht das Leben mit Ihrer jungen Gattin auf einer schönen Insel?
Ich bin eben noch voll engagiert. Die Arbeit macht viel Spass. Es ist auch keine Frage, dass ich die Sache jetzt eher langsamer angehe, es ist jetzt nur noch eine Frage des Aufhörens!

Auch ihre 58 Meter lange Yacht «Petara», die vor Kroatien oder Athen ankert, wartet auf Sie. Warum dieser seltsame Name?
Simpel. Er ist aus den ersten und letzten Buchstaben meiner Töchter Petra/Tamara zusammengesetzt.

Sie sagten einst, dass man Sie wohl tot aus dem Fahrerlager tragen müsse – und dass das letzte Hemd keine Taschen habe …
Da hat sich nichts geändert!

Was sagt Ihre Frau dazu, wenn Sie immer weiter dem Stress nachjagen und überall noch Ihre Geschäfte machen?
Sie ist happy, solange ich happy bin. Sie unterstützt mich. Sie war auch jeden Tag in München bei mir. Das gibt mir sehr viel Kraft.

Am 12. Oktober soll in Sotschi der erste GP von Russland steigen. Warum geht die Formel 1 in ein Land, das praktisch im Kriegszustand ist?
Weil wir einen Vertrag haben. Und ich respektiere Verträge. Also fahren wir dort.

2011 hatten Sie sicher auch einen Vertrag mit Bahrain. Trotzdem wurde das WM-Rennen damals am Golf boykottiert.
Vor drei Jahren hatten wir ein Agreement mit unseren Freunden in Bahrain, dass wir nicht kommen. Es war der beidseitige Wunsch, weil damals eine kleine Revolution im Gange war. Und es hätte auch für die Teams gefährlich werden können. Da sehe ich keine Probleme in Sotschi.

Nächstes Jahr wird Max Verstappen im Toro Rosso fahren. Er ist immer noch 16 Jahre alt. Finden Sie diesen Jugendwahn gut für die Formel 1?
Warum nicht. Wenn er die Fähigkeiten hat, dann soll er es probieren. Ich sehe keinen Grund für ein Alterslimit. Vielleicht gebe ich ja auch ein Comeback ...

Bringt Max Verstappen bald die jungen Fans an die Strecken?
Mercedes-Direktor Toto Wolff sagt uns immer, wie wichtig die sozialen Netzwerke für unseren Sport seien. Schauen wir mal.

Die letzten fünf Rennen waren packend. Kaum jemand sprach noch über den fehlenden Lärm …
Okay, aber wir müssen den Sport weiter sehr genau im Auge behalten. Für mich hat es immer noch zu viele Reglemente. Und je einfacher ein Sport ist, desto mehr Interesse weckt er nach aussen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?