Der Tiefpunkt ist erreicht. Jürg Bircher (47) ist am Ende. Er, der für das Fiasko der Kloten Flyers verantwortlich ist. Er, der den grosskotzigen Auftritt immer zelebriert hat. Seit letztem Montag ist es offiziell: Über seine Jube Holding AG ist der Konkurs eröffnet worden. Das bestätigte das Bezirksgericht Bremgarten. Elf Millionen Franken Schulden hinterliess Bircher nach seinem Rücktritt als Kloten-Präsident Ende Mai.
Jetzt ist seine Holding am Ende. Bis das restliche Kartenhaus mit seinem schwer überschaubaren Geschäftsgeflecht aus Immobilienfirmen zusammenbricht, ist es nur noch eine Frage der Zeit. Bis zuletzt wollte sich Bircher nicht zu seinem bevorstehenden Kollaps äussern. Die Wahrheit wäre es sowieso nicht gewesen.
SonntagsBlick hat sich im Umfeld des gestürzten Kloten-Königs umgehört und mit Leuten gesprochen, die den Fall Birchers hautnah miterlebt haben. Entstanden ist ein erschreckendes Sittengemälde.
«Ihm konnte man zuletzt kein Wort mehr glauben. Es wurde immer schlimmer. Am Schluss war er nicht mehr der Bircher, den ich einst kennengelernt hatte», sagt Valerio*. Heute hat auch er bei Bircher offene Forderungen über eine «grösserer Summe», wie er sagt. Es soll sich um rund 200 000 Franken handeln. «Ich habe das Geld abgeschrieben», sagt er.
Valerio kennt Bircher noch aus einer Zeit, als dieser mit seinen Immobilienfirmen viel Geld verdiente. «Wir haben gut zusammengearbeitet, realisierten mehrere Projekte.»
Valerio kauft sich im Gegenzug bei den Flyers zwei VIP-Logen-Plätze für 20 000 Franken pro Jahr. «Kloten-Fan war ich bis dahin nicht. Aber ich wollte Bircher unterstützen. Er hatte so den Plausch, als er mich anrief und erzählte, dass er die Flyers übernehmen kann.» Doch bald fehlten die Mittel. Bircher selbst und sein Busenfreund Kurt Hildenbrand zahlten ihren Business-Club-Beitrag von insgesamt 80 000 Franken allerdings nie. Der Betrag für den Auftritt seiner IBAN AG als Trikotsponsor bei den Junioren ist auch nie geflossen. Den Stadtwerken St. Gallen schuldet Bircher eine halbe Million Franken für Anschlussgebühren.
«Er hat sein letztes Geld in die Flyers gesteckt und sich überschätzt. Er wollte unbedingt den Meistertitel und kaufte alles zusammen. Er war ja mehr Fan als Präsident», sagt sein Geschäftspartner. «Am Schluss hatte er sich so tief verstrickt, dass er selber nicht mehr rauskam. Ich verstehe nicht, warum er nicht einfach den Rettungsanker geworfen hat.»
Doch Bircher liebte den grossspurigen Auftritt. Das Rampenlicht. Über die EHC Kloten Sport AG hatte er sich einen Lexus, einen Range Rover und einen Jaguar gegönnt. Die Fahrzeuge wurden letzten Monat eingezogen. Während die Gläubiger auf Geld warteten, leistete sich Bircher zwei Wochen Luxus-Ferien in den USA. Er lud 20 Personen in einem Zürcher Nobelrestaurant zum Essen ein – Prostituierte und Champagner inklusive. Die Rechnung belief sich auf 111 400 Franken. Der Serviertochter gab Bircher lässig 6000 Franken Trinkgeld und bezeichnete sie als «Schlampe». Dieser Auftritt ist auf Video festgehalten.
«Die plötzliche Bekanntheit hat ihn angetrieben. Er wurde zu einem Machtmenschen, der bei Dingen reinredete, die er nicht verstand», sagt Valerio. «Er stopfte Löcher mit Projektgeldern, bis niemand mehr dahinter blickte. Dieses Unternehmen war zum Untergang verdammt.»
Gelder, wie zum Beispiel aus dem Bau eines Luxus-Mehrfamilienhauses in Thalwil ZH. Die Wohnungen verkaufte Bircher 2009 für rund 2,5 Millionen Franken. Mängel und Verspätungen inklusive. Einer der Käufer ist Valerio. Die Rechnungen für die Mängel und die Bauverzögerung bezahlte Bircher nicht.
Die letzten Mängel lässt Bircher via seine Firma IBAN AG durch einen Wohnungskäufer beheben. Die Rechnung von 6912 Franken zahlt er, natürlich, auch nicht. Dafür spannt er Valerio die Frau aus. Der zweifache Vater wartet nicht nur auf sein Geld. Sondern er steht auch vor den Trümmern seiner gescheiterten Ehe. Zwei Monate zuvor hatte Bircher noch die ganze Familie in seine Loge bei den Flyers eingeladen. Offensichtlich Birchers Lieblingsort, um bei Heimpartien auswärts zu spielen. Denn bevor sich Bircher mit der Frau seines Wohnungskäufers vergnügte, hatte er in seiner Loge regelmässig Besuch seiner ehemaligen Geliebten. Seine Ehefrau wusste davon nichts. Bis jetzt: Im Juni zog sie mit den zwei Kindern aus dem gemeinsamen Haus in Hermetschwil-Staffeln AG aus.
Bircher vergnügt sich derweil weiter mit seiner neuen Flamme. Via IBAN AG gewährt er ihr Ende 2011 ein «Darlehen» von rund 20 000 Fr. Das Geld fliesst, als wäre nie etwas passiert. Im Februar verbringt er mit ihr Ferien in Dubai, im Mai geniessen sie ein Wochenende in Bad Ragaz, dann folgt eine Shoppingtour in Mailand. Valerio: «Er hat überall Schulden und tingelt in der Weltgeschichte herum.»
Ende Juli sollen jetzt Ferien in den USA geplant sein. Dort wo sich Bircher angeblich eine Ranch in Denver, Colorado, gekauft haben soll. Bircher selbst streitet das ab: «Das Dümmste, das ich je gehört habe. Was soll ich dort? Ich bleibe in der Schweiz!», schrieb er SonntagsBlick per SMS.
Das war bevor der Konkurs seiner Holding publik wurde. Flieht Bircher jetzt vor dem angerichteten Schlamassel? Selbst sein Geschäftspartner sagt: «Es könnte sein. Ins Gefängnis geht er sicher nicht.»