UBS-Jobabbau zeigt Folgen
Banker melden sich beim RAV

Die ersten grossen Entlassungswellen der Grossbank zeigen Wirkung: Besonders ältere Mitarbeitende mit hohen Löhnen landen beim Arbeitsamt.
Publiziert: 02.08.2025 um 16:27 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2025 um 06:09 Uhr
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Vor allem ältere Banker suchen derzeit vermehrt Arbeit.
Foto: EQ Images

Darum gehts

  • Zwei Jahre nach UBS-CS-Fusion: Mehr Banker melden sich beim RAV
  • Ehemalige Bankangestellte suchen Arbeit, viele nutzen Sozialplan und Frühpensionierung
  • UBS-Mitarbeiterzahl sank von 119'100 auf 105'132 Vollzeitstellen weltweit
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Hinter dem Bahnhof von Meilen ZH steht ein nüchternes Bürogebäude. Hier ist das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) untergebracht – die erste Anlaufstelle für alle, die in der Gemeinde und den umliegenden Ortschaften ihre Stelle verlieren. An diesem Morgen Ende Juli sind es keine Büezer im Übergwändli, die einen Termin beim RAV gebucht haben. Im Viertelstundentakt erscheinen Männer im besten Alter, nicht billig gekleidet, mit Sonnenbrille, Baseballmütze und Ralph-Lauren-Shirt. Draussen auf dem Parkplatz stehen ein Mini Cooper S, ein grosser BMW-Offroader und ein Porsche Cayenne.

Das RAV Meilen ist zuständig für die ganze Goldküste von Zollikon bis Stäfa – eine Region mit einer hohen Dichte an Bankangestellten. Hier wohnen auch die Spitzenmanager der UBS: Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse (62) oder der heute mehrheitlich in Hongkong lebende Co-Chef der Vermögensverwaltung, Iqbal Khan (49). Auch ehemalige Spitzenmanager der untergegangenen Credit Suisse wie Axel Lehmann (66), Ueli Körner (62) oder Urs Rohner (65) residieren in Villen über dem rechten Zürichseeufer.

Ob sich Banker vermehrt beim Arbeitsamt melden, will Blick von einem RAV-Mitarbeiter in Meilen wissen. Der Mann nickt und meint, das sei nicht verwunderlich, wenn man sehe, was derzeit bei den Banken abgehe. Mehr will er nicht sagen und verweist auf die Chefs in Zürich.

Zwei Jahre nach der Megafusion von UBS und CS sind Tausende Arbeitsplätze in der Schweiz verschwunden. «Es ist brutal zu sehen, wie ein ehemaliger Kollege nach dem anderen die Bank verlässt und sich beim RAV anmelden muss», sagt ein ehemaliger CS-Angestellter, der heute eine Festanstellung bei der UBS gefunden hat.

Dass bei der UBS immer mehr Stellen verschwinden, ist auch im jüngsten Quartalsbericht nachzulesen. Per Ende Juni 2025 beschäftigte die Grossbank weltweit 105’132 Vollzeitmitarbeitende. Vor einem Jahr waren es noch 109’991. Als die Bank im Sommer 2023 erstmals konsolidierte Zahlen präsentierte, waren es 119’100 Vollzeitstellen.

Verträge laufen aus

Dass zwei Jahre nach der Fusion mehr Banker beim RAV landen, war abzusehen. Die ersten grösseren Entlassungswellen begannen vor einem Jahr. Die betroffenen Mitarbeiter wurden im Rahmen des Sozialplans während bis zu zwölf Monaten weiterbezahlt. Jetzt laufen die Verträge definitiv aus. Wer keinen Job innerhalb oder ausserhalb der Bank gefunden hat, muss zum RAV.

Inzwischen geben auch die offiziellen Arbeitslosenzahlen Hinweise. Im Juni lag die Arbeitslosenquote im Kanton Zürich bei 2,5 Prozent. Insgesamt waren bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren 22'136 Personen als arbeitslos gemeldet, 39 mehr als im Mai. Während die Zahl in vielen Branchen rückläufig ist, stieg sie im Finanz- und Versicherungswesen um 76 Stellensuchende an, wie das Amt in einer Mitteilung festhielt.

Für Angestellte im Finanzsektor wird es schwieriger, wieder eine Stelle zu finden. Das liegt nicht nur an der UBS, auch andere Banken bauen Stellen ab, zum Beispiel die Privatbank Julius Bär, die rund 400 Stellen streicht. Dass es schwieriger wird, merkt auch Natalia Ferrara (42). Die Vizepräsidentin des Schweizerischen Bankpersonalverbands (SBPV) verfolgt die Entwicklung bei den Banken genau. Ihr Verband begleitet den Stellenabbau bei der UBS eng und sass bei der Ausarbeitung des Sozialplans mit am Tisch.

«Unsere Beobachtung ist, dass rund zwei Drittel der Personen, die in den Sozialplan kommen, eine interne Lösung oder einen Job ausserhalb der UBS finden», sagt Ferrara. Dieser Anteil sei seit den ersten Abbauwellen nach der Übernahme der Credit Suisse konstant. «Wir hoffen, dass das auch in Zukunft so bleiben wird», sagt sie.

Der Verband setzte sich dafür ein, dass die UBS die Stellen nicht auf einmal, sondern gestaffelt über mehrere Jahre abbaut. Damit sollte verhindert werden, dass zu viele Leute gleichzeitig einen Job suchen oder zum RAV gehen müssen. «Das hat sich als der richtige Weg erwiesen», sagt Ferrara.

Ferrara kann nicht ausschliessen, dass die Zahl der Personen, die zum RAV gehen, zunimmt. Die Folgen der Abbauwellen, die vor einem Jahr starteten und sich bis Anfang 2025 hinzogen, sehe man erst jetzt. Je nachdem, wie lange jemand bei der Bank war, gilt der Sozialplan acht bis zwölf Monate. Der scheibchenweise Abbau hat auch noch einen anderen Vorteil: Viele ältere Beschäftigte können bis zur Frühpensionierung weiterarbeiten.

Manche lassen es darauf ankommen

Die Bank lässt sich die Frühpensionierung etwas kosten. Die Kosten werden nicht von der Pensionskasse, sondern von der Bank getragen. Auch die langen Kündigungsfristen von bis zu zwölf Monaten schlagen zu Buche. Trotzdem finden nicht alle Gekündigten in dieser Zeit eine neue Stelle.

Einige, vor allem hoch bezahlte Spezialisten mit vielen Jahren Berufserfahrung, lassen sich mit der Suche viel Zeit. Sie beziehen hohe Löhne und lassen sich nicht mehr so einfach herumschieben. Ihr Interesse an einem schlechter bezahlten Job innerhalb der Bank ist gering. Sie sagen sich, die UBS soll einmal zahlen. Laut einer Auskunftsperson lassen sie es darauf ankommen und gehen zum RAV, wo sie in der Regel zum Spitzensatz Arbeitslosengelder beziehen können.

Wie viele Mitarbeitende derzeit beim RAV landen, gibt die UBS nicht bekannt. «Wir werden den integrationsbedingten Stellenabbau in der Schweiz und weltweit so gering wie möglich halten», schreibt ein Sprecher. Der Stellenabbau werde sich über mehrere Jahre erstrecken und hauptsächlich über natürliche Fluktuation, Frühpensionierungen, interne Mobilität und die Internalisierung externer Funktionen erfolgen.

Die UBS gebe der internen Rekrutierung den Vorrang: Mehr als zwei Drittel der offenen Stellen in der Schweiz wurden 2024 auf diese Weise besetzt. Die Bevorzugung bestehender Mitarbeitender bei der Besetzung offener Stellen sei ein zentrales Element der Personalstrategie, so die UBS.

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