Handyaufnahme zeigt Raub im Louvre
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Video aufgetaucht:Handyaufnahme zeigt Raub im Louvre

Alexander Jolles, Präsident der Bührle-Stiftung, über Sicherheit von Kunstwerken
«Ein Museum ist keine Bank»

Am Sonntag wurde der Louvre in Paris zum Ziel von Einbrechern. Mit dem «Bührle-Raub» erlebte die Schweiz 2008 selbst einen spektakulären Kunstraub. Alexander Jolles, Präsident der Bührle-Stiftung, spricht über die Risikoabwägung zwischen Zugänglichkeit und Sicherheit.
Publiziert: 20.10.2025 um 20:13 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2025 um 14:16 Uhr
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Am Sonntag wurde in den weltberühmten Pariser Louvre eingebrochen: Die Diebe entkamen mit acht kostbaren Schmuckstücken früherer Königinnen und Kaiserinnen.
Foto: AP

Darum gehts

  • Kunstraub im Louvre: Vier Räuber stehlen acht kostbare Schmuckstücke
  • Museen balancieren zwischen Zugänglichkeit und Sicherheit von Kunstwerken
  • 2008 wurden in Zürich vier Gemälde im Wert von Millionen gestohlen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der Kunstraub im Pariser Louvre vom Sonntag hält die Welt in Atem. Vier Räuber entkamen mit acht kostbaren Schmuckstücken früherer Königinnen und Kaiserinnen: Diademen, Halsketten, Ohrringen und Broschen. Präsident Emmanuel Macron (47) brandmarkte das Verbrechen als Attacke auf die französische Kultur als Ganzes. «Wir werden die Werke wiederfinden und die Täter vor Gericht stellen», so Macron.

Die Schweiz erlebt am 10. Februar 2008 einen spektakulären Kunstraub. Damals wurden bei einem bewaffneten Überfall auf die Sammlung E.G. Bührle in Zürich vier wertvolle Gemälde gestohlen. Die gestohlenen Werke von Monet, Degas, Cézanne und Van Gogh waren Millionen Franken wert. Zwei Bilder wurden eine Woche später gefunden – in einem weissen Opel auf dem Parkplatz der psychiatrischen Klinik Burghölzli in Zürich. Die Rückholung der anderen beiden Bilder, darunter der 100-Millionen-Cézanne («Der Knabe mit der roten Weste»), gelang im Rahmen einer filmreifen Aktion der Zürcher Polizei

«Hinter Panzerglas weggesperrtes Symbol»

Blick konnte nach dem Kunstraub vom Louvre mit Alexander Jolles sprechen, dem Präsidenten der Stiftung Sammlung Emil Bührle. Jolles trat erst 2014 in den Stiftungsrat ein, hatte aber seither viel mit dem «Bührle-Raub» zu tun. 

«Ein Museum ist keine Bank», sagt Jolles. Man müsse einen Mittelweg finden zwischen Zugänglichkeit und Sicherheit. «Je stärker man Kunstwerke sichert, desto weiter entfernt man sie vom Publikum – und desto mehr verlieren sie ihre Wirkung», so Jolles. 

Das extremste Beispiel sei hier die «Mona Lisa» im Pariser Louvre. «Sie ist heute kein Kunstwerk mehr, sondern ein hinter Panzerglas weggesperrtes Symbol», sagt Jolles. Ihre Wahrnehmung als Kunstwerk sei dabei verloren gegangen.

«Das ist das Spannungsfeld, in dem sich alle Museen bewegen», so der Stiftungspräsident. Dies gelte nicht nur in Bezug auf Kunstraube, sondern auch mit Blick auf Klimaproteste oder Klebeaktionen. 

Bilder bewusst nicht verglast

Ein Gemälde könnte etwa geschützt werden, indem es verglast wird. Jolles erklärt: «Es gibt Bilder, die bewusst nicht verglast sind, weil man der Ansicht ist, dass das die Wahrnehmung stören würde.» Natürlich aber wäre der Aufschrei gross, so Jolles, wenn jemand Tomatensuppe darüber schütten würde. «Aber das ist eine bewusste Risikoabwägung zwischen Kunst und Sicherheit.» Man stelle sich immer dieselbe Frage: Plexiglashaube oder nicht? 

Ein Museum müsse also zwischen der Präsentation der Kunst und verschiedenen Gefahren abwägen – Diebstahl, Raub, Wasser oder Feuer. «Wenn man die Werke zu fest montiert, kann man sie im Notfall nicht evakuieren», sagt Jolles. Im Ernstfall sei eine herausgerissene Verankerung egal – die Kunst müsse gerettet werden.

Diebstähle «spektakulär, aber selten»

Grundsätzlich stelle sich Jolles immer auf die Seite der Kunst. «Solche Diebstähle sind spektakulär, aber selten.» Man müsse einen Mittelweg finden und die Nähe zur Kunst bewahren. 

Nach dem Raub in der Sammlung E.G. Bührle in Zürich wurde das Museum geschlossen. Die Sammlung ging auf eine internationale Tournee und wurde später im Kunsthaus Zürich gezeigt, wo es zu Kontroversen rund um die Herkunft der Kunstwerke kam. Der Dauerleihvertrag mit dem Kunsthaus Zürich ist weiterhin gültig, die Ausstellung ist derzeit aber geschlossen. «Eine neue Präsentation ist in Vorbereitung», erklärt Jolles.

Mythos vom Sammler im Dschungel

Während in Zürich bekannte Gemälde gestohlen wurden, waren es in Paris historische Schmuckstücke. Dies ist ein wichtiger Unterschied. «Ein Bild ist unverkäuflich – jeder Verkaufsversuch fällt auf», so Jolles. Schmuck oder Edelsteine hingegen könne man auseinandernehmen, neu schleifen, einschmelzen. «Dann sind sie kaum mehr identifizierbar.» Bei Gemälden funktioniere das nicht: «Man kann nicht einfach einen Strich darüber malen und behaupten, es sei ein neues Werk.»

Jolles glaubt dabei nicht an Auftragsdiebstähle in der Kunstwelt. Echte Kunstfreunde wollten Werke zeigen oder darüber reden. «Der Mythos vom Sammler im Dschungel, mit zwei Da Vincis im Keller, ist Hollywood – in der Realität gibt es das nicht.»

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