Talratspräsident Christian Rieder bedankt sich für die Sachleistungen
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«Wir brauchen jetzt Geld»:Talratspräsident Christian Rieder bedankt sich für die Sachleistungen

So hilfst du nach der Katastrophe richtig
Schweizer schicken Klamotten – aber Blatten braucht Stutz!

Blatten VS erhält nach dem Gletscherabbruch haufenweise Sachspenden. Hilfsorganisationen und der Talratspräsident empfehlen dringend Geldspenden für effektivere Hilfe. Millionenbeträge wurden bereits gesammelt, um kurz- und langfristige Unterstützung zu gewährleisten.
Publiziert: 04.06.2025 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2025 um 08:33 Uhr
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Eine riesige Menge an Kleidern ist zusammengekommen.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Solidarität nach Gletschersturz in Blatten VS, Geldspenden dringend benötigt
  • Sachspenden überfordern Helfer, Geldspenden flexibler einsetzbar und dringend empfohlen
  • Glückskette sammelte über 6,6 Millionen Franken, Rotes Kreuz 630'000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandro ZulianReporter News

Nach dem verheerenden Gletschersturz in Blatten VS ist die Solidarität in der Schweiz riesig. Haufenweise Sachspenden erreichten das Tal. Wörtlich. «Wir wurden camionweise mit Sachleistungen, mit dem ganzen Hausrat zugedeckt, vielen Dank an die ganze Schweiz», sagt der Talratspräsident des Lötschentals, Christian Rieder (43), zu Blick. «Aber was wir jetzt brauchen, ist Geld. Und zwar in Schweizer Franken.»

Die zahlreich – und meist privat – ins Leben gerufenen Sachspendenaktionen für das gebeutelte Dorf im Lötschental stossen langsam an ihre Belastungsgrenze. Markus Ammann (26) startete eine dieser Aktionen zusammen mit seiner Schwester und deren Freund – jetzt können sie sich vor Gaben kaum mehr retten. In einem aktuell geschlossenen Restaurant und Konzertsaal in Gampel-Steg VS haben sie die Spenden ausgelegt. Die Bilder sind eindrücklich.

Teil der Spenden geht nach Rumänien

«Wir haben Kinderspielzeug, Kinderkleider, Hygieneartikel, Lebensmittel, Küchengeschirr, Haushaltsgeräte, Kleider für Erwachsene, Schuhe, Rucksäcke, Schlafsäcke, eigentlich wirklich alles», sagt Ammann zu Blick. «Es werden keine Sachspenden mehr angenommen», macht er klar.

Einige Sachen seien nagelneu: «Zum Beispiel nie getragene Kleider oder Schuhe, an denen noch das Etikett hängt. Das war sehr schön zu sehen.» Auf der anderen Seite seien aber auch Sachen abgegeben worden, die die Verantwortlichen haben aussortieren müssen, sagt Ammann: «Kleider mit Löchern oder Flecken und beschädigtes Spielzeug.»

Ammann und seine Mitstreiter haben so viele Spenden erhalten, dass sie langsam nicht mehr wissen, wohin damit. «Es wird sicher nichts weggeworfen», stellt er klar. Auch auf der Website der Gemeinde steht in einem Hinweis: «Die Gemeinde ist momentan nicht in der Lage, diese Spenden organisatorisch und administrativ zu bewältigen.» Aber irgendwo hin müssen die Berge an Spenden. «Wir werden wahrscheinlich eine Art Flohmarkt machen, bei dem Leute etwas in die Kasse geben können. Dieses Geld wird dann wiederum an Blatten gespendet.»

Und der Rest? «Wir sind mit Organisationen in Kontakt, die einen Teil des Materials holen werden und es in Richtung Rumänien bringen.»

«Sachspenden sind schwierig zu bewältigen»

Doch wie spendet man richtig? Was braucht Blatten aktuell am dringendsten? Auf keinen Fall weitere Sachspenden, so viel ist klar. Joëlle Etienne, Sprecherin des Schweizerischen Roten Kreuzes sagt: «Sachspenden führen zu einem hohen logistischen Aufwand und sind in einer solchen Katastrophensituation häufig schwierig zu bewältigen.»

Das Rote Kreuz nimmt Sachspenden gar nicht erst an. «Wer helfen will, dem empfehlen wir aktuell eine Geldspende. Finanzielle Spenden können flexibel dort eingesetzt werden, wo der Bedarf am grössten ist.» 630'000 Franken hat das Rote Kreuz Stand Dienstag gesammelt.

«Sachspenden entsprechen nicht zwingend den Bedürfnissen vor Ort», sagt auch Glückskette-Sprecher Fabian Emmenegger. Auch er rät zu Geldspenden. Über 6,6 Millionen Franken sind bei der Glückskette schon zusammengekommen. Auch sie nimmt keine Sachspenden an.

Erstes Geld wird Blatten in den nächsten Tag erreichen

Und wie kommt das Geld nach Blatten? «Wir organisieren jetzt zusammen mit den anderen Spendeninstitutionen und mit der Gemeinde Blatten das weitere Vorgehen», sagt der Glückskette-Sprecher. «Angedacht ist, dass erste Gelder in den kommenden Tagen ausbezahlt werden.»

Die Hilfe sei dabei in drei Phasen aufgeteilt. In der ersten Phase, der Nothilfe, gehe es darum, dass Betroffene in der Lage sein können, das Dringendste einzukaufen und die nötigsten Bedürfnisse zu decken.

In einer zweiten Phase, der Überbrückungsphase, gehe es um die mittelfristige Deckung von Ausgaben. «Beispielsweise Erwerbs- und Betriebsausfall, höhere Mieten, steigende Kosten», sagt Emmenegger.

In der dritten Phase geht es um die langfristige Unterstützung für Betroffene über die nächsten Jahre hinweg. «Unser Ziel ist eine fortlaufende Auszahlung. Dass wir Menschen kurz-, aber auch langfristig helfen können», sagt Emmenegger.

Und noch später? «Für den Fall, dass nach der Bearbeitung aller Anträge und nach Abschluss aller Projekte, noch ein Betrag übrig bleibt, werden diese Mittel betroffene Menschen bei künftigen Katastrophen in der Schweiz unterstützen.»

Sie möchten helfen? Hier finden Sie verschiedene Organisationen, die Geldspenden entgegennehmen: 

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